Sächsisches Hilfspaket – Schubert für Sondervermögen und Anpassung der Schuldenbremse

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Haushaltsgeld für alle Sachsen und Notfallhilfe für Unternehmen“ (Drs 7/11077)
58. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 13.10.2022, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, bevor ich zu dem Antrag, der heute vorliegt, spreche: Sie sehen mich in diesen Zeiten – und nicht nur mich – sehr nachdenklich. Denn die Situation, in die der russische Angriffskrieg die Welt geworfen hat, schlägt sich bei uns in Sachsen nieder. Die Menschen haben Angst. Und Unternehmen fürchten innerhalb kürzester Zeit erneut um ihre Existenz. Unsere Demokratie steht unter Druck, denn Krisenzeiten, verbunden mit Inflation und Rezession, sind Nagelproben für jedes politische System.

Politik muss die Ängste und Sorgen ernst nehmen. Da darf es keine Beschwichtigung geben; Zuhören ist wichtig und es braucht das Gefühl, man geht da zusammen durch. Und was in Krisenzeiten auch wichtig ist, ist, dass man die Handlungsoptionen deutlich macht und zeigt, dass man eben nicht nur ohnmächtig und hilflos ausgeliefert ist. Und diese müssen wir politisch auch nutzen.

Von uns als Landespolitik wird erwartet, dass wir etwas machen – und ich spüre diesen Druck jeden Tag zunehmen. Ich halte es für grundlegend, in Krisen zusammenzuhalten und alles andere hinten anzustellen. Denn wir stehen allesamt im Dienst dieses Landes und ich wünsche mir, dass es gelingt, den Knoten zu durchschlagen und zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen.

Dazu gehört auch die Vorbereitung für ein sächsisches Krisenbewältigungspaket; das habe ich nicht nur im letzten Plenum schon ausgeführt, sondern seit dem 5. September tragen wir das ununterbrochen vor. Und ich stehe – um das ganz deutlich zu machen – zur geteilten Verantwortung von Bund und Ländern. Von uns BÜNDNISGRÜNEN werden Sie das nicht erleben, dass wir nur mit dem Finger in Richtung Bund zeigen. Wir haben uns als BÜNDNISGRÜNE schon bei Zeiten für ein Sondervermögen ausgesprochen. Die Diskussion, in welcher Höhe das dann zu befüllen ist und woher das Geld kommt, ist noch nicht zu Ende; wir müssen sie führen und wir führen sie auch.

Zum Antrag der AfD.

Der Landtag möge beschließen:
I. Der Landtag stellt nach Artikel 95 Abs. 6 Satz 1 der Sächsischen Verfassung fest, dass die durch den Anstieg der Preise für Nahrungsmittel, Strom, Gas und Kraftstoffe ausgelöste Krise eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne des Artikels 95 Abs. 5 Satz 1 der Sächsischen Verfassung ist.

Meine Auffassung kennen Sie. Wir haben hier einen konjunkturellen Einbruch zu erwarten, eine Rezession. Und das ist die schwerste Krise seit Ende des 2. Weltkrieges. Und darauf würde ich abstellen, um verfassungsrechtlich sicher zu sein. Und eins muss klar sein: Sollten wir diese Option ziehen – und dazu gibt es kein Wort im Antrag der AfD –, muss klar sein, dass wir dazu an die Sächsische Verfassung ran müssen. Das ist das Kernproblem, auf dem wir als BÜNDNISGRÜNE, seit Jahren und sicher zum Leidwesen einiger Koalitionskollegen, herumreiten. Wir gewinnen da draußen politisch keinen Blumentopf damit: Aber wir machen das, weil es für den Freistaat wichtig ist und weil es verantwortungsvoll ist, hier anzupassen.

Als BÜNDNISGRÜNE haben wir mehrere Vorschläge auf den Tisch gelegt. Und die sächsische Schuldenbremse braucht eine Anpassung. Denn in ihrem jetzigen Wirkmechanismus laufen wir in die Gefahr eines wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Bankrotts. Und es gehört zum finanzpolitischen Grundlagenwissen, das will ich so deutlich sagen, dass man weiß, was in der mittelfristige Finanzplanung 2022-2026 prognostiziert ist. Und dass wir mit dem jetzigen Mechanismus unter keinen Umständen diese Deckungslücken werden heilen können.

Weiter zum Antrag:

II. Die Staatsregierung wird aufgefordert,
1. eine Zahlung von 1.000 Euro („Haushaltsgeld“) an jeden sächsischen Haushalt zur umgehenden Entlastung der Bürger von den Zusatzbelastungen infolge der aktuellen Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln, Strom, Gas und Kraftstoffen vorzunehmen;

Der Antrag suggeriert, dass man mit 1.000 Euro pro Haushalt die aktuelle Situation auflösen kann. Ich glaube, und ich glaube auch, dass Sie das wissen: Das ist nicht der richtige Weg. Ich sagte bereits eingangs, dass wir die Sorgen und Ängste der Menschen und Unternehmen ernst nehmen. Und zwar aller in den 2,16 Millionen privaten Haushalten lebenden Menschen. Es fehlen aber dazu noch die Kommunen, es fehlen die Landeseinrichtungen; die Bereiche, für die wir noch Sorge tragen; die gesamte Daseinsvorsorge.

Den Eindruck zu erwecken, der Staat würde nichts machen, ist falsch. Ich finde das auch gefährlich, das zu suggerieren – weil es unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker ist, verantwortungsvoll Lösungen zu finden. Denn die Menschen warten darauf. Und wenn Instrumente auf dem Weg sind,  dann kann man dazu unterschiedliche Meinungen haben, aber man muss das auch benennen, um Ängste zu nehmen. Es wurde einiges auf den Weg gebracht, zum Teil sehr grundsätzlicher Natur und auch zum Teil Als Reaktion auf die Krisen.

Ich finde daher diesen simplen Vorschlag nicht gut durchdacht. Es lässt sich halt gut auf ein Sharepic setzen. Aber es ist der Situation nicht angemessen und es ist irgendwie auch gemein, Menschen vorzugaukeln, dieser Vorschlag helfe über Monate.

Corona hat uns eigentlich schon mir brutaler Härte gezeigt, dass wir in unseren Planungen und unseren Entscheidungskriterien umsteuern müssen. Alles muss auf Krisenfestigkeit einzahlen. Wir sind jetzt im Haushaltsverfahren. Wir müssen und wir können uns besser vorbereiten.

Abschließend: Wir lehnen Ihren Antrag ab. Aber nicht, weil ich es moralisch für verwerflich halte, was Sie machen. Nämlich aus Krisen wiederholt Profit schlagen zu wollen. Sondern weil es viele gute fachliche Argumente gibt, ihren Antrag abzulehnen. Deswegen muss ich das moralische Argument an dieser Stelle nicht mal bemühen.