Pflegewohngeld – Scholz: Wir BÜNDNISGRÜNE setzen uns für eine solidarische Pflegeversicherung ein
Redebeitrag des Abgeordneten Markus Scholz (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Pflegebedürftige Menschen schnell und wirksam finanziell entlasten – Sächsisches Pflegewohngeld endlich einführen!“ (Drs 7/16082)
88. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Freitag 03.05.2024, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Eigenanteile für die vollstationäre Pflege sind seit 2022 stark gestiegen. Hintergrund sind die Tariftreue-Regelung, also, dass unsere Pflegekräfte endlich adäquat entlohnt werden, sowie gestiegene Energie- und Lebensmittelkosten durch die Inflation. Diese Kostensteigerungen wirken sich jedoch nicht nur bei unseren Pflegebedürftigen in den vollstationären Pflegeheimen aus, sondern bei allen Pflegeleistungen. So sind die Eigenanteile in der ambulanten Pflege ebenfalls stark gestiegen. Das von der Linksfraktion geforderte Pflegewohngeld würde jedoch nur die Pflegebedürftigen in den Pflegeheimen finanziell entlasten. Im Jahr 2021 wurden in Sachsen über 48.000 Pflegebedürftige in vollstationärer Pflege versorgt, das waren „nur“ 17,6 Prozent der Pflegebedürftigen in Sachsen insgesamt. Der überwiegende Teil der Pflegebedürftigen, circa 82 Prozent, wird ganz oder teilweise von Angehörigen oder von einem ambulanten Pflegedienst versorgt. Wir würden mit dem Pflegewohngeld also eine kleine Personengruppe finanziell unterstützen, während der Großteil der Pflegebedürftigen ebenfalls mit gestiegenen Kosten umgehen muss.
Ja, es ist dramatisch, wenn die Rente nicht ausreicht, um den Pflegeplatz zu finanzieren. Aber dafür gibt es die Hilfe zur Pflege, um sozial aufgefangen zu werden. Diese haben im Jahr 2021 18.155 Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen erhalten, dies waren circa ein Drittel der Pflegebedürftigen in vollstationärer Pflege. Mit dem Pflegewohngeld würden wir also weit mehr als diese Menschen, bei denen die finanziellen Mittel nicht ausreichen, unterstützen.
Es ist sicherlich nicht leicht, nach einem Erwerbsleben, in dem man für sich und seine Familie gesorgt hat, zum Sozialamt gehen zu müssen und einen Antrag auf Hilfeleistungen zu stellen. Ob dies im Einklang mit der Anerkennung von Lebensleistungen steht, ist ebenso fraglich. Aber das von den Linken gebrachte Beispiel-Bundesland Nordrhein-Westfalen macht auch beim Pflegewohngeld nichts anderes. Der Sozialhilfeträger ist für die Prüfung des Anspruchs zuständig und auch hier wird den Pflegebedürftigen nur ein Taschengeld zugestanden.
Neben Thüringen und Sachsen-Anhalt sind wir das Bundesland mit dem größten Anteil Pflegebedürftiger an der Gesamtbevölkerung. Selbstverständlich würde die vollständige Übernahme der Investitionskosten die Kommunen massiv entlasten – zugleich aber auch den Freistaat finanziell stark fordern. Damit scheidet für uns auch die von der AfD geforderte Übernahme der Investitionskosten für alle Pflegeeinrichtungen der voll- und teilstationäre Pflege aus.
Gerade im Bereich der vollstationären Pflege hat der Bundesgesetzgeber im Jahr 2021 mit dem Leistungszuschlag eine finanzielle Entlastung der Pflegebedürftigen geschaffen. Seit Januar 2022 werden, je nach dem, wie lang die bzw. der Pflegebedürftige im Pflegeheim lebt, ein Zuschuss zu den pflegebedingten Kosten gewährt. Diese Zuschläge wurden zum Januar 2024 nochmals erhöht.
Die Soziale Pflegeversicherung steht aufgrund der finanziellen Mehrbelastungen für die Pflegebedürftigen und der Finanzierbarkeit in Anbetracht des demografischen Wandels vor großen Herausforderungen. Diese müssen von Seiten des Bundes angegangen werden. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Aufgabe, bis Ende Mai Vorschläge für eine stabile Pflegeversicherung auszuarbeiten.
Als BÜNDNISGRÜNE sehen wir eine Bürgerversicherung und die Ausweitung der Beitragspflicht auf alle Einnahmen als Grundstock für eine stabile Finanzierungsgrundlage der Sozialen Pflegeversicherung. Wir setzen uns für eine solidarische Pflegeversicherung ein, die finanzielle Entlastung unabhängig davon, ob ambulant oder stationär gepflegt wird, schafft.
Wir können daher dem Antrag der Linksfraktion nicht zustimmen, und lehnen auch den Änderungsantrag der AfD ab. Vielen Dank.