Lehrkräfte Musik und Kunst – Melcher: Kulturelle Bildung ist unverzichtbar für die Persönlichkeitsentwicklung

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD: „Lehrkräftesicherung in den Fächern Musik und Kunst“ Drs 7/16133

87. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag 02.05.2024, TOP 12

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die künstlerisch-ästhetische Bildung – oder anders: die kulturelle Bildung – gehört zur Allgemeinbildung. Sie ist unverzichtbar für die Persönlichkeitsentwicklung und für kulturelle Teilhabe. Deshalb gehören Kunst und Musik mit gleicher Selbstverständlichkeit auf den Stundenplan wie Mathematik oder Deutsch.

Was in der Theorie unstrittig ist, erweist sich in der Praxis mitunter als schwierig: Da dominiert dann eben doch die Einteilung in sogenannte Haupt- und Nebenfächer. Wenn nicht genug Lehrkräfte da sind – und das ist bekanntlich häufiger der Fall, als uns lieb ist –, wird zuerst dort gekürzt, wo es zunächst weniger weh tut. Ich beobachte, dass der Aufschrei aus den Schulen und Elternhäusern eher ausbleibt, wenn der Kunstunterricht ausfällt, als wenn Mathe betroffen ist. Das ist auch nachvollziehbar. Denn das eine ist unmittelbar relevant dafür, ob ein Schüler oder eine Schülerin versetzt wird. Das andere ist dann eben nur ein „Randfach“. Lücken in Mathe wiegen im Zweifelsfall schwerer. Das kann man bedauern oder falsch finden. Es ist in unserem System aber so angelegt. Für mich steht deshalb zunächst fest: Die beste Lehrkräftesicherung für die Fächer Musik und Kunst ist eine umfassende Lehrkräftesicherung für alle Fächer, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Unwucht bei der Zuschreibung von Relevanz bekommen wir anders nicht aufgelöst.

Was wollen wir nun mit unserem Antrag erreichen? Warum, trotz meiner Vorrede, der Fokus auf die Lehrkräftesicherung in Musik und Kunst?

Zunächst bitten wir mit dem Antrag die Staatsregierung um einen Bericht. Wie steht es um die Unterrichtsversorgung in den Fächern Musik und Kunst? Wie viele Lehrkräfte werden gebraucht, wie viele werden derzeit ausgebildet? Stimmt der Eindruck, dass der musisch-künstlerische Bereich häufiger von Unterrichtsausfall und fachfremder Vertretung betroffen ist als andere Bereiche?

Hinzu kommt die individuelle Perspektive, denn die Musik- und Kunstlehrkräfte teilen ein Spezifikum: Es gibt deutlich mehr sogenannte „Ein-Fach-Lehrkräfte“ als in anderen Fächern und bei Musik zusätzlich die sogenannten „Doppelfach-Musik-Lehrkräfte“. Diese Lehrkräfte haben an Kunst- und Musikhochschulen studiert, sind im Schuldienst damit aber nur in einem Fach einsetzbar. Wie viele Lehrkräfte mit einer solchen Qualifikation sind an sächsischen Schulen tätig? Wie viele Studierende gibt es, wie ist der Zugang zum Studium geregelt und wie werden die Lehrkräfte mit dieser Qualifikation eigentlich vergütet?

Absolventinnen und Absolventen von Musik- und Kunsthochschulen haben häufig mehr als ein berufliches Standbein. Wenn sie überhaupt im sächsischen Schuldienst ankommen, sind sie in aller Regel nicht ausschließlich dort tätig. Sie arbeiten ebenso an Musik- oder Jugendkunstschulen, als freischaffende Künstlerin oder Kirchenmusiker. Auch an Schulen sind sie nicht nur im Unterricht tätig. Oftmals findet man sie als Leiterin oder Leiter eines Ganztagsangebots oder in Schulprojekten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Herzstück des Antrags ist es, Perspektiven zu schaffen.

Auf der einen Seite geht es darum, den Absolventinnen und Absolventen von Musik- und Kunsthochschulen eine bessere Perspektive im sächsischen Schuldienst zu eröffnen. Das gilt ebenso für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern in den Fächern Musik und Kunst. Wenn jemand Englisch und Biologie auf Lehramt studiert, ist die Sache einigermaßen klar. Nicht ganz so reibungslos läuft mitunter die Einstellung von Ein-Fach- bzw. Doppelfach-Musik-Lehrkräften. Das gilt umso mehr, wenn es um eine Teilzeitanstellung geht, weil die betreffende Lehrkraft einer weiteren Tätigkeit nachgeht, zum Beispiel an einer Musikschule.

Auf der anderen Seite wollen wir bessere Perspektiven für die Einrichtungen schaffen. Wir wollen den Lehrkräftemangel an sächsischen Schulen lindern, ohne die personellen Bedarfe von Musik- oder Jugendkunstschulen zu ignorieren. Wenn man es klug anstellt und flexible Lösungen zulässt, ist die Einstellung von Ein-Fach- bzw. Doppelfach-Musik-Lehrkräften ein Gewinn für alle Seiten:

Es ist ein Gewinn für die Schulen, weil der Kunst- und Musikunterricht abgesichert ist. Und weil gut ausgebildete Lehrkräfte die künstlerisch-ästhetische Bildung durch weitere musikalische Angebote wie Chöre oder Instrumentalensembles stärken können.

Es ist ein Gewinn für die außerschulischen Einrichtungen und Betätigungsfelder von Musikerinnen und Künstlern, weil diese für zehn, aber eben auch mehr Wochenstunden auf Teilzeitbasis Personal beschäftigen können, das gleichermaßen künstlerisch wie pädagogisch qualifiziert ist.

Und es ist ein Gewinn für die musisch-künstlerischen Fach- bzw. Lehrkräfte, weil der sächsische Schuldienst eine gute und vergleichsweise sichere Anstellung bietet.

Ich bin überzeugt: Hier schlummert noch einiges an Potenzial. Der Antrag soll dabei helfen, dieses Potenzial zu heben. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.