PM 2010-136: Anhörung zum Antrag UN-Konvention: Schüler und Schülerinnen mit Behinderung müssen zukünftig an Grundschule, Mittelschule und Gymnasium lernen können
Die GRÜNEN im Sächsischen Landtag fordern Konsequenzen aus einer Anhörung im Schulausschuss des Landtages am heutigen Montag. Experten haben dort die langfristige Abschaffung der Förderschule gefordert. Den Sachverständigen zufolge muss der Freistaat dafür sorgen, dass alle Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinbildenden Schulen lernen.
Die behindertenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Elke Herrmann sieht die Staatsregierung jetzt in Zugzwang: "Kultusminister Wöller kann sich nicht mehr herausreden. Sachsen muss sich auf den Weg zu einem inklusiven Bildungssystem machen. Alles andere verstößt gegen geltendes Recht."
Herrmann zufolge muss der Freistaat jetzt handeln: "Es besteht dringender Handlungsbedarf. Eltern müssen selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine Förderschule oder eine Regelschule besucht. Die gemeinsame Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung muss in Sachsen deutlich ausgeweitet werden. Jedes Jahr, das ungenutzt vergeht, schadet den Kindern und kostet unnötig Geld."
Experten hatten in der Anhörung darauf hingewiesen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention unmittelbar geltendes Recht ist. Demnach muss allen Eltern, die dies wollen, das Recht auf einen Besuch ihrer Kinder von Grundschulen, Mittelschulen oder Gymnasien ermöglicht werden. Der Freistaat muss dementsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen. Zudem könne den Fachleuten zufolge der Umbau zu einem inklusiven Schulsystem ohne zusätzliche Kosten bewältigt werden.
Hintergrund:
An diesem Mittwoch wollen behinderte Menschen aus ganz Sachsen in Dresden für eine Welt ohne Barrieren demonstrieren. Bundesweit gehört Sachsen zu den Schlusslichtern bei der Integration im Schulbereich. Während im Bundesdurchschnitt 15,7 Prozent der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in integrativen Schulen lernen, gilt dies in Sachsen für nur 11,4 Prozent dieser Kinder. In Bremen lernen hingegen 44,9 Prozent im gemeinsamen Unterricht.
Die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (kurz: UN-Behindertenrechtskonvention) ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der bereits bestehende Menschenrechte für die Lebenssituation behinderter Menschen konkretisiert.
In Deutschland ist das Übereinkommen erst zwei Jahre nach Verabschiedung, nämlich am 26. März 2009 in Kraft getreten.
Die Bundesrepublik Deutschland sowie die einzelnen Bundesländer sind verpflichtet, die in der Konvention verbrieften Rechte in nationales Recht umzusetzen. An die Vorgaben der Konvention gebunden sind die Behörden, Gerichte und die Gesetzgebung.
Die Zahlen zur Integration im Schulbereich:
» Klaus Klemm, Sonderweg Förderschulen: Hoher Einsatz, wenig Perspektiven. Eine Studie zu den Ausgaben und zur Wirksamkeit von Förderschulen in Deutschland, Bertelsmann Stiftung, 2009