Bauordnung: Potenzial für Erneuerbare und Nachhaltigkeit im Bau konsequent nutzen
Der Sächsische Landtag hat heute den Gesetzentwurf der Staatsregierung „Viertes Gesetz zur Änderung der Sächsischen Bauordnung“ (Drs 7/8836) mit einem Änderungsantrag und einem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD beschlossen. Die Änderungen betreffen u.a. den Ausbau der Windkraft im Freistaat sowie die Stärkung nachhaltiger Baustoffe.
Dr. Daniel Gerber, klima- und energiepolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, erklärt zum Thema Windkraftausbau:
„Es ist uns gelungen, zusätzlich zu den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag wichtige Hebel anzusetzen, die dem Ausbau der Erneuerbaren im Freistaat einen Schub geben werden.“
„Erstens beseitigen wir bürokratische Hürden für den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik, womit der Bau neuer Anlagen deutlich erleichtert wird. Zweitens haben wir Öffnungsmöglichkeiten zur Abstandsregel von 1.000 Metern für Kommunen sowie die Einführung einer ‚Flexibilisierungsklausel‘ vereinbart, die den Kommunen kurzfristig mehr Handlungsspielraum und ein Abweichen von langwierigen Regionalplanungsprozessen ermöglichen wird. Das gilt auch für neue Anlagen und Repowering-Projekte. Drittens genießen die bereits verabschiedeten Regional- und kommunalen Bauleitpläne Bestandsschutz, womit wir Planungssicherheit schaffen. Und viertens beschleunigen wir den Bau neuer Anlagen, indem wir baurechtliche Erleichterungen erlassen. Die Anzahl der zu sichernden Grundstücke um neue Anlagen wird deutlich reduziert.“
Weiterhin erklärt Gerber: „Im Entschließungsantrag ist es uns BÜNDNISGRÜNEN gelungen, weitere Fortschritte zu verankern. So soll der Freistaat seiner Vorbildwirkung in Zukunft stärker gerecht werden und auf eigenen Liegenschaften Photovoltaik-Anlagen installieren. Auch wird beim Blick auf die Nutzung von Tagebaufolgeflächen für Erneuerbare künftig verstärkt der Zugang für regionale und kommunale Akteure berücksichtigt.“
„Den Änderungen an der Bauordnung ging ein zähes Ringen voraus. Im Hinblick auf die 1.000-Meter-Abstand ist aber auch klar: Sollte diese Regelung dem Erreichen des geplanten Flächenziels des Bundes entgegenstehen, wird die sächsische Regelung nicht greifen. Bundesgesetzliche Regelungen würden Landesregelungen im Prinzip ‚Ober sticht Unter‘ schlagen. Wir BÜNDNISGRÜNE werden uns indes weiterhin dafür einsetzen, die Akzeptanz von Windkraft vor Ort zu steigern, beispielsweise durch Dialogangebote sowie die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Gewinn der Windkraftanlagen.“
Thomas Löser, wohnungs- und baupolitischer Sprecher der BÜNDNISGRÜNEN-Fraktion, ergänzt zu den weiteren Änderungen in der Bauordnung:
„Wir verbessern den Klimaschutz im Baubereich. So erleichtern wir beispielsweise die nachträgliche Dämmung bei grenzständigen Bestandsgebäuden, schieben Verbesserungen der digitalen Infrastruktur im Bausektor an und befreien Ladesäulen für Elektrofahrzeuge künftig von der Baugenehmigungspflicht. Zudem setzen wir mit deutlichen Erleichterungen für den Holzbau ein klares Zeichen für nachhaltigeres Bauen in Sachsen.“
„Die Kritik der Architekten- und der Ingenieurkammer an der Einführung einer sogenannten ‚kleinen Bauvorlageberechtigung‘ haben wir in die Beratungen zum Gesetz aufgenommen und uns erfolgreich dafür eingesetzt, den Umfang der Regelung maßvoll abzustecken. Künftig ist es nur für kleine Gebäude möglich, dass Handwerkerinnen und Handwerker anstelle von Planerinnen und Planern einen Bauantrag auf Neu- oder Umbau stellen können.“
Weitere Informationen:
>> Beschlussempfehlung des Ausschusses für Regionalentwicklung (Drs 7/9934)
Grüne Wähler*innen „fragen“ sich, wie ihr euch für Öffnungsmöglichkeiten zur Abstandsregel von 1.000 Metern feiern könnt, wenn es ohne eure Zustimmung überhaupt nicht zur Abstandsregel gekommen wäre. Tatsache ist, dass nur noch die Grünen auf Bundesebene eure klimaschutzfeindlichen Beschlüsse rückgängig machen können, wenn die bundesweite Regelung kein Bestandsschutz für bisher bestehende Regeln beschließt. Sei es das Innenministerium, das Problem mit dem Rechtsextremismus, egal was ihr mitgetragen hat, n o c h hattet ihr das Theme Klimaschutz glaubhaft für euch besetzt und man hat darauf gehofft. Für viele von uns ist damit Schluss. Jetzt seid ihr nur noch das geringe Übel, so leid es mir tut.
Bei aller Liebe zur genannten Vertragstreue in den hier veröffentlichen Redebeiträgen: Welch‘ bodenlose Enttäusschung ist dieser bewusste Entschluss aus Vertragstreue-Argumenten den Klimaschutz so nachhaltig zu hindern? (rhetorische Frage)
Hallo Max,
wir feiern uns nicht für die 1.000 Meter, im Gegenteil. Unser energiepolitischer Sprecher Daniel Gerber hat in der Debatte klar gemacht, dass wir diese Regel nicht für zielführend im Sinne der Akzeptanz von Windkraft halten. Sie ist aber Teil des Koalitionsvertrages, weil die CDU das so wollte – und genau dort ist die Kritik auch besser aufgehoben. Wir haben dafür gekämpft, durch verschiedene Regelungen Ausnahmen und Planungsbeschleunigung zu erreichen. Und das ist uns, wie in der Pressemitteilung dargestellt, in einigen Bereichen gelungen. Das ist kein Grund zum Feiern, aber es gehört zum Gesamtbild dazu.
Und bei aller Enttäuschung möchten wir noch klarstellen: Die Behauptung, wir würden das „Problem mit dem Rechtsextremismus“ mittragen, ist einfach falsch. Es ist dem beharrlichen Einsatz von uns BÜNDNISGRÜNEN zu verdanken, dass es jetzt ein Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus gibt – mit so vielen Maßnahmen wie nie zuvor. Es gibt keinen Platz für Nazis im Freistaat und wir werden das Thema weiter intensiv bearbeiten.
Viele Grüße