PM 2013-124: Wissenschaftsberuf in Sachsen wird zum ‚Hasardspiel‘ – GRÜNE: Nur noch 10 Prozent unbefristete Stellen
Das Befristungsunwesen an den sächsischen Hochschulen greift immer stärker um sich. Dies ergab eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Karl-Heinz Gerstenberg (GRÜNE).
"War im Jahr 2009 zumindest noch fast jede dritte Stelle unbefristet, so konnte 2012 nur noch jeder Fünfte im wissenschaftlichen Mittelbau ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sein Eigen nennen" kritisiert Gerstenberg, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. "An den Universitäten finden sich nunmehr nur noch 10 Prozent unbefristete Stellen, drei Jahre zuvor waren es noch 14 Prozent."
"Bereits Max Weber bezeichnete den Wissenschaftsberuf für Jungakademiker als ein ‚Hasardspiel‘. Heute jedoch gleicht er einem Tummelplatz für abgeklärte Abenteurer. Die Entwicklung zu befristeten Verträgen hat alle akzeptablen Grenzen gesprengt."
Als wäre dies nicht genug, sind Kettenverträge mit Laufzeiten von unter sechs Monaten immer häufiger anzutreffen. Im Jahr 2009 wiesen noch 21 Prozent der befristeten Stellen eine Laufzeit von unter sechs Monaten auf, nur drei Jahre später waren es bereits 24 Prozent. Die Universitäten belegen bei den Kurzzeitbefristungen mit einem Anteil von 30 Prozent einen traurigen ersten Platz, gleich gefolgt von den Fachhochschulen mit 25 Prozent.
"Die gern von Staatsregierung und manchen Hochschulleitungen gebrauchte Argumentation, dass es im wissenschaftlichen Mittelbau häufiger zeitlich begrenzte Aufgaben gäbe, kann angesichts dieser Zahlen nicht überzeugen. Es gibt in der Wissenschaft schließlich nicht nur Qualifizierung und Drittmittelforschung. Daueraufgaben in Lehre und Forschung brauchen ausreichend Dauerstellen. Nur auf diese Weise können junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berufliche Karrieren neben der Professur aufbauen", so Gerstenberg.
"Wer gut ausgebildeten jungen Akademikerinnen und Akademikern solche prekären Arbeitsverhältnisse zumutet, muss sich nicht wundern, wenn sie dem Freistaat den Rücken kehren. Wer kann es sich und seiner Familie auf Dauer schon zumuten, am Anfang eines Jahres nicht zu wissen, ob er im Sommer noch eine Beschäftigung haben wird?"
- Kleine Anfrage: ‚Beschäftigungssituation des wissenschaftlichen Nachwuchses an sächsischen Hochschulen‘ (Drs. 5/11262)
- Antrag GRÜNE "Besser Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs – zukunftsfähige Personalstrukturen an den Hochschulen schaffen"
Einzelergebnisse der Anfrage:
Unbefristete Beschäftigungsverhältnisse 2009:
- Unis: 14.23% (ohne Uniklinika)
- FHs: 30%
- Kunsthochschulen: 52.6%
Unbefristete Beschäftigungsverhältnisse 2012:
- Unis: 10% (ohne Uniklinika)
- FHs: 15,4%
- Kunsthochschulen: 38%
Anteil von Befristungsdauer unter 6 Monaten an allen befristeten 2009:
- Unis: 24% (ohne Uniklinika)
- FHS: 15%
- KHS: 25%
Anteil von Befristungsdauer unter 6 Monaten an allen befristeten 2012:
- Unis: 30% (ohne Uniklinika)
- FHS: 25%
- KHs: 21%