Zweckentfremdungsverbot – Löser: Wir dürfen nicht tatenlos dabei zusehen, wie Menschen aus ihren Wohnungen und Quartieren verdrängt werden

Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD: „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Sachsen“ (Drs 7/14305)

82. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 31.01.2024, TOP 11

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Wohnungen sollten weder leer stehen, Spekulationsobjekte sein oder in großer Zahl als Ferienwohnung umgewidmet die Wohnungsnot verschärfen. Wohnungen sind zum Wohnen da und Wohnen ist ein Grundrecht.

Die negativen Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass es hierfür eine politische Steuerung braucht. Es darf nicht sein, dass in begehrten Wohnlagen, wie etwa der Dresdner Neustadt, ganze Häuser nur noch als Ferienwohnungen vermietet werden.

Insgesamt werden in Dresden derzeit rund 1.500 Wohnungen als Ferienwohnungen genutzt. Wen man sich durch die Angebote von Airbnb und Booking sucht, fände man allein für die Neustadt in Dresden 550 gelistete Wohnungen. Das sind, nehmen wir mal an, in jedem großen Gründerzeithaus haben wir zehn Wohnungen, schon mal 55 Häuser nur in einem Stadtbezirk, die als Ferienwohnungen vermietet werden.

Allein in Dresden wuchs das Angebot an Ferienwohnungen 2023 auf den einschlägigen Portalen um 10 Prozent. In Leipzig sind durch Leerstand oder Zweckentfremdung laut Angaben der Stadt aktuell sogar rund 20.000 Wohnungen nicht für Wohnzwecke verfügbar. Die Umnutzung von Wohnungen als Ferienobjekte und der spekulative Leerstand von neugebauten Wohnungen tragen aktiv zu einer Verknappung des Angebotes und somit zu steigenden Mieten bei.

Hier sind wir als Politik gefordert. Wir dürfen nicht tatenlos dabei zusehen, wie Menschen aus ihren Wohnungen und Quartieren verdrängt werden.

Die Wohnungssuche wird vor allem in Leipzig und Dresden mittlerweile oft zur Herausforderung. Immer mehr Menschen haben große Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn in einzelnen Stadtteilen sehr viele Wohnungen, wie eingangs beschrieben, dem regulären Mietmarkt entzogen sind. Dieses Problem gehen wir als Koalition nun an.

Mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum schaffen wir einen weiteren Baustein für mehr preisgünstigen Wohnraum – gerade in den innenstadtnahen Quartieren.

Wir BÜNDNISGRÜNE haben uns schon in den Koalitionsverhandlungen für ein Zweckentfremdungsverbot eingesetzt und sind froh, dass wir es nun auch umsetzen werden.
Dabei ist uns wichtig, dass normale Ferienwohnungen außerhalb der Stadtzentren oder in ländlichen Gegenden von der Regelung nicht erfasst sein werden.

Aber dort, wo in den Städten teils ganze Häuser nur noch aus durchnummerierten Appartements bestehen, können die Kommunen nun gezielt für mehr Wohnraum sorgen.

Mit der Möglichkeit, Zweckentfremdungssatzungen zu beschließen, können die sächsischen Großstädte Leipzig und Dresden die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen in angespannten Wohnungsmärkten und Stadtvierteln über einen Genehmigungsvorbehalt unterbinden.

Außerdem soll künftig nur noch ein Wohnungsleerstand von maximal einem Jahr möglich sein. So verhindern wir auch, dass neu gebaute Wohnungen in guten Stadtlagen aus spekulativen Gründen ewig leer stehen – um Steuern abzuschreiben und auf noch höhere Mieteinnahmen zu hoffen.

Die Gesetze anderer Bundesländer zeigen, dass eine weitreichendere Definition von Zweckentfremdung möglich wäre. Wir sehen den Koalitionskompromiss zum Gesetzentwurf dennoch als ersten Schritt in die richtige Richtung. Denn auch der spekulative Leerstand von Wohnraum kann nun genauer unter die Lupe genommen werden.

Ein Drittel der sächsischen Bevölkerung lebt in den großen Ballungsgebieten. Wir setzen uns dafür ein, dass Verdrängung von Mieterinnen und Mietern in angespannten Wohnungsmärkten wie Leipzig und Dresden wirksam eingedämmt wird. ‚Zieht doch um, wenn es Euch zu teuer ist‘ kann dafür keine Lösung sein.

Die Anhörung im Oktober 2023 hat gezeigt, dass fast alle Sachverständigen die Einführung eines Zweckentfremdungsverbotes befürworten. So begrüßten sowohl die DEHOGA Sachsen und die Vertreterin der Tourismusbranche den Gesetzentwurf. Die Schattenwirtschaft von Airbnb und Co. belebe zwar durchaus das Geschäft, allerdings stünde der Verband für eine Gleichbehandlung aller Anbieter, beispielsweise in Steuerfragen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,
eine Mietwohnung in eine Ferienwohnung umzuwandeln ist ein sehr attraktives Geschäft. Modellrechnungen zeigen, dass man mit einer Vermietung einer gut laufenden Ferienwohnung das sechs- bis achtfache der Kaltmiete einer Mietwohnung verdienen kann. Das bestätigen auch Kenner der Branche. Und das bedeutet, wenn die Politik nichts tut, kann das Problem nur größer werden.

Um das nochmals klarzustellen. Es gibt gute Gründe, in vielen Städten, Kleinstädten und Dörfern in Sachsen Ferienwohnungen anzubieten. Das ist gut für den Tourismus und oft sind es gerade im ländlichen Raum sehr liebevoll betreute Angebote.

Uns geht es um die Großstädte und dort um besonders nachgefragte Quartiere.

Und ganz ehrlich, würden Sie alle gern in einem Haus in einer Großstadt wohnen, in dem die Hälfte der Wohnungen von ständig wechselnden Besucher*innnen, gern im feierfreudigen Alter, die Nacht zum Tag machen? Wo sie nicht wissen, wer schon wieder diese Dame oder dieser Herr mit dem Rollköfferchen ist, der plötzlich vor ihnen im Treppenhaus steht. Das ist auch eine Frage der Atmosphäre in einem Wohnhaus und eine Frage von guter Nachbarschaft.

Ich freue mich sehr, dass wir dieses Gesetz jetzt am Ende der Legislatur doch noch durch das Parlament bringen und danke den beteiligten Fraktionen von CDU und SPD sowie meinem Fraktionsvorstand, dass er bei dem Thema nicht die Nerven und die Geduld verloren hat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, ich bitte um Zustimmung.