Finanzausgleichsgesetz – Schubert: Nichtstun im Klimaschutz ist mit einem besonders großen Risiko für kommunale Haushalte verbunden

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung „Viertes Gesetz zu den Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat Sachsen und seinen Kommunen“ (Drs 7/10439)
55. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Montag, 29.08.2022, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

den Entwurf zum Finanzausgleichsgesetz hat das Finanzministerium mit den kommunalen Spitzenverbänden ausgehandelt.

Die finanziellen Rahmenbedingungen für die kommunale Familie sind in den nächsten zwei Jahren recht gut. Die Kommunen sind den Zahlen nach finanziell gut durch die Pandemiejahre gekommen. Trotzdem machen die genannten Krisen um die Kommunen keinen Bogen und wirken sich auf kommunale Haushalte aus.

Ich möchte beim FAG meinen Fokus auf das Thema Klimaschutz setzen. Ob im Katastrophenschutz, in der Hochwasserbekämpfung, der Trinkwasserversorgung oder der Beseitigung von Sturmschäden – es werden vor allem Kommunen sein, welche die Kosten des Klimawandels zu tragen haben.

„Wer sparen will, muss investieren“ – mehr als eine Binsenweisheit. Denn: Große Einsparpotenziale schlummern in der kommunalen Gebäudesubstanz, die durch Investitionen erschlossen werden können. Wir müssten längst weiter sein, aber so schlägt eben die Energiepreisentwicklung in krasser Härte bei den Bewirtschaftungskosten unserer sozialen Infrastruktur durch. Die Kosten für Strom, Gas und Wärme, die für Theater, Bibliotheken, Schulen, Kitas usw. ausgegeben werden, werden überall dort zu einer unkalkulierbaren und womöglich auch unbezahlbaren Größe, wo eben nicht in Anpassungsmaßnahmen investiert wurde. Nichtstun im Klimaschutz ist daher mit einem besonders großen Risiko für kommunale Haushalte verbunden.

Gerade die kommunale Energiewirtschaft, u.a. die kommunalen Stadtwerke, steht vor den größten Herausforderungen ihrer Geschichte. Im Spannungsfeld zwischen Wettbewerbsdruck und Klimaschutz müssen sie einen Weg finden, sich einerseits dem Wettbewerb zu stellen und andererseits ihren Aufgaben, für die Lebensqualität in den Kommunen zu sorgen und zum Klimaschutz beizutragen, nachzukommen.

Stadtwerke können mit Klimaschutz ein Geschäftsfeld entwickeln, in dem sie selber die regenerativen Energiepotenziale vor Ort erschließen und den Kunden beim Energiesparen helfen. Eine solche Unternehmensausrichtung trägt dem modernen Leitbild des „Public Value“ Rechnung, welches im Gegensatz zum „Shareholder Value“, der sich ausschließlich einer Steigerung des unternehmerischen Vermögens verpflichtet fühlt, am Wohl der Bürgerinnen und Bürger und der örtlichen Gemeinschaft orientiert ist.

Es ist richtig, dass Entscheidungen zum Klimaschutz meist auf nationaler und internationaler Ebene getroffen werden. Um die Ziele zu erreichen, braucht es aber die Städte, die Landkreise und unsere Gemeinden.

Viele kommunalpolitische Entscheidungsträger:innen haben seit langem die Zeichen der Zeit erkannt. Auch in Sachsen. Sie wollen mit ihren Kommunen einen eigenen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Schaut man deutschlandweit, dann findet man tolle Modellkommunen, die sehr stringent und planvoll unterwegs sind und im kommunalen Alltag Klimaschutz und Energiewende verankert haben. Ich wünsche mir, dass zukünftig mehr sächsische Kommunen darunter sind.

Uns wurde jetzt nun hier in 2022 ein FAG vorgelegt, dass den Kommunen überhaupt keine Unterstützung bietet, ihre Strukturen auf die veränderten Umweltbedingungen anzupassen. Das Finanzministerium schließt es explizit aus und scheut auch nicht die Mühen, hausintern Menschen damit zu beschäftigen, sich Gutachten zu schreiben, was alles dagegen spräche.

Ich bin viel vor Ort unterwegs und auch in den Runden des SSG wird diese Diskussion pragmatisch und auf einem fundierten Niveau geführt. Eine kommunale Klima-Allianz ist dort willkommen und auch Unterstützung gern gesehen.

Paradox: Im Sächsischen FAG 2023/2024 finden sich pauschale Zuweisungen für Straßenbau im dreistelligen Millionenbetrag. Ich sage sehr deutlich in Richtung des Finanzministeriums: Das eine gibt’s nicht ohne das andere.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Dynamisierung der Kita-Pauschale. Hier gibt es von unserer Seite eine Offenheit, genauso wie wir auch anderen Ansätzen eine realitätsnahe Dynamisierung für angemessen halten, beispielsweise im Kulturbereich.

Meine Fraktion empfiehlt nachdrücklich, das Fachsymposium „Kommunale Finanzen“ für Staatsregierung und kommunale Familie fest zu installieren und sich dafür einen professionellen Veranstalter zu suchen. Wir haben bereits beim Symposium im vergangenen März feststellen können, dass wir in Sachsen thematische Diskussionen in einem organisierten und begleiteten Rahmen viel mehr brauchen.

Bei den kommunalen Finanzen braucht es einen Klimaschutzansatz mit Evaluation, den die Kommunen ganz bewusst zur Umsetzung des Energie- und Klimapakets nutzen können. Und wir brauchen Dynamisierungen bei verschiedenen Ansätzen. All das wird zu diskutieren sein und bei all dem dürfen die Kommunen uns an ihrer Seite wissen.