Pflege – Scholz: Wir BÜNDISGRÜNE fordern eine Bürgerversicherung für alle, um den sozialen Ausgleich zu stärken

Redebeitrag des Abgeordneten Markus Scholz (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige schnell wirksam finanziell entlasten: Solidarische Pflegevollversicherung einführen!“
76. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 21.09.2023, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

bereits in der Plenarsitzung am 1. Juni haben wir uns mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema Pflegeversicherung und der steigenden finanziellen Belastung von pflegebedürftigen Menschen beschäftigt. Die Forderungen des aktuellen Antrags gleichen den Forderungen aus dem vorherigen Antrag sehr.

Punkt 1 des aktuellen Antrages kann nur auf Bundesebene entschieden werden und dort ist erst im Mai eine Pflegereform beschlossen worden, die aufgrund der Haushaltslage und der Vehemenz der FDP keine höhere finanzielle Beteiligung des Bundes an der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) vorsieht.

Dennoch sind Leistungssteigerungen geregelt worden:

  1. Die Erhöhung des Pflegegeldes um fünf Prozent ab 2024.
  2. Das Pflegeunterstützungsgeld kann ab 2024 kalenderjährlich beansprucht werden und beträgt 10 Arbeitstage je pflegebedürftiger Person. Es ist eine Entgeltersatzleistung wie das Kinderkrankengeld.
  3. Die Leistungszuschläge in der vollstationären Pflege werden jeweils um Fünf-Prozentpunkte erhöht.
  4. Weitere Dynamisierungen der Geld- und Sachleistungen sind für 2025 und 2028 festgelegt.
  5. Das Entlastungsbudget ab Juli 2025, welches Kurzzeit- und Verhinderungspflege zusammenfasst.

Hier ist also erstmal abzuwarten, wie sich diese Leistungssteigerungen auswirken werden.

In Sachsen werden 84,5 Prozent der pflegebedürftigen Menschen zu Hause versorgt, das sind 262.468 Menschen. Daher begrüßen wir als BÜNDNISGRÜNE das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG). Der Großteil der pflegerischen Versorgung liegt in der häuslichen Pflege, diese wird zum Beispiel durch die Erhöhung des Pflegegeldes und das Entlastungsbudget gestärkt.

Die Pflege sollte für jeden Betroffenen finanzierbar sein und nicht automatisch dazu führen, dass beim Sozialamt Hilfe zur Pflege beantragt werden muss.

Und damit Leistungssteigerungen in der Pflegeversicherung nicht gleich bedeuten, dass der Beitragssatz für die Soziale Pflegeversicherung steigt, müssen wir über die Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung weiter diskutieren. Wir BÜNDISGRÜNE fordern eine Bürgerversicherung für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die Soziale Pflegeversicherung, in die alle Bürger*innen mit allen Einkünften einzahlen. Dies würde einen solidarischen Ausgleich zwischen den sozial Schwächeren in unserer Gesellschaft und den Bürger*innen mit sehr gutem Einkommen schaffen.

Die Bundesregierung will bis zum Mai 2024 Vorschläge für eine langfristig stabile Finanzierung der Pflegeversicherung ausarbeiten.

Punkt 2 betrifft Landesregelungen, hier werden Forderungen u.a. nach Förderung der Investitionskosten der stationären Pflegeeinrichtungen dargelegt. In Sachsen gibt es über 900 Pflegeeinrichtungen. Wie eine Finanzierung aus dem Landeshaushalt erfolgen soll, wird jedoch von der Linken nicht dargelegt.

Im sächsischen Koalitionsvertrag haben wir die Erhöhung der Anzahl an Kurzzeitpflegeplätzen vereinbart. Hier erarbeitet das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt aktuell eine Förderrichtlinie, da im Haushalt Fördermittel zur Verfügung stehen.

Bei dem steigenden Bedarf an Pflegeleistungen bedingt durch den demografischen Wandel müssen wir auch andere Versorgungsformen fördern. Das heißt für uns BÜNDNISGRÜNE unter anderem eine stärkere Förderung der Nachbarschaftshilfe und des ehrenamtlichen Engagements. Wir können nicht nur die Leistungen ausweiten bei steigender Zahl von pflegebedürftigen Menschen und sinkender Zahl von jungen Menschen, die durch ihre Sozialversicherungsbeiträge diese Leistungen schultern.

Eine weitere Herausforderung ist auch hier der Fachkräftemangel. Pflegeheime und ambulante Pflegedienste können bereits teilweise heute schon keine Neuverträge abschließen, da ihnen das Pflegepersonal fehlt.

Daher müssen wir ebenso die ambulante Pflege unterstützen. Damit die Pflegefachkräfte hier mehr eine koordinierende Funktion übernehmen, um Nachbarschaftspflege, Angehörigenpflege und die eigenen Leistungen, in guten Einklang und an den Bedürfnissen des Pflegebedürftigen orientiert, miteinander zu verzahnen.

Wir BÜNDNISGRÜNEN können diesem Antrag nicht zustimmen, da dieser Zuständigkeitsbereiche der verschiedenen Ebenen vermischt, keine realistische Finanzierbarkeit aufzeigt und nicht auf die soziale Gerechtigkeit zwischen junger und älterer Generation schaut.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!