PM 2008-069: Große Anfrage der GRÜNEN zur Situation der Männer in Sachsen – Alphatierchen neben Verlierern?
Die Staatsregierung muss die Problemlagen von Männern ernst nehmen, sonst verlieren wir am Ende alle – gesellschaftlich und ökonomisch
„Die Staatsregierung schenkt den Problemlagen von Männern nicht genügend Beachtung. Das ist fatal – für die gesamte Gesellschaft.“ Zu diesem Schluss kommt Antje Hermenau, Fraktionschefin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach Auswertung der 600seitigen Großen Anfrage „Zur Situation von Männern in Sachsen“ (Drs. 4/9494).
„Deutlich wurde mit der Großen Anfrage vor allem eines: In Sachsen besteht keine Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen. Macht, Geld und (bezahlte) Arbeit liegen immer noch überproportional bei Männern. Gleichzeitig haben Männer in einigen Bereichen massive Probleme, beispielsweise bei Gesundheit und Bildung“, erklärt Hermenau.
„Erschreckend ist, dass die Staatsregierung vielfach keinen Handlungsbedarf sieht. Statt politische Handlungsspielräume zu nutzen, zieht sie sich zurück“, kritisiert die Fraktionschefin. „Es reicht bei weitem nicht aus, die Herausforderungen und die komplexen Problemlagen mit vereinzelten Modellprojekten anzugehen.“
„Was wir brauchen ist erstens ein modernes Gleichstellungsgesetz, das Frauen und Männer einschließt im Gegensatz zum derzeit geltenden Frauenförderungsgesetz. Zweitens muss die Staatsregierung endlich zielgruppenspezifische Angebote für Männer zur Bewältigung von Lebenskrisen fördern“, verlangt Hermenau.
Denn die Große Anfrage hatte zwar deutlich gezeigt, dass Männer in Sachsen früher und häufiger erwerbstätig sind als Frauen, mehr verdienen, sowohl in der Kommunalpolitik als auch in den Staatsministerien die Macht relativ ungestört in den Händen halten und auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie den Universitäten, der Justiz, im Kulturbetrieb und im öffentlich Dienst meist die Führungspositionen inne haben.
„Diese Ungleichverteilung zu Gunsten einiger Alphatierchen thematisieren wir bereits seit Anfang der Legislatur. Aber es gibt auch eine zunehmend große Verlierergruppe unter den Männern“, führt Hermenau aus.
Männer sind doppelt so häufig an Verkehrsunfällen beteiligt als Frauen und werden viermal so häufig dabei getötet. Sie sind mit Quoten zwischen 80 und 90 Prozent überdurchschnittlich häufig von Suchtkrankheiten betroffen, männliche Jugendliche unter 18 Jahren werden deutlich häufiger wegen Alkoholvergiftungen in Krankhäuser eingeliefert.
„Es wird deutlich, dass die Suche nach Identität für Männer komplexer geworden ist und sie offensichtlich nicht die nötige Unterstützung erhalten. Auch wenn Väter sich verstärkt in der Familie engagieren wollen, treffen sie zu oft noch auf Widerstände“, so Hermenau. Laut Großer Anfrage wird die Familienarbeit in Sachsen meistens von Frauen geleistet, daran änderte selbst das 2007 eingeführte Elterngeld wenig.
Das gesellschaftliche Klima in Sachsen trage bislang kaum zu einem Aufbrechen der Strukturen bei, ist Hermenau mit Blick auf die Staatsregierung überzeugt: „Die Verstetigung klassischer Rollenmuster, wie sie die CDU in Sachsen betreibt, bringt den Freistaat weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich voran. Da ist es dann nicht verwunderlich, dass vor allem junge Frauen wegziehen. Das geht am Ende zu Lasten aller, weil wir den Anschluss an die fortschrittlichere Welt verlieren.“
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