Datum: 18. Dezember 2024

Pädagogische Fachkräfte an Schulen – Melcher: Erzieher*innen sind keine Verschiebemasse, vielmehr sollte Schulassistenz ausgebaut werden

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Herausforderung als Chance nutzen – Pädagogische Fachkräfte an Schulen einsetzen“

4. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 18.12.2024, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

beim Antrag der AfD geht einiges durcheinander. Es wird eine vermeintliche Lösung für den Lehrkräftemangel präsentiert, die aber keine ist. Da wird vieles in einen Topf geworfen und einmal kräftig umgerührt – das Ergebnis ist unbrauchbar. Aber der Reihe nach.

Die AfD stellt fest, dass sich die Kommunen die Finanzierung von Erzieherinnen und Erziehern in Kitas immer weniger leisten können. Zu wenig Kinder, zu hohe Kosten! Entlassungen und Schließungen drohen.

Die Lösung, die die AfD dafür anbietet, lautet: „Freiwerdende“ Erzieherinnen und Erzieher an Schulen einsetzen. Schließlich, so die schlichte Logik, herrscht an Schulen Unterrichtsausfall und es braucht mehr Köpfe für Unterricht, Betreuung und Aufsicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
hier sind mindestens drei Sachen schief:

Erstens: Die AfD verkennt, dass längst Erzieherinnen und Erzieher an sächsischen Schulen im Einsatz sind. Sie arbeiten als Landesbedienstete im Bereich der Schul- oder der Inklusionsassistenz. Oder sie arbeiten bei einem kommunalen oder freien Träger im Hort einer Schule – einem Bereich, in dem die sinkenden Kinderzahlen noch nicht angekommen sind.

Die AfD tut so, als hätte sie einen neuen Personalpool entdeckt, mit dem der Lehrkräftemangel gelindert werden kann. Das ist schlichtweg falsch. Längst fischen darin viele Arbeitgeber, auch der Freistaat, auf der Suche nach pädagogischen Fachkräften. Erzieherinnen und Erzieher sind gefragte Leute – auch außerhalb der Kita.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das führt mich zum zweiten Punkt: Erzieherinnen und Erzieher sind keine Verschiebemasse. Ja, die Fachschulausbildung befähigt die Männer und Frauen, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 0 bis 27 Jahre zu betreuen. Ich habe im Gegensatz zur AfD großes Vertrauen, dass Erzieherinnen und Erzieher ihre Tätigkeit und ihren Einsatzort selbst wählen können und werden.
Und auch entscheiden, ob dazu ein Wechsel aus der Jugendhilfe in den Schulbereich gehören soll.

Und – drittens – sollte der Landesgesetzgeber das ihm Mögliche tun, um sowohl das Personal in Kitas zu halten, als auch Lehrkräfte zu entlasten und Unterrichtsausfall zu minimieren.

Dazu gehört, Assistenzkräfte an Schulen angemessen, d.h. besser als bislang zu bezahlen. Dazu gehört auch, Assistenzkräfte auf eigenen Stellen im Landeshaushalt zu führen, statt auf nicht besetzten Stellen für Lehrkräfte. Dazu gehört schließlich, endlich jede Schule mit einer Form der Schulassistenz auszustatten, entsprechend den Bedarfen vor Ort.

Und auf der anderen Seite muss der Freistaat das seinige für die Kitas tun. Dazu gehört explizit nicht, Personal abzuwerben. Vielmehr muss das Land am Kita-Moratorium festhalten, damit trotz sinkender Kinderzahlen Personal in den Kitas gehalten werden kann.

Die demografische Rendite in ein pädagogisches Plus verwandeln – so verstehe ich es, die Herausforderung als Chance zu nutzen!

Wir BÜNDNISGRÜNE sind überzeugt: Mit verstetigten Landesmitteln und dem Geld aus dem Kita-Qualitätsgesetz des Bundes ist mehr Qualität in den Einrichtungen finanzierbar. Die Kindertagesbetreuung und die Schulen gegeneinander auszuspielen, mag Sache der AfD sein – meine ist es nicht.

Wir werden den Antrag ablehnen. Vielen Dank.