Personalvertretungsgesetz – Lippmann: Eine starke Personalvertretung ist ein Pfund in der Werbung für den öffentlichen Dienst

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes“ (Drs 7/15138)

89. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 12.06.2024, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

mit dem „Fünften Gesetz zur Änderung des Sächsischen Personalvertretungsgesetz“ nehmen wir eine Vielzahl von Änderungen im Bereich der Personalvertretung vor. Diese sind in ihrer Summe ein weiterer wichtiger Schritt im Transformationsprozess innerbehördlicher Beteiligungsrechte.

Der Ausbau von Mitbestimmungsbefugnissen innerhalb des öffentlichen Dienstes ist kein Selbstzweck, sondern ein Teil der Wertschätzung der Bediensteten und ein wichtiges Puzzlestück bei Sicherung von Fachkräften im öffentlichen Dienst.

Der Freistaat steht bei der Gewinnung von Fachkräften hier nicht nur mit anderen Ländern und Bundesländern im Konkurrenzkampf, sondern muss auch mit der freien Wirtschaft um das knappe gut ausgebildete Personal ringen. Genauso wie Mitbestimmung in großen Betrieben ein Punkt ist, mit dem teilweise geworben wird, ist eine starke Personalvertretung ein Pfund in der Werbung für den öffentlichen Dienst.

Eine starke Personalvertretung ist Garant für gute Arbeitsbedingungen. Ebenso ist eine gute Personalvertretung für den Freistaat als Stimmungs-Seismograph der Beschäftigten ein verlässlicher Partner und somit auch im Interesse des Freistaates als Arbeitgeber.

Denn gerade im öffentlichen Dienst soll nicht über den Rücken der Beschäftigten hinweg, sondern mit ihnen gemeinsam entschieden werden. Der Ausbau von Befugnissen bei der Mitbestimmung würdigt daher nicht nur die Arbeit zehntausender Beschäftigter, sondern ist der Wegbereiter eines handlungsfähigen und zukunftsgewandten Sachsen.

Ein zukunftsgewandtes Sachsen ist offen, tolerant und vielfältig. Dieses Sachsen muss sich auch endlich in unserer Verwaltung widerspiegeln – nur so lassen sich Fachkräfte aus dem Ausland und anderen Bundesländern gewinnen.

Insoweit ist äußerst bedenklich, dass ausländische Fachkräfte immer wieder von Diskriminierungserfahrungen und Rassismus berichten. Umso erfreulicher finde ich, dass die Personalvertretungen zukünftig auch die Aufgabe haben, die berufliche Entwicklung von Beschäftigten mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst zu fördern. Eine sich in der Verwaltungsstruktur widerspiegelnde Vielfältigkeit der Bevölkerung strahlt auch auf die Integrationsfreudigkeit der Gesellschaft aus.

Ein zukunftsgewandtes Sachsen ist ein digitales Sachsen. Auf Ebene des Bundes stellte das Onlinezugangsgesetz 2.0 entscheidende Weichen für eine geänderte Verwaltungskultur. Auch in Sachsen nutzen wir im Rahmen unserer Kompetenz die bestehenden Möglichkeiten. Durch die Gesetzesänderung macht sich dies beim Personalrat zukünftig sowohl in der Arbeitsweise also auch im Umfang der Mitbestimmung bemerkbar.

In Zukunft ist ein audiovisuelles Zuschalten zu Personalratssitzungen möglich und der Personalrat kann rechtswirksam elektronisch kommunizieren. Zeitgleich kann er bei Fragen des Digitalen mehr mitbestimmen als bisher – Stichwort Telearbeit, wenngleich das Wort mittlerweile so attraktiv wie Faxgerät klingt.

Ein zukunftsgewandtes Sachsen ist ein familienfreundliches Sachsen. Wir wissen, dass gerade die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wichtiges Argument für eine Karriere im öffentlichen Dienst darstellt. Hier darf die Personalvertretung in Zukunft bei der Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitbeschäftigung oder bei der Gewährung von Sonderurlaub aus familiären Gründen (unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts) mitbestimmen und so für familiengerechtere Verwaltung sorgen.

Das heute zu verabschiedende Gesetz ist mit Blick auf die vielen Wünsche von Gewerkschaften und Personalvertretungen sicher noch optimierbar, aber es ist ein wichtiger Schritt hin zur Stärkung der Mitbestimmung und damit auch ein wichtiges Signal an die Beschäftigten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
innerhalb der Koalition haben wir bei der näheren Ausgestaltung des Personalvertretungsgesetzes gerungen und konnten uns leider bei einem wichtige Punkt nicht einigen. Das wichtige Thema der studentischen Mitbestimmung bleibt weiter unbearbeitet. Nicht, weil wir in Teilen der Koalition die Dringlichkeit nicht erkannt haben, sondern weil wir uns innerhalb der Koalition nicht auf einen Weg einigen konnte, was ich sehr bedauere. Denn es ist ganz klar: Mit Blick auf die teils prekären Arbeitsverhältnisse tausender studentischer Beschäftigter braucht es aus BÜNDNISGRÜNER Sicht eine stärkere Mitbestimmung.

Und selbst wenn man studentische Personalräte für zu weitgehend hält, wäre es ohne Probleme möglich gewesen, über alternative Modelle oder Wege dorthin zu diskutieren. Dem hat sich leider ein Koalitionspartner vollkommen verschlossen.

Gleiches gilt auch für die Streichung der Ausnahmen der Mitbestimmungstatbestände der Personalräte bei der Einstellung und Abordnung von Lehrkräften, obwohl diese am ehesten mit der Situation vor Ort vertraut sind.

Eine umfassendere Stärkung der Personalvertretung im Bildungs- und Wissenschaftsbereich muss und wird nun weiter ein Anliegen für die nächste Legislaturperiode bleiben.

Es bleibt dennoch zu konstatieren, dass die Änderungen des Personalvertretungsgesetzes zu wichtig sind, um sie nicht zu beschließen.
Ich bitte daher um Zustimmung.

Vielen Dank!