Datum: 14. Dezember 2018

Werkstattgespräch „Digitale Gesellschaft“ in Pirna

Zu Beginn sammelten die Teilnehmer*innen Chancen und Risiken der Digitalisierung. Im Mittelpunkt standen dabei auf der Chancenseite Effizienz- und Komfortsteigerung ebenso wie die Möglichkeiten, einfacher Kontakte aufzubauen und zu pflegen oder grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten, eigene Interesse zu verfolgen und auch die Verfügbarkeit von unterschiedlichen Meinungen.
Mit den Chancen einhergehend sahen die Teilnehmer*innen Risiken. So kann aus Komfort  Bequemlichkeit werden und die umfassende Meinungsäußerung aller kann zu Meinungsblasen führen,  in denen sich einzelne bewegen ohne sich mit Gegenmeinungen noch auseinanderzusetzen. Als weitere Risiken wurden eine unüberschaubare Datenflut, der Verlust der Privatsphäre und eine zunehmende Abhängigkeit von digitalen Techniken genannt. Mit den neuen Entwicklungen der automatisierten Entscheidungssysteme wurden Befürchtungen einer „Zensur des Verstandes“ verbunden.

Grundsätzlich wurde erklärt, dass Nutzen und Gefahren digitaler Veränderungen gegenwärtig noch nicht absehbar sind. Der Wandel jedoch „gräbt an den Leuten“. Sie stehen unter großem Druck und fühlen sich für etwas verantwortlich, was sie noch nicht durchschauen oder planen können. Dabei wurde auch bemerkt, dass die Digitalisierung an sich nicht viel Neues bringt, sondern dass sich Herausforderungen, die teilweise bereits seit 50 Jahren bestehen, fortentwickeln – jedoch in einer starken Beschleunigung. Angesichts der Herausforderungen auf der Gefühlsebene, ist es Aufgabe der Politik, sicherzustellen, dass den Menschen Wahlmöglichkeiten bleiben und keine „Teilhabe-Abbrüche“ entstehen. Als wichtig wurden Gespräche, wie dieses Werkstattgespräch, erachtet, damit die Ängste angesprochen und aufgeklärt werden können.
Beim Umgang mit dem digitalen Wandel ist auch ein Vergleich mit anderen Ländern, wie bspw. mit den USA sinnvoll. Dort wird traditionell weniger reguliert, die Menschen sind tendenziell aufgeschlossener gegenüber neuen Techniken, übernehmen diese aber auch weniger kritisch.
In der anschließenden Diskussion wurden Herausforderungen in den Themenfeldern vertieft, in denen die Teilnehmer*innen arbeiten.

Medienbildung in der Schule

Derzeit ist Lehrkräften häufig nicht klar, was Medienkompetenz sein soll. Geht es darum, Hard- und Software bedienen, oder steht die mündige Umgang mit Technik und Informationen im Mittelpunkt. Dies kann dann ein Gegensatz sein, wenn die Bedienkompetenzen nur darauf ausgerichtet sind, bei allem Mitzumachen, ohne dass dies hinterfragt wird wird. Die Ausstattung der Schulen mit Technik und Kompetenzen ist sehr unterschiedlich. Im Unterricht des Faches Ethik kommt Medienbildung praktisch nicht vor oder kommt in einem Block von 6 Wochen sehr kurz.
Als Lösungsmöglichkeit wurde gesehen, dass an jeder Schule eine Person Medienbildung koordiniert und  andere Fachlehrer*innen begleitet, und zwar nicht nur neben vielen anderen Aufgaben, sondern hauptsächlich. Auf Landesebene liegt ein ambitioniertes Konzept des Kultusministeriums für Digitale Bildung in der Schule vor, aber die konkrete Umsetzung bleibt unklar. Bislang kommt davon im Unterrichtsalltag nichts an.

Elternarbeit im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe

Eltern handeln verantwortungslos, wenn sie ihr Kind am Computer oder Tablet „parken“. Elternarbeit ist ein wichtiges Instrument, um sie bei der Medienbildung zu unterstützen. Der Schlüssel hierfür sind flächendeckend kompetente Fachkräfte, die Kontakte zu Eltern aufbauen und aktiv auf sie zugehen,
wie Barbara Stanja vom Kinderschutzbund Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ausführte.
Auch die Verzahnung mit der Schule ist wichtig, denn hier könne man Eltern besser erreichen und hier bekommen sie etwas von den Bildungsinhalten ihrer Kinder in der Schule mit, etwa wenn mit kindgerechten Suchmaschinen gearbeitet wird, die die Eltern noch nicht kennen.

Jugendarbeit

Auch hier ist das Ziel Medienkompetenz. Eine Problematik besteht für die offene Jugendarbeit darin, heute an Jugendliche heranzukommen, weil sie sich immer stärker von den üblichen Treffpunkten im ländlichen Raum zurückziehen. Damit das überhaupt gelingt, ist es wichtig, ihnen nicht von oben herab zu begegnen, sondern sie als  Adressaten in die Ausgestaltung der Arbeit mit einzubeziehen. Sie haben grundsätzlich ein Interesse, sich mit ihrem Medienumgang auseinanderzusetzen.

Zum Verhältnis von Digitalisierungsstrategien und der Jugendgeneration wurde grundsätzlich gefordert, Jugendlichen in die Lösungsfindung und Strategiebildung einzubeziehen. Bislang wird Digitalpolitik von nicht-digitalen Politikern gemacht. Statt nur auf herkömmliche Diskussionsbeiträge zu setzen, kommen andere Methoden wie beispielsweise Planspiele infrage. Diese haben sich bewährt,  um eine Auseinandersetzung und Meinungsbildung anzuregen, aber auch für um realistische Lösungen zu finden. Dazu müsste die Politik aber akzeptieren, das Jugendliche kompetent sind und man etwas von ihnen lernen kann.

Unterstützung von Senior*innen

Da viele alltägliche Vorgänge nur noch online stattfinden, braucht es Menschen, die Senior*innen unterstützen. Als Idee wurde eingebracht, dass Modelle aus dem Bereich Pflege angewendet werden könnten, z.B. eine Vergütung von Beratungstätigkeiten durch Angehörige oder Nachbarn. Es sollte unterstützt werden, dass diejenigen, die Kompetenzen haben, aktiviert werden, diese Kompetenzen anderen zu vermitteln. Grundsätzlich muss aber eine funktionierende Infrastruktur vorhanden sein. Zur Zeit ist man von außerhalb schneller zur Bankfiliale nach Pirna gefahren, als sich die Website der Bank am Rechner zu Hause aufbaut.
Eine Chance für die bessere Teilhabe von älteren Menschen wird in der immer besseren Sprachsteuerung von Diensten erkannt. Jedoch muss dabei darauf geachtet werden, dass dies Entscheidungsfreiheiten nicht eingeschränkt.

Hinweise zur weiteren Themen

In kleineren Unternehmen oder Vereinen kommt die Digitalisierung teilweise nur langsam voran. Vorbehalte lassen sich hier abbauen, indem Sicherheit und Machbarkeit ermöglicht wird bei den Themen Datensicherheit, Datenschutz, Datenhoheit und Funktionsfähigkeit der digitalen Lösungen.

Die Digitalisierung birgt vielfältige Chancen für Museen. Dabei geht es nicht nur um die Modernisierung der Webseiten sondern um neue Zugänge für neue Zielgruppen, um neue Aneignungsformen der Themen und Gegenstände der Museen über digitale Interaktion und Partizipation. Für die Museen wird es jetzt zunehmend zur Aufgabe, auf neue Gruppen zugehen. Dabei ergänzen sich digitale Angebote und materielle, ortsgebundene Angebote, letztere werden nicht überflüssig.

Die Teilnehmer*innen bewegt auch die Frage, was bei Komplettausfällen der Stromversorgung passiert. Es sollte kommuniziert werden, wie eine Absicherung gewährleistet wird.

Ebenso sei grundsätzlich angesichts des wachsenden Strom- und Ressourcenverbrauchs durch Informationstechnik eine nachhaltige Entwicklung anzustreben. Dies umfasst Maßnahmen entlang der gesamten Produktions, Wertschöpfungs- und Entsorgungskette.

Fotografie bei Veranstaltungen

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