Datum: 13. Februar 2025

Bildung – Melcher: Wir setzen auf echte Lösungen, statt Kinder und Jugendliche gezielt aus dem Bildungs- und Gesellschaftssystem auszugrenzen

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Schulen am Limit – Qualität der Bildung sichern“

8. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 13.02.2025, TOP 4

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

der uns vorliegende Antrag der AfD-Fraktion offenbart einmal mehr ein erschreckendes Maß an Kurzsichtigkeit in der sächsischen Bildungspolitik.

Unter dem Deckmantel der „Rettung der Bildungsqualität“ werden hier Maßnahmen präsentiert, die nichts anderes als Ausgrenzung der Schwächsten in unserer Gesellschaft zum Ziel haben und nicht, wie es der Titel des Antrages proklamiert, die Qualität der Bildung in Sachsen zu retten.

Ich möchte im Folgenden kurz erläutern, warum dieser Antrag nicht zu den Lösungen beiträgt, die unser Bildungssystem benötigt.

Die AfD fordert in ihrem Antrag die Aussetzung der Schulpräsenzpflicht für Kinder, die sich nach ihrem Wortlaut „unberechtigt“ in Sachsen aufhalten. Ihre Betreuung soll durch Volkshochschulen und Gemeinwesenzentren erfolgen.

Diese Maßnahme wird begründet durch die Überlastung des Schulsystems aufgrund ungebremster Zuwanderung, den massiven Anstieg der Schülerzahlen und des Migrantenanteils.

Die Forderung ignoriert nicht nur die Tatsache, dass weder Volkshochschulen noch Gemeinwesenzentren für eine solche Aufgabe personell und strukturell ausgerichtet sind, sondern auch den verfassungsmäßigen Bildungsauftrag der Schulen.

Ebenso fragwürdig ist die Forderung nach einer generellen Ausnahme von der Schulpräsenzpflicht für ukrainische Kinder und Jugendliche, die statt eines Schulbesuches und der damit verbundenen Integration, reinen Online-Unterricht nach ukrainischem Lehrplan erhalten sollen.

Dies beschneidet diese Kinder und Jugendliche massiv in der sozialen Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit und verstößt geltendes Recht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Antrag stellt mit seiner vereinfachten Logik die Zuwanderung als Hauptursache für die Überlastung des Schulsystems dar.

Aber Tatsache ist doch, dass es eine Vielzahl von Faktoren gibt, die zu Herausforderungen in unserem Bildungssystem führen und unabhängig von Zuwanderung bestehen: Aktuell fehlen über 3.300 Lehrkräfte an Sachsens Schulen. Hier wäre Zuwanderung auch mal eine echte Chance, in dem wir zugewanderte Lehrkräfte schnelle zu einer Anerkennung als Lehrkraft befähigen.

Auch haben Schulen in ländlichen Regionen oft schlechtere Bedingungen als städtische Schulen. Da würde vielleicht etwas weltoffene Kultur helfen, damit gut ausgebildete Lehrkräfte in die Region gehen.

Und die Schularten sind auch sehr unterschiedlich vom Lehrermangel betroffen. Hier würde es helfen, wenn wir wirklich mal einen Blick auf die Schwächsten werfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
statt diese Herausforderungen wirklich anzugehen, setzt die AfD auf Ausgrenzung und Abschottung. Und es wird Sie nicht verwundern, dass wir BÜNDNISGRÜNE diesen Antrag ablehnen werden.

Wir setzen auf echte Lösungen, anstatt Kinder und Jugendliche aus dem Bildungs- und Gesellschaftssystem gezielt auszugrenzen. Wir setzen auf Integration durch sprachliche Bildung, weil sie der Schlüssel zur erfolgreichen Teilhabe ist. Wir setzen auf den weiteren Ausbau multiprofessioneller Teams, die den Druck auf Schulen erheblich reduzieren.

Zusätzlich braucht es eine Verteilung von Ressourcen für besonders herausfordernde Lagen. Das Startchancen-Programm, das seit diesem Schuljahr läuft, bietet erste Maßnahmen in diese Richtung. 58 Schulen in Sachsen profitieren davon. Das Programm sieht ein Begleit- und Unterstützungsprogramm für Schulen vor. Die Schulen müssen bei der Umsetzung durch das Kultusministerium gut begleitet werden, damit die Schulen die Ressourcen effektiv nutzen können.

Und auch der Beteiligungsprozess „Bildungsland 2030“ war ein erster und wichtiger Schritt zur Verbesserung der Bildungslandschaft in Sachsen. Es ist entscheidend, dass wir diese Programme jetzt auch finanziell untersetzen und enthaltene Ansätze inhaltlich voranbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ja, die Schulen leben in herausfordernden Zeiten, in denen es an personellen und strukturellen Ressourcen oft fehlt. Das ist unbestreitbar. Allerdings ist der AfD-Antrag realitätsfern und rückwärtsgerichtet, da er die Komplexität der Herausforderungen ignoriert. Und er bringt nichts, wirklich nichts voran in der angespannten Situation.

Wir lehnen ab. Vielen Dank!