PM 2008-231: GRÜNE zu Kretschmer-Vorstoß für Familienwahlrecht – Denkweise von vor 100 Jahren
Kinderrechte sind nicht gleich Elternrechte!
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert den Vorstoß von Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer, ein Familienwahlrecht einzuführen, scharf.
„Das Wahlrecht ab Geburt ist Unsinn. Kinderrechte sind nicht gleich Elternrechte. Das Wahlrecht ab Geburt, das Eltern das Recht gibt, für ihre Kinder das Wahlrecht auszuüben, ist der alte deutsche Zopf von ‚Familien‘-Rechten.“
„Insbesondere bei der sächsischen CDU stehen nicht, wie vorgeblich behauptet, die Kinder als eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten im Blickpunkt, sondern Kinder nur als Teil der Familie. Das ist eine völlig überholte paternalistische Denkweise, die es Kindern erschwert neue, eigenständige Wege zu gehen.
„Wir sind für die konsequente Individualisierung von Rechten – ob es soziale Rechte sind, das Recht auf Bildung oder eben das Wahlrecht. Die Neugeborenen werden einmal 8, 10, 14 und 16 Jahre alt und sehr wahrscheinlich haben sie dann andere Vorstellungen als ihre Eltern. Die CDU kann tatsächlich etwas für die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen tun, wenn sie den grünen Anträgen und Gesetzentwürfen zum Thema zustimmt.“
Die GRÜNE-Fraktion hat dem Landtag im Frühsommer ein Maßnahmepaket vorgelegt, das die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für die veränderte Wirklichkeit von Kindern und Jugendlichen setzt.
„Die CDU hängt bei der Frage fast 100 Jahre hinterher. Mit der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention hat Deutschland jedoch anerkannt: Kinder und Jugendliche haben unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Geschlecht als Bürgerinnen und Bürger eigenständige Rechte. Dazu zählen über den besonderen Schutz auch das Recht auf die Förderung ihrer Entwicklung und das Recht auf Partizipation und Beteiligung.“
„Damit einher geht die Erkenntnis, dass Teilhabe und Beteiligung ebenso gelernt werden müssen, wie alle anderen sozialen Kompetenzen.“
„Dieses Recht der Kinder und Jugendlichen schließt ein, dass sie als Kleine anders gefördert werden müssen, als mit 16 Jahren und später. Eine isolierte Herabsetzung des Wahlalters ist keine Lösung. Der Weg zur Einflussnahme auf politische Entscheidungen, die die Interessen der Kinder und Jugendlichen berühren, muss Schritt für Schritt gegangen werden.“
Hintergrund:
Zu den einzelnen Anträgen und Gesetzentwürfen des grünen Pakets zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen zählt die Bundesratsinitiative zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz, der „Gesetzentwurf zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen“ in Sachsen (betrifft die Verfassung sowie die Gemeinde- und Landkreisordnung), der Gesetzentwurf „Über die/den Sächsische(n) Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte(n) und die Änderung des Landesjugendhilfegesetzes“ als Schnittstelle für Landespolitik und Kinderrechte. Fachliche Kompetenz, Beratung und Begleitung soll durch eine „Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung“ sicher gestellt werden.
Hintergrundpapier „Rechte von Kindern und Jugendlichen stärken!“
Der Antrag „Rechte für Kinder und Jugendliche ins Grundgesetz“ (Drs. 4/12514)
Der Gesetzentwurf „Gesetz zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen“ (Drs. 4/12533)
Der Gesetzentwurf „Über die/den Sächsische(n) Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte(n) und die Änderung des Landesjugendhilfegesetzes“ (Drs. 4/12711)
Der Antrag „Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung“ (Drs. 4/12714)