Datum: 27. März 2025

Politische Bildung – Melcher: Keine Nebensache, sondern eine tragende Säule unserer Gesellschaft

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Sächsische Schulen als Lebens- und Lernort für eine wehrhafte Demokratie weiterentwickeln“ Drs 8/2095

11. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 26.03.2025, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

regelmäßige rechtsextreme Parolen auf dem Schulhof. Schüler und Schülerinnen zeigen ungeniert Hakenkreuze als Hintergrund auf der Smartwatch ihren Mitschülern. Rassistische und antisemitische Schmierereien an Wänden der Schultoilette und auf den Tischen im Klassenzimmer.

Leider sind solche Szenarien schon längst keine Fiktion mehr, sondern Teil einer bitteren Realität an so manchen Schulen Sachsens. Schulleitungen und Lehrkräfte schlagen Alarm, die Fallzahl rassistischer Vorfälle nimmt stetig zu. Die Nachfragen nach Projekttagen zum Thema, Schulberatungen und Prävention und Interventionsprogrammen steigen ebenfalls an und dem kann kaum noch nachgekommen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Antrag der Linksfraktion spricht daher heute ein wichtiges Thema an – die Stärkung der Demokratiebildung an sächsischen Schulen. Ich selbst haben in den vergangen Jahren viele Veranstaltung dazu gemacht, zuletzt am Montag. Das Thema treibt viele um.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken,
die Kernziele des Antrags decken sich in vielen Punkten mit unseren eigenen bildungspolitischen Vorstellungen. Wir sind uns insbesondere darin einig, dass unsere Demokratie eine starke, engagierte und reflektierte Zivilgesellschaft auch in Zukunft braucht: Und genau hier braucht es unsere Schulen!

Politische Bildung kann und darf keine Nebensache sein. Sie ist das Fundament unserer demokratischen Gesellschaft und sollte daher modernisiert, gestärkt und fest im Schulalltag verankert werden.

Der Antrag der Fraktion Die Linke fordert zurecht eine Weiterentwicklung der Demokratiebildung in Sachsens Schulen und hebt hervor, dass es eine klare Analyse des Status quo braucht, um die Wirksamkeit bestehender Handlungskonzepte wie „W wie Werte“ zu überprüfen und gezielt zu verbessern.

Auch die Aufwertung in der Stundentafel für die Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse ist aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung. Politische Bildung braucht nämlich vor allem eines: Zeit und umfassendes Wissen und Erfahrungen.

Außerdem begrüßen wir die Einbeziehung von Besuchen außerschulischer Lernorte wie Gedenkstätten, Parlamente und Museen in die politische Bildung. An dieser Stelle haben wir als BÜNDNISGRÜNE in der Vergangenheit stets gefordert, dass eine Landesservicestelle für „Lernorte des Erinnerns und Gedenkens“ einzurichten wäre, um die Koordination, Beratung und Begleitung von Bildungsfahrten von Schulklassen bedarfsgerecht und ausbauend umsetzen zu können. Denn im Gegensatz zu einem Gedenkstättenzwangsbesuch geht es doch vor allem um die pädagogische Einbindung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
aus unserer Sicht, darf Demokratiebildung allerdings nicht nur auf den Unterricht beschränkt bleiben. Die frühe Einbindung von Schülerinnen und Schülern in Entscheidungsprozesse – und das nicht nur fürs Protokoll – und die Stärkung der Schüler*innenmitwirkung sind weitere notwendige Schritte, um demokratische Bildung erlebbar zu machen und Selbstwirksamkeitserfahrungen sammeln zu können.

Des Weiteren möchte ich anmerken, dass Demokratiebildung untrennbar mit der Bildung für nachhaltige Entwicklung verbunden ist. Politische Mündigkeit bedeutet nicht nur, unsere demokratischen Grundwerte zu kennen – sondern auch Verantwortung für eine ökologische und sozial gerechte Zukunft zu übernehmen und interkulturelle Kompetenzen zu erwerben. Die Auseinandersetzung mit Klimawandel, Ressourcenknappheit und sozialer Gerechtigkeit sollte daher ein integraler Bestandteil der Demokratiebildung sein.

Doch genau in diesen essenziellen Bildungsbereichen stehen nun Kürzungen im Raum. Einsparungen in der politischen Bildung und auch der Bildung für nachhaltige Entwicklung senden nicht nur ein falsches Signal, sondern zahlen auf lange Sicht negativ auf das Konto des gesellschaftlichen Zusammenhalts ein.

Ein weiterer entscheidender Faktor für eine gelungene Demokratiebildung sind auch unsere Lehrkräfte. Sie müssen bestmöglich auf die Herausforderungen vorbereitet werden, und das idealerweise bereits im Studium. So hat eine qualitative Studie herausgefunden, dass beispielsweise Lehrkraft zwar grob über Antisemitismus Bescheid wissen, aber im konkreten Fall oft unsicher sind. Angesichts der massiven Zunahme auch von antisemitischen Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023 brauchen wir eben auch schnelle und proaktive Unterstützung für Lehrkräfte, damit Vorfälle nicht im Dunkelfeld bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir stehen hier in der Verantwortung, unsere Schulen zu starken Lebens- und Lernorten der Demokratie weiterzuentwickeln. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, das politische Bildung nicht zu einer Nebensache wird – sondern zur tragenden Säule unserer Gesellschaft!

Wir stimmen dem Antrag der Linken zu.