Rückblick zum Fachgespräch „Neue Ansätze zur Bekämpfung der Droge Crystal in Sachsen“
Sachsen hat durch die Grenznähe zu Tschechien eine hohe Konsumentendichte bei der Droge Crystal. Der Bericht der Sächsischen Landesstelle gegen Suchtgefahren e.V. für 2014 zeigt, dass Nordachsen im Vergleich zu anderen grenzfernen Landkreisen von der Crystal-Ausbreitung besonders stark betroffen ist. Die Droge macht mittlerweile 70 Prozent der illegal konsumierten Drogen in Sachsen aus. Deshalb hat Volkmar Zschocke, gesundheits- und sozialpolitischer Sprecher der GRÜNEN Fraktion im Sächsischen Landtag am 12. November zu einem Fachgespräch in das Oschatzer E-Werk eingeladen.
Die Droge Crystal erfordert neue Ansätze in der Beratung und Behandlung
Vor dem Fachgespräch besuchte Volkmar Zschocke die Fachklinik für Drogenrehabilitation in Wermsdorf. Dr. Abidoun Joseph leitet die Wermsdorfer Klinik seit der Eröffnung 2010. Das Therapieangebot richtet sich an Suchtkranke mit sogenannten Doppeldiagnosen. Dieser Behandlungsansatz ist in Sachsen einmalig. Die Fachklinik unterstützt außerdem die Präventionsarbeit mit Schulklassen. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler die Akut- oder Entgiftungsstation kennen und bekommen einen Eindruck von den Konsequenzen einer Drogenabhängigkeit. Fester Bestandteil der Präventionsarbeit ist das Gespräch der Schüler mit Betroffenen, die ihnen aus ihrem Suchterleben berichten.
Am Abend diskutierte Volkmar Zschocke mit Fachkräften der Suchtberatung, der Schwangerschaftskonfliktberatung, Ärzten und Betroffenen, welche neuen Ansätze bei der Bekämpfung der Droge Crystal im Landkreis Nordsachsen notwendig sind. Cirka 20 Interessierte besuchten die Veranstaltung. Im Mittelpunkt standen die Fragen, wie der 10-Punkte-Plan der Staatsregierung zur Bekämpfung der Droge Crystal in der Region wirkt, welche Beratungsangebote im Landkreis bestehen oder zusätzlich benötigt werden und wie die jeweiligen Hilfesysteme bei der Beratung von Crystal-Konsumenten noch besser aufeinander abgestimmt arbeiten können.
Crystal-Konsum ist das Hauptproblem im Bereich illegaler Drogen
Dr. med. Abiodun Bernard Joseph, Chefarzt der Fachklinik für Drogenrehabilitation Wermsdorf, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass die Hälfte der Behandlungsanträge im Bereich illegaler Drogen von Crystal-KonsumentInnen gestellt werde. Der Frauenanteil sei alarmierend hoch und liegebei 30 Prozent. Über die Hälfte der Crystal-Konsumentinnen und Konsumenten nehmen die Droge vor dem 18. Lebensjahr. Der Rehabilitation gehe meist jahrelanger Crystal-Konsum voraus. Dr. Joseph berichtete, dass die Rehabilitierten im Durchschnitt 15 Jahre abhängig wären. Die Gründe dafür seien vielfältig. Crystal wird aufgrund seiner leistungssteigernden Wirkung auffallend häufig zum Beispiel auch von Menschen mit einer sehr hohen Belastung auf Arbeit oder im Alltag konsumiert, beispielsweise von Montagearbeitern, Alleinerziehenden oderleitenden Angestellten.
Drogenprävention muss im Grundschulalter beginnen
Zu Gast auf dem Podium war auch Birgit Ziegenhorn von der Polizeidirektion Leipzig. Sie arbeitet im Revier Torgau und ist zuständig für die polizeiliche Drogenprävention an Förderschulen, Oberschulen und den 7. Klassen der Gymnasien. Darüber hinaus berät sie Lehrer und Eltern bei Abendveranstaltungen an Schulen. Ihre Botschaft: Zur Bekämpfung der Droge Crystal müssten kontinuierlich Projekte angeboten werden – möglichst schon ab dem Vorschulalter. Sie bedauert, dass derzeit genau das Gegenteil passiere. Die Prävention durch die Polizei an Grundschulen stehe zum Beispiel in Frage.
Christiane Matthew, Mitarbeiterin der Suchtberatungsstelle der Diakonie in Torgau – Oschatz machte deutlich, dass zur Vermeidung von Drogenkonsum ein Elternhaus mit gesunden Ansprüchen an sich und den Alltag ebenso entscheidend sei wie eine stabile Beziehung zwischen Eltern und Kind. Zur Unterstützung ihrer Arbeit wäre eine Fachkraft in der Suchtberatungs- und Behandlungsstelle notwendig, die ausschließlich im präventiven Bereich arbeitet.
Zur Bekämpfung der Droge Crystal sind mehr präventive Angebote für Familien notwendig
Die Teilnehmer des Fachgesprächs waren sich einig: Zur Bekämpfung der Droge Crystal sind mehr präventive Angebote für Familien notwendig. Drogenprävention muss frühzeitig beginnen, denn bereits im Vorschul- und Grundschulalter wird unser Konsumverhalten geprägt. Die Umsetzung des 10-Punkte-Plans gegen Crystal ist beim Thema Prävention auf dem Weg, aber bis jetzt noch keine Erfolgsgeschichte. Ein großes Hemmniss beim Aufbau neuer Angebote ist die fehlende Planungs- und Finanzierungssicherheit nach dem Auslaufen der Landesförderung im Jahr 2016. Neben der Suchtberatung und -behandlung müssen die Polizeikräfte, die Familien- und Jugendhilfe in ihrer Arbeit gestärkt werden. Die GRÜNE-Fraktion wird die Umsetzung des 10-Punkte-Plans weiterhin kritisch begleiten – mit Kleine Anfragen, Anträgen und Debatten im Sächsischen Landtag.
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