Fahrradoffensive – Meier: Die CDU sollte endlich ihre ideologischen Scheuklappen ablegen und die Notwendigkeit sicherer Radverkehrsbedingungen anerkennen
Redebeitrag der Abgeordneten Katja Meier (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion BÜNDNISGRÜNE: „Fahrradoffensive Sachsen – klimafreundlich und mit Sicherheit ans Ziel“ Drs 8/2100
11. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 26.03.2025, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Landtagspräsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
eigentlich wollte ich diese Rede mit etwas Nettem beginnen, dass Sachsen ein Fahrradland ist, historisch gesehen. Ja, sogar der Ministerpräsident ist mit einem grünen Diamantfahrrad bei der Kulturhauptstadt-Eröffnung auf der Bühne eingerollt und hat auf die Frage, ob er denn auch sonst Fahrrad fährt, stockend geantwortet: „Ich hab ein Fahrrad“…
Ich hätte dann noch gefragt, ob es vielleicht am fehlenden Radweg liegt, dass er lieber zum Bäcker läuft. ABER, werte Kolleginnen und Kollegen, mir vergeht das Scherzen! Und da will ich gar nicht lange herumreden.
Denn das, was wir am Montagabend mit dem Haushaltsentwurf durch die Staatsregierung übermittelt bekommen haben, ist ein verheerender Rückschritt für den Radverkehr in Sachsen.
Lassen Sie mich, bevor ich zu unserem Antrag komme, ein paar Zahlen aufzeigen, die verdeutlichen, wo wir stehen: Im Jahr 2024 betrugen die für den Radverkehr bereitgestellten Landesmittel 25,4 Millionen Euro. Im Vergleich dazu sollen die Landesmittel für den Radverkehr extrem gekürzt werden: In 2025 um 73 Prozent, das sind 18,6 Millionen Euro weniger, und in 2026 um 79 Prozent, dies entspricht 19,9 Millionen Euro! Viele bereits geplante Radwegprojekte drohen im Papierkorb zu landen.
Mit einer Millionen Euro als Baumittel für Radwege an Staatsstraßen in 2026 könnte nur ein Kilometer Radweg gebaut werden. Außerdem werden nur alte Projekte abfinanziert: Kein zusätzlicher Radweg kann gebaut werden. Die Kürzung der Planungsmittel wirkt massiv in die Zukunft: keine neuen Planungen, keine neuen Radwege! Wie können Sie das sehenden Auges zu lassen – werte SPD?
Mit diesem Haushaltsentwurf ist klar, wo CDU und SPD beim Radverkehr stehen. Und es ist klar, wie dringend es unseren Antrag für eine Fahrradoffensive gerade jetzt braucht!
Denn nein, Sachsen ist kein Fahrradland. Sachsen hat zwar eine florierende Fahrradwirtschaft mit 1,5 Milliarden Euro Umsatz und über 10.000 Beschäftigten in 300 Unternehmen – aber Fahrradfahren im eigenen Bundesland?
Es ist eine Blamage, welches Potenzial der Freistaat Sachsen hier liegen lässt. Es ist eine Blamage, wie wenig Bedeutung der Verkehrssicherheit, der besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmer:innen beigemessen wird und welchen geringen Stellenwert die Umsetzung des Verkehrssicherheitsprogramms hat. Denn genau hier steht es ja drin: Ein durchgehender und sicherer Radweg ist kein nice-to-have, sondern wichtige Verkehrsinfrastruktur, um Mobilität klimafreundlich zu ermöglichen und Leben zu schützen.
Die Menschen in Sachsen wollen Fahrrad fahren und sie sollen auch Fahrrad fahren: Aber die Menschen in Sachsen können nur sehr eingeschränkt sicher im Alltag Radfahren. Und Kinder schon gleich gar nicht. 75 Prozent der Sachsen fühlen sich beim Radfahren gefährdet. Denn an vier von fünf Staatsstraßenkilometern gibt es keinen Radweg.
Es gibt in Sachsen kein durchgehendes überörtliches Radverkehrsnetz, welches die zentralen Orte, die Oberzentren mit den Mittel- und Grundzentren (im Antrag Unterzentren) in Sachsen sicher miteinander verbindet. Was wir vor Ort und in den Konzepten haben, ist ein Stückwerk, geboren aus Schnellschüssen und einem kommunalen Wünsch-Dir-Was, aber keine ausgereifte übergeordnete Planung aus Landessicht.
Das wollen wir mit diesem Antrag ändern! Dass ein sicheres und lückenloses Radwegenetz nicht über Nacht entstehen kann, ist uns BÜNDNISGRÜNEN bewusst. Unser Ziel, dieses Radwegenetz bis 2035 anzubieten, ist ambitioniert, besonders unter aktuellen Rahmenbedingungen. Aber auch daran lässt sich arbeiten, wenn es politisch gewollt ist.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,
mit dem hier vorliegenden Antrag haben wir einen umfassenden ersten Aufschlag zur Förderung des sicheren Radverkehrs im Freistaat vorgelegt, aber das Rad auch nicht neu erfunden.
Insbesondere die Punkte 1 und 2 sind an das Verkehrssicherheitsprogramm des Freistaates angelehnt und für die Ausweitung der Radverkehrsförderung der Kommunen Erfolgsprojekte aus anderen Bundesländern einbezogen. Alles kein Hexenwerk!
Ich kann nur immer wieder an die CDU appellieren, ihre ideologischen Scheuklappen endlich abzulegen und die Notwendigkeit guter, sicherer Radverkehrsbedingungen anzuerkennen und diese endlich umzusetzen.
Stimmen Sie diesem Antrag zu – bessern Sie den Haushalt nach! Dann hat vielleicht auch Sachsens Ministerpräsident Lust auf die Fahrradfahrt zum Bäcker und nicht nur in Chemnitz auf der Bühne.