NS-Raubgut an sächsischen Bibliotheken − Wir wollen eine konsequente Aufklärung von NS-Raubgut in Sachsen vorantreiben
(2019-120) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will die Forschung zu NS-Raubgut an öffentlichen Bibliotheken in Sachsen voranbringen. Dazu hat die Fraktion heute einen Antrag vorgestellt, der zum Plenum des Sächsischen Landtages nächste Woche Mittwoch (22. Mai, TOP 5) behandelt wird. Dazu erklärt Dr. Claudia Maicher, kulturpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion:
„Der Freistaat Sachsen hat die Verantwortung, Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus aufzuklären und wiedergutzumachen. Wir GRÜNE nehmen das ernst mit unserem Antrag, der die Bereiche Kultur, Wissenschaft und politische Bildung tangiert. Angesichts steigendem Misstrauen in unsere Demokratie ist es gerade jetzt wichtig, einen stärkeren politischen Willen zur Aufarbeitung zu zeigen. Die Provenienzforschung darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern muss in der Öffentlichkeit diskutiert werden.“
„Im Bereich von Büchern und Druckerzeugnissen aus NS-Raubgut ist die Forschung noch mangelhaft. Trotzdem ruht sich die sächsische Regierung auf der Bundesförderung und ehrenamtlichem Engagement von Forscherinnen und Forschern aus. Wir wollen eine konsequente Aufklärung der Thematik NS-Raubgut in Sachsen vorantreiben. Das Auffinden von Raubgut darf nicht dem Zufall überlassen werden.“
Zu NS-Raubgut an öffentlichen Bibliotheken ist der Staatsregierung bisher laut Kleiner Anfrage von Claudia Maicher nur ein Forschungsprojekt bekannt − bei über 450 Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft. Der Antrag der GRÜNEN-Fraktion enhält zum einen die Einrichtung einer Koordinationsstelle zur Beratung und Unterstützung der Kommunen. Zum anderen wird ein sächsisches Forschungsprogramm vorgeschlagen, das die Bundesförderung an den Stellen ergänzt, wo sie nicht ausreicht. Weiterhin wird eine juristische Beratung der Kommunen im Umgang mit den Erbinnen und Erben gefordert.
Provenienzforscher Dr. Robert Langer unterstützt die GRÜNE-Initiative. Er ist Mitglied der AG Provenienzforschung in Sachsen und konnte mit seinem Forschungsprojekt an der Stadtbibliothek Bautzen Bücher aus dem Besitz der Familie Tietz (Hertie) identifizieren und eine Erbin ermitteln. Eine juristische Einigung steht noch aus. Er erklärt:
„Provenienzforschung und speziell NS-Raubgutforschung ist eine hohe moralische Aufgabe von gesellschaftlicher Relevanz. Das Land hat die Aufgabe und die Möglichkeit, mit einem eigenen Förderprogramm und stärkerer Unterstützung der Kommunen die Erforschung im Bereich gestohlener Bücher und Druckerzeugnisse voranzutreiben. Meine Erfahrung zeigt auch, dass gerade die juristische Beratung von Kommunen wichtig ist.“
Weitere Informationen:
Vor 20 Jahren, im Jahr 1999, wurde eine >>Selbstverpflichtung von Bund, Ländern und Kommunen<< verfasst, nach der NS-Raubgut in öffentlichem Besitz aufgespürt und deren rechtmäßiger Besitzerin oder Besitzer ermittelt werden sollen, um eine >>faire und gerechte Lösung<< zu finden. Erste Schritte wurden in Sachsen bereits im Bereich der Kunstsammlungen unternommen. Dort wurde 2009 das Provenienzforschungsprogramm ‚Daphne‘ eingerichtet.
» Hintergrundpapier ‚NS-Raubgut an sächsischen Bibliotheken‘ (Stand: 16. Mai 2019)