Handwerk stärken – Liebscher: Für uns ist die Gleichbehandlung von handwerklicher und akademischer Ausbildung zentral
Redebeitrag des Abgeordneten Gerhard Liebscher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der AfD-Fraktion: „Zeit zu handeln – Das Handwerk stärken und von Bürokratieaufwand entlasten“ (Drs 7/16209)
89. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 12.06.2024, TOP 24
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,
es ist unerlässlich, dass wir die Attraktivität der beruflichen Ausbildung und Unternehmensgründung im Handwerk weiter voranbringen. Nicht ohne Grund haben wir entsprechend in dieser Legislatur den Meisterbonus auf 2.000 Euro verdoppelt.
Doch es ist keine 1:1 Rechnung. Auswertungen von Meisterprämien – so zum Beispiel auch im Fall Bayerns – zeigen keine signifikante Erhöhung der Meister-Absolvent*innenzahlen. Ebenso die vorliegenden Erfahrungen aus Niedersachsen, wo eine Prämie von 4.000 Euro gezahlt wurde. Dies zeigt, dass diese Prämien nicht die gewünschte Wirkung hatten, wenn es darum geht, die Meisterzahlen in Mangelberufen zu erhöhen.
Wie immer ist die Situation eben viel komplexer als durch AfD abgebildet. Der finanzielle Aufwand für die Unternehmensgründung ist ja weitaus höher als die angebotenen Meister-Prämien. In Sachsen bieten wir daher attraktive Darlehensangebote an und auch unsere Gründungsförderprogramme kommen dem Handwerk zugute.
Doch Geld reicht an dieser Stelle nicht aus – die Wertschätzung für unsere Ausbildungsberufe muss gesellschaftlich wieder aufgebaut werden. Das Bewusstsein wächst, welche zentrale Rolle Handwerkerinnen und Handwerker in der Gesellschaft tragen. Das Bewusstsein wächst auch, dass eine Karriere im Handwerk auch finanziell attraktiver sein kann als ein x-beliebiger akademischer Abschluss.
Für uns BÜNDNISGRÜNE ist die Gleichbehandlung von handwerklicher und akademischer Ausbildung zentral – sowohl gesellschaftspolitisch als auch bildungspolitisch. Denn da ist noch Luft nach oben!
Wir wollen die Gleichbehandlung der beruflichen und akademischen Ausbildung erreichen und die Meisterausbildung kostenneutral anbieten. Der Meisterbrief soll nicht erst im Nachhinein prämiert, sondern von Anfang an und für alle Gewerke kostenneutral sein.
Das Aufstiegs-Bafög deckt bereits einen Großteil der Kosten. Und hier müssen wir zielgenau erweitern oder ergänzen. Und dafür braucht es Konzepte und keinen Populismus.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die AfD fordert, die Vorverlegung der Sozialversicherungsbeiträge wieder rückgängig zu machen. In Sachen Bürokratie mag das verständlich sein, wenn auch von vielen Unternehmen die Berechnung am Monatsende durch entsprechende Software gelöst wird.
Doch was Sie nicht darstellen ist: Wie schließen Sie die Lücke von 27 Milliarden, die Sie damit in den Sozialkassen reißen? Es ist halt immer leichter, laut zu schreien als still zu machen.
Bürokratieabbau ist eine Sisyphusarbeit – und sie muss getan werden! Jahrzehnte ressortspezifischer Vorgaben lassen sich nicht im Handumdrehen bereinigen. Daher haben wir gerade auf Bundesebene mehrere Initiativen laufen oder verabschiedet, die konkret entlasten. Mit dem Wachstumschancengesetz des Bundes wurden die Buchführungspflichten angehoben, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, von 600.000 auf 800.000 Euro.
Die Verwaltungsvereinfachung erfordert ressortübergreifende Zusammenarbeit, Digitalisierung der Verwaltungsprozesse und gemeinsame Lösungen auch im Austausch der Länder und Kommunen zu finden.
Bundeswirtschaftsminister Habeck hat mit kleinteiligen Praxischecks ein Angebot gestartet, was tiefgreifend und branchenspezifisch zu Bürokratieabbau führt. Wir BÜNDNISGRÜNE wollen die Praxischecks nach Sachsen holen und die Kommunikation der Verwaltung mit der Praxis verstärken.
Wir halten die AfD-Lösungen für verkürzte Scheinriesen und lehnen den Antrag ab.