Kohleausstieg – Gerber: Unsere zentrale Aufgabe ist, den ohnehin stattfindenden Wandel zu begleiten und zu unterstützen

Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Daniel Gerber (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Grüne Phantasterei Runde 2 – Kein Kohleausstieg im Jahr 2030“ (Drs 7/10401)
70. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 27.04.2023, TOP 8

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

der vorliegende Antrag und die damit verbundene Debatte geht, wie üblich, völlig am eigentlichen Problem vorbei. Der Kohleausstieg wird kommen und zwar marktgetrieben und deutlich vor 2038. Statt die immer gleiche Ausstiegsdebatte zu führen und uns an einer Jahreszahl aufzuhängen, müssen wir auch in Sachsen endlich zu einer seriösen Einstiegsdebatte kommen.

  • Wie können wir einsteigen in ein zukunftsfähiges Stromsystem, das klimaneutral, versorgungssicher und bezahlbar ist?
  • Welche neuen Kraftwerkskapazitäten und Netzinfrastruktur benötigt es für diesen Einstieg?
  • Aber auch: Wie muss ein Energiemarktdesign aussehen, das diese Transformation ermöglicht?

All diese Fragen müssen vor allem auf nationaler, wenn nicht sogar europäischer Ebene beantworten werden.

Und sie werden dort aktuell intensiv bearbeitet, hier ein paar Beispiele: Eine ausführliche Untersuchung der Bundesnetzagentur zu Stand und Entwicklung der Strom-Versorgungssicherheit kam bereits Anfang des Jahres zu dem Schluss, dass die Versorgungssicherheit auch mit einem Kohleausstieg 2030 gesichert ist, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Diese Voraussetzungen beinhalten insbesondere den Ausbau der Erneuerbaren Energien gemäß den aktuell geltenden Zielen, einen Zubau von flexiblen Spitzenlastkraftwerken als gesicherte Leistung und die Erschließung weiterer Flexibilitätspotenziale.

Seit einigen Wochen arbeitet die „Plattform klimaneutrales Stromsystem“ genau an der Frage, mit welchem Markdesign diese Voraussetzungen geschaffen werden können.
Der erste Bericht der Plattform sowie eine Kraftwerksstrategie der Bundesregierung werden bereits Mitte des Jahres erwartet.

Auf europäischer Ebene schärft die EU mit dem Fit-for-55 Paket den Gesetzesrahmen, insbesondere beim CO2-Zertifikatehandel, nach.

Und so weiter.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Transformation des Energiesystems findet weltweit statt und nimmt Fahrt auf. Während wir hier debattieren, haben das die sächsischen Akteure der Energiewirtschaft bereits begriffen. An den historischen Standorten der Braunkohlekraftwerke werden längst Gaskraftwerke geplant, die perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden. In Leipzig ist ein erstes solches Kraftwerk bereits in Betrieb und deckt einen Teil der Fernwärme ab.

Die EnBW hat vor wenigen Wochen verkündet, dass sie 2028 vollständig aus der Kohle aussteigen und sich voll auf nachhaltige Energieerzeugung fokussieren wird. Auch die LEAG plant mit der Gigawatt-Factory einen massiven Ausbau von Erneuerbarer Erzeugungskapazität.

All das ohne ordnungsrechtliche Zwänge, sondern einfach weil der Markt sich in diese Richtung entwickelt.

Unsere zentrale Aufgabe in der Landespolitik ist also, den ohnehin stattfindenden Wandel zu begleiten und in geordnete Bahnen zu lenken.

Deswegen haben wir uns beispielsweise zum Zwei-Prozent-Flächenziel für Windkraft bekannt und auch klare Regeln für den Ausbau von Wind im Wald festgelegt.

Deswegen setzen wir uns für den Ausbau der Photovoltaik ein und wollen, dass Sachsen das Herz einer neuen europäischen Solarindustrie wird.

Deswegen begleiten wir auch den Wasserstoffhochlauf und viele weitere Baustellen.
Und, auch das dürfen wir nicht vergessen: Die Generationenaufgabe der Restaurierung der Bergbauregionen wird uns noch lange nach Ende der Kohleverstromung beschäftigen.
Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Kosten von den Unternehmen getragen werden, die Jahrzehnte lang von der Zerstörung von Natur und Landschaft profitieren durften.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Selbstverständlich lehnen wir den Antrag ab.