EU-Asyl-Paket – Čagalj Sejdi: Anstatt Angst und Panik zu verbreiten, müssen wir an konstruktiven Lösungen arbeiten

Redebeitrag der Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist Augenwischerei – EU-Asyl-Paket nachverhandeln“ (Drs 7/14360)
76. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 20.09.2023, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kollegen und Kolleginnen,

Menschenrechte für Geflüchtete werden seit Jahren kontinuierlich ausgehöhlt und abgebaut. Und anstatt etwas dagegen zu unternehmen, wird diese grauenvolle Entwicklung noch verstärkt. Menschen werden davon abgehalten, ihr Menschenrecht auf Asyl und ihr europarechtlich eingeräumtes Recht auf internationalen Schutz in Anspruch nehmen zu können.

Es wird in Kauf genommen, dass Menschen auf der Flucht nach Europa sterben.

Es wird in Kauf genommen, dass Despoten an den Europäischen Außengrenzen zu Partnern gemacht werden, damit Menschen ihren Fuß nicht auf europäischen Boden setzen.

Es wird in Kauf genommen, dass Menschen durch diese Regime gefoltert werden.

Es wird in Kauf genommen, dass ihnen der Zugang zu rechtsstaatlichen Verfahren erschwert wird.

Um wirklich etwas dagegen zu tun, um mehr Menschlichkeit zu schaffen, um Flucht zu verhindern, brauchen wir eine gemeinsame europäische Lösung.
Doch GEAS ist in seiner jetzt verhandelten Form ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Die nun vorliegende Vereinbarung macht viele der eben genannten Praktiken zu geltendem Recht.

Künftig soll es Grenzverfahren geben das ist keine Lösung für mehr Humanität. Davon werden nach einer Simulation der Kommission ein Drittel der Ankommenden betroffen sein.
Wir reden hier von der faktischen Inhaftierung von Menschen und insbesondere auch von Kindern!

In diesen Grenzverfahren werden Beratung und anwaltliche Betreuung nicht gewährleistet sein. Und es besteht nur unzureichender Rechtsschutz, da Klagemöglichkeiten eingeschränkt und Abschiebungen trotz laufender Verfahren möglich sein können.

Das Konzept des sicheren Drittstaates soll ausgeweitet werden. Es reicht dann, dass die Flucht durch solch einen Drittstaat erfolgt ist. Dann können die Menschen im beschleunigten Verfahren dorthin zurück abgeschoben werden. Damit steigt die Gefahr von Kettenabschiebungen zurück in den Verfolgerstaat massiv an.

Ich sehe die Einstufung als sichere Staaten grundsätzlich sehr kritisch. Sie pauschalisieren und es bleibt die begründete Gefahr, dass Fluchtgründe, wie zum Beispiel die Verfolgung von Minderheiten, nicht mehr beachtet werden, darauf weißt im Falle der Republik Moldau zum Beispiel auch der Zentralrat der Sinti und Roma hin.

Das Grundrecht auf Asyl ist ein individuelles Recht. Der oder die Verfolgte wird verfolgt unabhängig davon, ob nur 10 oder 100.000 Menschen in diesem Land ähnliches erleben. Stuft man ein Land als sicher ein, wird es für die wenigen, die verfolgt werden, unendlich schwer, Schutz zu erhalten.

Anstatt Angst und Panik zu verbreiten und zu problematisieren, müssen wir an konstruktiven Lösungen arbeiten.

Ja, die Kommunen stehen vor großen Herausforderungen, davor verschließe ich nicht die Augen. Ich verstehe die Sorgen und ich nehme sie ernst. Doch anstatt darüber zu debattieren warum, ob oder weshalb wir Menschen aufnehmen, sollten wir uns viel mehr über das WIE Gedanken machen. Denn Menschen kommen, ob es ihnen gefällt oder nicht. Doch anstatt Zeit und Kraft in diese vergifteten Debatte zu verlieren, sollten wir darüber sprechen,

WIE wir Geflüchtete in Sachsen aufnehmen und integrieren wollen und WIE wir gemeinsam in Sachsen leben wollen.