Geburtshilfe – Kuhfuß: Sicherstellung der Qualität war schon immer ein besonderes Anliegen von uns BÜNDNISGRÜNEN

Redebeitrag der Abgeordneten Kathleen Kuhfuß (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKEN: „Qualitativ hochwertige und flächendeckende Versorgung bei der Geburtshilfe sicherstellen!“ (Drs 7/13330)
73. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 06.07.2023, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin sehr dankbar, dass ich am Ende meiner letzten Plenarsitzung zu einem sehr schönen Thema, der Geburt, dem Beginn des Lebens, eine Rede halten darf.

Die Fraktion DIE LINKE möchte mit ihrem Antrag die Versorgung bei der Geburtshilfe sicherstellen.

Die Geburtshilfe, die Sicherstellung der Hebammenleistung, ist und war schon immer ein besonders wichtiges Anliegen von uns BÜNDNISGRÜNEN. So wurde auf unsere Initiative hin die Koordinierungsstelle Hebammen Sachsen eingerichtet. Diese dient u.a. dazu, werdende Eltern bei der Hebammensuche zu unterstützen. Im Doppelhaushalt 2023/2024 haben wir den Fördersatz auf bis zu 90 Prozent erhöht.

Die Sicherung einer hohen Qualität in der Geburtshilfe und guter Arbeitsbedingungen für die Berufsgruppen in der Geburtshilfe, insbesondere die der Hebammen, werden durch das Landesprogramm zur „Sicherung der Hebammenversorgung“ unterstützt. So werden Neugründungen von Hebammenpraxen mit einem Zuschuss unterstützt. Es werden Aufwandsentschädigungen an Hebammen gezahlt, wenn sie eine Kolleg*in vor der Wieder- oder Neuaufnahme einer freiberuflichen Hebammentätigkeit betreuen.

Im Jahr 2019 wurde die Hebammenstudie Sachsen zur Versorgungssituation mit Hebammenleistungen veröffentlicht. 14 Handlungsempfehlungen wurden daraus abgeleitet. Im Umsetzungsbericht von 2022 wurde dazu Stellung genommen und ein Runder Tisch u.a. mit dem Sächsischen Hebammenverband e.V. eingerichtet.

Auch die gesetzlichen Krankenkassen bieten Unterstützung bei der Hebammensuche an und unterstützen mit einer Hebammenberatung per Telefon, Chat oder Videocall. Ebenfalls wird bei der Suche nach einer Ärzt*in oder der Geburtsklinik Unterstützung angeboten.

Im Koalitionsvertrag von SPD, BÜNDNISGRÜNEN und FDP auf Bundesebene ist die Gesundheit rund um die Geburt ein Ziel, daher wurden dazu Vereinbarungen getroffen, wie der Personalschlüssel für eine 1:1 Betreuung durch Hebammen während der Geburt, der Ausbau hebammengeleiteter Kreissäle und die Möglichkeit und Vergütung für angestellte Klinikhebammen, die Geburtsvor- und -nachsorge im Hausbesuch zu erbringen. Mögliche Fehlanreize rund um Spontangeburt und Kaiserschnitt sollen evaluiert werden.

Im Jahr 2021 wurde der Studiengang Hebammenkunde an den sächsischen Universitäten in Leipzig und Dresden etabliert und mit 150 Studienplätzen konzipiert. Der Sächsische Hebammenverband e.V. hat bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die Studienabsolventen nicht die Zahl der in Rente gehenden Hebammen decken wird. Die Anzahl der Studienplätze muss perspektivisch erhöht werden. Dies muss im nächsten Doppelhaushalt Berücksichtigung finden.

Für werdende Eltern ist neben der Hebamme auch die Entscheidung, ob und in welcher Geburtsklinik das Baby zur Welt kommen soll, von großer Bedeutung. So wünschen sich die meisten Eltern größtmögliche Sicherheit, deshalb kommen 98 Prozent der Babys in Deutschland in Krankenhäusern zur Welt. Diese Entscheidung sollen Eltern ganz selbstbestimmt treffen können. Wichtig ist jedoch, dass es genau wie für Krankenhäuser auch Qualitätsstandards für Geburtshäuser geben muss, damit wir auch hier für eine sichere Geburt sorgen. In Geburtshäusern muss genauso ein Arzt dazu gezogen werden können, wenn sich Komplikationen andeuten. Oder aber es muss sofort der Krankenwagen für die Verlegung in ein Krankenhaus gerufen werden.

In Sachsen haben wir 38 Geburtskliniken. Diese haben im Bundesvergleich eine gute Qualität. So liegt die Säuglingssterblichkeit mit 0,23 Prozent bundesweit am niedrigsten. Auch die Kaiserschnittrate ist mit knapp 24 Prozent am geringsten. Es gibt jedoch regionale Unterschiede und die können ein Indiz für eine problematische Personalsituation sein. So werden Kaiserschnitte nicht nur aus medizinischen Gründen vorgenommen, sondern auch weil die Geburt noch vor dem Wochenende erfolgen soll, da die Verfügbarkeit von Fachärzt*innen und Hebammen nicht abgesichert ist.

Wir haben Geburtskliniken, die im Jahr 2019 269 Geburten begleitet haben, d.h. ca. 5 Geburten in der Woche und damit nicht einmal täglich eine Geburt, da fehlt es dann an der Berufserfahrung der Ärzt*innen und Hebammen, gerade auch im Training von Notfällen.
Vor ein paar Wochen war ich im Zug von Hamburg nach Dresden unterwegs und saß mit einer Mutter und ihren 2 Kindern zusammen im Zugabteil. Es war ein Vorschulkind und ein 3-jähriges Kind mit einer Behinderung. Wir kamen ins Gespräch und ich erfuhr, dass der Sohn aufgrund von Sauerstoffmangel unter der Geburt mit Hirnschäden zur Welt kam.

Diese Begegnung hat mir einmal mehr verdeutlicht, wie wichtig Qualitätskriterien und Qualitätssicherung sind. Nach Empfehlungen von Fachgesellschaften sollten Fachärzt*innen für Gynäkologie und Geburtshilfe, Anästhesie und Kinderheilkunde sowie ausreichend Hebammen im Kreißsaal ständig anwesend sein. Es gibt viele problemlose Geburten, die allein mit einer Hebamme hervorragend begleitet werden. Nicht für jede Geburt ist ein Facharzt erforderlich. Es kann jedoch passieren, dass die Situation schnell kippt und ganz schnell reagiert werden muss.

2016 wurde mit 37.940 Geburten in Sachsen der höchste Wert seit 1991 verzeichnet. Seitdem sinkt die Zahl der Neugeborenen in Sachsen jährlich um ca. 1.100. In 2022 waren es 29.334 Babys, die in Sachsen zur Welt gekommen sind. Und der Trend dürfte anhalten, denn die geburtenschwachen Jahrgänge rücken nach.

Unter diesem Gesichtspunkt hat die Uniklinik Dresden das Innovationsfondsprojekt Versorgungsnetz „Sichere Geburt“ ins Leben gerufen. Damit wird hochschulmedizinische Expertise in der gesamten Versorgungsregion Ostsachsen zur Verfügung gestellt und ermöglicht eine telemedizinische Betreuung von Schwangeren, Früh- und kranken Neugeborenen und deren Familien. Das Projekt ermöglicht die Steuerung einer regionalen Versorgung und gewährleistet damit eine sichere Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen in einer Region mit rückläufigen Geburtenzahlen.

Es sind bereits viele Maßnahmen für die Sicherung der Hebammenleistungen und der Geburtshilfe in Angriff genommen, diese müssen fortgesetzt und auf die aktuelle Lage wie z.B. die Altersabgänge von Hebammen angepasst werden.

Ich bedanke mich bei der Fraktion DIE LINKE für das schöne letzte Thema hier in diesem Haus und verabschiede mich damit von Ihnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!