Datum: 19. März 2012

PM 2012-082: Öffentliche Anhörung zu Teenagerschwangerschaften – Sachverständige beklagen fehlende Aufklärung an Schulen und keine passenden Angebote, wenn Kinder da sind

Die heutige Öffentliche Anhörung im Sozialausschuss zum Antrag der GRÜNEN-Fraktion "Ursachen für hohe Zahl an Teenagerschwangerschaften in Sachsen ernst nehmen – Minderjährige Eltern unterstützen" zeigte, dass die Gruppe, in der Teenagerschwangerschaften am häufigsten sind, von vorhandenen Angeboten eher schlecht erreicht wird. Weil soziale Benachteiligung nach wie vor der stärkste Faktor bei der Entstehung von Jugendschwangerschaften ist, haben Haupt- und Förderschülerinnen ein fünfmal höheres Risiko als Gymnasiastinnen schon als Jugendliche Eltern zu werden.
"Die Sachverständigen bestätigen, dass es aufgrund der Kürzungen z.B. bei den AIDS-Hilfen oder in der Jugendarbeit in der Fläche zu wenig Aufklärungsangebote gibt", erklärt Elke Herrmann, sozialpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion. "Der Bedarf ist da, wird aber nicht gedeckt."
Eine der Ursachen für den Bedarf ist, dass das Thema Sexualität in Schulen großen Raum einnimmt und sich Jugendliche damit auseinander setzen müssen, ob sie wollen, oder nicht. Diese Entwicklung wird bislang nur in Ansätzen pädagogisch begleitet, da weder Lehrer noch Erzieher ausreichend gerüstet sind.
Der Sachverständige Uwe Tüffers, Sexualpädagoge, Diplom-Sozialpädagoge (FH) und Leiter der Beratungsstelle der AIDS-Hilfe Dresden erklärte, dass Jugendliche mehr Möglichkeiten brauchen, sich kritisch mit dem Sexuellen in ihrem Lebensalltag auseinander zu setzen, ohne zu verbieten oder pädagogisch zu verbiegen. Dementsprechend sollten sich professionell agierende Pädagogen mit dem Thema auseinander setzen.
"Gefragt nach Möglichkeiten der Unterstützung Minderjähriger, wenn ein Kind da ist, zeigt sich, dass klassische Angebote jugendliche Eltern nicht ansprechen und diese ihren Bedürfnissen auch nur bedingt gerecht werden. Wenn z.B. in Eltern-Kind-Heimen vor allem Eltern mit psychischen Problemen leben, müssen wir überlegen, mit welchen anderen Hilfen minderjährige Eltern erreicht werden können", so Elke Herrmann.
"Der Sozialausschuss sollte sich mit den Handlungsempfehlungen des Projektes FAMJA auseinandersetzen, die bis Ende 2012 schriftlich vorliegen werden", fordert daher die Abgeordnete. "Im Mittelpunkt der Projektarbeit stehen die Stärkung junger Menschen in ihrer Verantwortung als Eltern sowie eine passgenaue Beratung, um ihnen weitere Hilfen zu erschließen und damit für sie und ihre Kinder förderliche Entwicklungsbedingungen zu ermöglichen."
Die Sachverständigen teilten den Ansatz des grünen Antrags, dass die Elternschaft Minderjähriger in vielen Fällen nicht nur der Unterstützung bedarf, sondern auf spezifische Probleme hinweist. Ein Sachverständiger zitierte aus der Praxis: "Wir sind der Meinung, dass nicht mehr Wissen um Verhütung, sondern eine deutliche Erhöhung der Perspektiven für die jungen Leute die dringendere Maßnahme wäre."
"Die absolute Zahl der minderjährigen Mütter ist zwar rückläufig aber ihr prozentualer Anteil bleibt gleich und zwar auf einem Niveau, das in Sachsen deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt", betonte Elke Herrmann die Notwendigkeit der angesprochenen Maßnahmen. » GRÜNER Antrag: "Ursachen für hohe Zahl an Teenagerschwangerschaften in Sachsen ernst nehmen – Minderjährige Eltern unterstützen" (Drs. 5/6066) »  Kleine Anfrage "Teenagerschwangerschaften" (Drs. 5/5522) Die Zahl der minderjährigen Mütter in Sachsen liegt mit 0,9 Prozent im Jahr 2009 über dem Bundesdurchschnitt von 0,7 Prozent.