Naturschutz – Sachsens Rote Listen werden immer länger
(2014-143) Sachsens ‚Rote Listen‘ werden immer länger. Darauf weist die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN anlässlich des bevorstehenden Weltumwelttages am 5. Juni hin. Die Fraktion legte heute eine sogenannte Biodiversitätskonzeption für den Freistaat vor, um den Naturschutz in Sachsen voranzubringen.
"In den Roten Listen Sachsens sind fast 40 Prozent der Arten als ‚gefährdet‘, ’stark gefährdet‘ oder ‚vom Aussterben bedroht‘ gelistet", beklagt Gisela Kallenbach, die naturschutzpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion. "Besonders dramatisch ist die Situation in den Agrarlandschaften. Dort gelten fast alle Biotoptypen als bedroht oder bereits vernichtet. Einst häufige Tiere, wie Feldhamster, Rebhuhn und Steinkauz, sind aus den meisten Gebieten des Freistaates verschwunden. In Sachsen leben die wenigsten Feldhasen verglichen mit den anderen Bundesländern."
Die von der Fraktion in Auftrag gegebene Biodiversitätskonzeption ist nach einer Ursachenanalyse in einem breiten Diskussionsprozess mit 65 Naturschutzpraktikern aus allen Teilen Sachsens erarbeitet worden. Als Hauptursachen für die Gefährdung von Flora und Fauna in Sachsen wurden die Überdüngung des Bodens durch Stickstoffeinträge aus industrieller Landwirtschaft sowie Verkehrsabgasen, der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft, die Strukturverarmung im Offenland sowie die Landschaftszerschneidung ausgemacht.
Die Kritik der Naturschützer umfasst nahezu alle Handlungsbereiche der sächsischen Umweltpolitik. In der Praxis kaum durchsetzbare Regelungen werden dabei ebenso kritisiert wie der Stillstand bei Ausweisung von Schutzgebieten und der fehlenden Umsetzung des bis zum Jahr 2015 rechtlich verbindlichen Biotopverbunds.
Kallenbach fordert, dass Naturschutz einen höheren Stellenwert in Sachsens Politik erhalten muss.
"Die Agrarförderung sollte endlich an eine naturschutzgerechte Wirtschaftsweise gekoppelt werden. Das beinhaltet sowohl den Ausschluss von Pestizidanwendungen als auch die Stärkung kleinbäuerlicher und ökologisch arbeitender Betriebe."
"Bis zum Jahr 2015 muss ein funktionsfähiges landesweites Biotopverbundsystem mit einem Netz tatsächlich gesicherter Schutzgebiete geschaffen werden. Bei der Umsetzung müssen landesweit einheitliche Auswahlkriterien für Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselemente des Biotopverbunds vorgegeben werden. Das Vorkaufsrecht des Landes für Biotopverbundflächen ist wieder einzuführen und mit mindestens 2 Mio. Euro pro Jahr finanziell zu untersetzen."
"Naturschutz braucht bessere Rahmenbedingungen, sowohl für die Behörden, um ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen zu können, als auch für die ehrenamtlichen Naturschützer, deren Arbeit staatliche Unterstützung und nicht bürokratische Gängelung verdient."
"Der Staatsbetrieb Sachsenforst sollte nach FSC-Standard zertifiziert werden. Mindestens 5 Prozent aller Wälder sollten als Prozessschutzflächen (‚Wildnis‘, ‚Totalreservat‘) unter Schutz gestellt werden."
"Die weiter hohe tägliche Flächenneuversiegelung in Sachsen muss bis zum Jahr 2020 auf NULL Hektar gesenkt werden."
"Die bewährten Gehölzschutzsatzungen sollten wieder eingeführt werden."
"Der Erhalt der Biodiversität gehört in die sächsische Verfassung", so die Abgeordnete abschließend.
» Hintergrundpapier zur Biodiversitätskonzeption "Sachsens Natur bewahren!"
» "Sachsens Natur bewahren! – Eine Biodiversitätskonzeption – 2012–2014 erarbeitet von 65 Naturschutzpraktikern"