Datum: 03. April 2025

Haushaltsentwurf 2025/26 – Schubert: Ein Werk der Zerstörung, das in dieser Form für uns nicht zustimmungsfähig ist

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zur Einbringung des Haushaltsentwurfs für die Jahre 2025/26 (Drs 8/2150, Drs 8/2151, Drs 8/2152)

12. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 03.04.2025, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

hier wird heute ein Haushaltsentwurf eingebracht, der inakzeptabel ist. Es ist ein Werk der Zerstörung, das in dieser Form für uns nicht zustimmungsfähig ist. Wenn dieser Haushalt so kommt, dann würde er gravierende Schäden hinterlassen und diesem Land und vielen Menschen die Perspektive nehmen.

Nachhaltige Finanzpolitik bedeutet mehr als nur kurzfristige Einsparungen. Sie bedeutet, Vorsorge zu treffen – für die kommenden Jahre und für künftige Haushalte. Ein Haushalt, der Zukunft ermöglicht, investiert klug, nutzt die vorhandenen Spielräume und verhindert, dass zukünftige Generationen unter den heutigen Fehlentscheidungen leiden.

Es braucht sehr grundhafte Änderungen an diesem Entwurf. Unsere BÜNDNISGRÜNE Mindestanforderung für weitere Verhandlungen ist, dass die Grundgesetzänderung, die auf Bundesebene erfolgt ist, in diesem Haushalt genutzt wird. Die Möglichkeit, Kredite für Investitionen aufzunehmen, um unserem Land Luft zu verschaffen, muss genutzt werden. Kosmetische Änderungen werden die vielen Kürzungen und deren dramatische Auswirkungen nicht heilen. Ein Ausspielen einzelner Bereiche gegeneinander werden wir nicht mitmachen.

Es werden Kürzungen vorgeschlagen, ohne dass eine politische Folgekostenabschätzung erfolgt ist. „Schonbereiche“? Lippenbekenntnisse! Kinder und Jugendliche, Kultur, Bildung, Sport, Integration – sie alle werden gerupft. Auch das Herunterbeten von „gleichbleibenden Ansätzen“ ist eine Mogelpackung, denn de facto bedeutet das in zahlreichen Bereichen Kürzung, z.B. in der Schulsozialarbeit oder bei den Freiwilligendiensten.

Der Ministerpräsident sagte, mit Kulturkürzungen konsolidiert man keinen Haushalt. So ein krasser Widerspruch zu dem, was jetzt hier vorgelegt wird. Ich zitiere den Geschäftsführer der Mittelsächsischen Theater und Philharmonie gGmbH: „Von einer so hohen Zuschusskürzung gegenüber einem Vorjahr mit Bekanntgabe erst im laufenden Haushaltsjahr habe ich in meiner langjährigen Theaterlaufzeit noch nie zuvor in Deutschland gehört und das stellt eine grobe Missachtung der Leistungen der Theater in den ländlichen Bereichen dar.“ Den Einrichtungen fehlen für beide Haushaltsjahre über 25 Millionen Euro! Investmittel für die Kulturräume: auf null gesetzt.

Die umfangreichen Kürzungen treffen die Mitte der Gesellschaft – die Menschen, die das Land zusammenhalten. Die Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die tagtäglich in sozialen Projekten, in der Feuerwehr, in Sportvereinen und Kulturinitiativen für unsere Gesellschaft arbeiten, werden im Stich gelassen. Die vielen Strukturen, die für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgen, von der Demokratieförderung über Integrationsprojekte bis hin zur Bildung, werden ausgehöhlt. Sie alle sind es, die unser Land zusammenhalten – und genau sie werden jetzt von diesem Haushaltsentwurf getroffen.

Wie kann man in solchen Zeiten bei Bildung, jahrelang aufgebauten Netzwerken, bei Integration, älteren und behinderten Menschen, den Rotstift ansetzen? Wo leben Sie denn bitte, dass Sie so etwas vorschlagen?

Die CDU will die Partei des ländlichen Raums sein? Mit diesem Entwurf trifft es insbesondere die ländlichen Räume!

Und währenddessen fließen weitere Steuergelder in dauerdefizitäre Beteiligungen wie die MFAG ohne echtes Konsolidierungsmanagement. Schon allein vergangenes Jahr wurden rund eine halbe Milliarde inklusive Landesbürgschaft reingepumpt – mit diesem Steuergeld könnte man so viel im Haushaltsentwurf verbessern. Man könnte komplett den Sozial- und Kulturbereich damit retten – das ist nicht vermittelbar, dass Sie das eine tun und das andere opfern.

Und dann der Fetisch Straßenneubau: Eigentlich hieß es „Erhalt vor Neubau“, doch anstatt Brücken zu sanieren oder für mehr Radwege zu sorgen, wird neu zugeteert!

Statt einer mittelfristigen Entlastung der Finanzen durch einen anderen staatlichen Hochbau wird aus purem Hass gegen alles, was einen grünen Anstrich hat, zurück in den Hinterwald marschiert! Wenn Sie schon konsolidieren wollen, dann schaffen Sie endlich Ordnung im Förderdschungel, stellen Sie auf Darlehen um, senken Sie die Förderquoten und setzen Sie Anreize. Da würden Millionen frei – und sie kämen sogar zurück.

Nochmal zum Thema finanzielle Vorsorge: Klimaschutz und Naturschutz? Findet nicht statt in diesem Entwurf. Der Deutsche Wetterdienst informierte, dass 2024 das wärmste Jahr seit Beginn regelmäßiger Messungen war. Und was macht die Staatsregierung? Die Vorhaben lesen sich wie ein Best-Of dessen, was man nach dem neuen Hitzerekord-Jahr 2024 auf keinen Fall tun sollte:

  • Kein neues Geld für den Klimafonds – damit fehlen Mittel für Hochwasserschutz, Wasserversorgung, Dürrevorsorge und Energiesparmaßnahmen.
  • Einstampfen der Kommunalen Klimamillion – 2023/24 erhielten unsere Kommunen 26 Millionen Euro finanzielle Unterstützung, die sie weiterhin benötigen, um anzupassen und damit Kosten in der Zukunft zu senken.
  • Kleinlich-peinlich: Die Abschaffung des eku-Zukunftspreises – ein beliebtes und wirksames Programm für soviel Gutes und Nachhaltiges. Aber ja, ein Zurück zum Sächsischen Umweltpreis aus den 1990ern ist da natürlich eine echte Weiterentwicklung. Nicht.
  • Verbraucherschutz: massiv beschnitten, Motivlage noch zu klären.
  • Tierschutz: nahezu ausradiert.
  • Kürzungen bei Klimaschulen, Fassaden- und Dachbegrünung sowie Jungbaumpflege – Klimaschutz zum Mitmachen? Das war einmal!

Latent irre sind dann noch die Kürzungen bei der Waldbrandbekämpfung. Der Innenminister hofft offenbar, dass es in den nächsten zwei Jahren keinen Waldbrand gibt. Doch Hoffnung löscht keine Brände! Die Haushaltsmittel für den Erwerb von Waldbrandbekämpfungstechnik wurden um mehr als 2,5 Millionen Euro gekürzt – eine katastrophale Fehlentscheidung!

Weitere Beispiele gefällig für den Unsinn, der hier verzapft wurde?

Für Sachsens Senioren wird Wohnen teurer. Die Staatsregierung will die Förderung für Wohnungsumbauten für mobilitätseingeschränkte Menschen fast vollständig streichen – von 15 auf 1 Million Euro jährlich!

Kein neues Geld für die Eigentumsbildung von Familien. Gerade im ländlichen Raum wird dieses Programm dringend benötigt – jetzt soll es massiv gekürzt werden.

Integrationsarbeit? Drastische Kürzungen! Das betrifft den kommunalen Bereich, die Zivilgesellschaft, Sprachkurse und Erstorientierungskurse.

Und die extremen Kürzungen im Bereich Demokratieförderung sind ein herber Rückschlag. Die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere im ländlichen Raum, werden massiv beschnitten. Demokratie ist eine Gemeinschaftsaufgabe! Die Kürzungen in diesem Bereich setzen ein fatales Signal.

Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben wir unter schwierigen Bedingungen – sei es die Corona-Krise oder die Energiepreiskrise – gute Haushalte verhandelt, erträgliche vorläufige Haushaltsführungen ermöglicht und neue Wege eingeschlagen. Es gab eine gute Grundlage. Dieser Entwurf zerstört vieles, was wir aufgebaut haben.

Nachhaltige Finanzpolitik bedeutet, jetzt so zu handeln, dass künftige Generationen nicht mit den Folgen schlechter Entscheidungen kämpfen müssen. Sie bedeutet, in den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bewahrung unserer Schöpfung zu investieren, statt Strukturen zu zerstören, die das Fundament unserer Gesellschaft bilden und Vorsorge treffen.

Wir lassen uns als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weder auf ein Ausspielen verschiedener Bereiche noch auf kosmetische Änderungen ein. Wenn Sie unsere Zustimmung wollen, dann muss sich sehr grundhaft etwas verändern; im Mindesten muss die Kreditaufnahme ermöglicht werden. Dieser Haushaltsentwurf ist ein Akt der Bösartigkeit und keine Verhandlungsgrundlage. Es werden schwierige und harte Verhandlungen.