Bericht zur Lage des sorbischen Volkes – Čagalj Sejdi: Unterstützung des sorbischen Volkes bedeutet nicht nur Förderung der Sprache
Redebeitrag der Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi (BÜNDNISGRÜNE) zum: „Sechsten Bericht der Sächsischen Staatsregierung zur Lage des sorbischen Volkes“ (Drs 7/11063)
78. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 08.11.2023, TOP 13
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen.
Česćeny knježe prezidento,
lube koleginy a lubi kolegojo.
Wjeselu so, zo činimy temu Serbowki a Serbja dźensa k wažnej naležnosći na našim plenarnym posedźenju a zo budźemy jako Sakski sejm wujasnić, kajku wažnu rólu serbski lud pola nas w Sakskej ma.
Ich freue mich, das wir das Thema Sorbinnen und Sorben heute zu einem wichtigen Anliegen in unserer Plenarsitzung machen und dass wir als Sächsisches Parlament deutlich machen werden, welch wichtige Rolle das sorbische Volk bei uns in Sachsen spielt.
Dies war leider nur ein erster Satz von mir auf Sorbisch. Aber ich hoffe, dass mir bei einem nächsten Wortbeitrag mehr gelingen wird. Ohnehin wäre es meiner Meinung nach schön, wenn wir das Sorbische viel häufiger bei uns im Parlament hören würden und nicht nur zum Bericht über die Lage des sorbischen Volkes.
Denn eine Sprache lebt erst dann richtig, wenn sie überall und ständig gesprochen wird und an ihrem Erhalt alle gemeinsam arbeiten und er allen wichtig ist. Dass die sorbische Sprache in Sachsen immer noch präsent ist, ist in erster Linie der Verdienst aller Sorbinnen und Sorben, die sie sprechen und mit uns Nicht-Sorben teilen.
Es ist aber auch ein Ergebnis von Maßnahmen und Ideen zum Erhalt, die in den vergangenen Jahren gemeinsam mit den Vertretern der Sorbinnen und Sorben entwickelt und umgesetzt wurden. Dass wir hier auf einem guten Weg sind, zeigt uns der Bericht.
Doch wie immer geht natürlich auch noch mehr und besser:
In der Anhörung zum Bericht wurde zum Beispiel sehr deutlich, dass das Problem des Lehrkräftemangels an sorbischen Schulen noch nicht behoben werden konnte. Ja, Lehrkräftemangel ist ein allgemeines Problem in Sachsen derzeit. Doch für die sorbischen Schulen ist es essenziell. Denn was ist eine sorbische Schule ohne sorbischsprachige Lehrkräfte?
Wir hatten in der Vergangegenheit Anstrengungen zur Lehrkräftegewinnung – zum Beispiel aus Tschechien. Doch was ist daraus geworden? Von 30 Interessenten wurde letztendlich nur eine Person eingestellt. Woran lag es? Wurde das ausgewertet? Was waren die Hürden, die die tschechischen Lehrkräfte davon abhielten, in Sachsen tätig zu werden?
In Gesprächen habe ich erfahren, dass es auch an den bürokratischen Hürden zur Anerkennung lag. Der Prozess lief zu lang und zu kompliziert – Interessenten sind abgesprungen.
Wenn wir wirklich Lehrkräfte für sorbische Schulen gewinnen wollen, dann müssen wir das auch mit ganzem Herzen angehen, dann müssen wir die bürokratischen Verfahren beschleunigen, Schulen und Bewerber*innen besser unterstützen.
Neben den Lehrkräften aus dem Ausland müssen wir aber auch zusehen, wie wir in Sachsen ausgebildete Lehrkräfte für die sorbischen Schulen und die sorbische Sprache gewinnen können, z.B. durch das geplante Stipendienprogramm oder die bereits existierende Maßnahme „Sorbische Sprachschule“ am LaSuB.
Doch würde mich hier interessieren, wie effektiv diese ist. Wie wird das Angebot von Lehrerinnen und Lehrern angenommen? Und wenn es nur wenig angenommen wird, woran liegt es dann? Braucht es vielleicht mehr Anreize für deutsche Lehrkräfte, Sorbisch zu lernen? Wie können wir ihnen den Mehrwert besser vermitteln? Denn zusätzliches Lernen neben der Lehrtätigkeit bedeutet gerade in der heutigen Zeit auch mehr Stress und Arbeit für Lehrkräfte.
Wenn wir mehr sorbischsprachige Lehrkräfte wollen, müssen wir das Erlernen der sorbischen Sprache auch entsprechend bewerben und Engagement belohnen.
Wir haben gute Ideen, wir müssen nur an manchen Stellen an der besseren Umsetzung arbeiten. Unser heutiger Entschließungsantrag und die Debatte zeigen, dass wir es wollen, dass wir es können – lassen Sie es uns also auch mit ganzem Herzen angehen!
Eine Maßnahme, die ich sehr gut finde, ist das Servicebüro für sorbische Sprache. Es bringt die Zweisprachigkeit in den Siedlungsgebieten in die Öffentlichkeit. Es bringt Nicht-Sorbinnen wie mir die sorbische Sprache näher und macht sie zur Gewohnheit für uns alle. Bei dem Servicebüro können sich Kommunen zur Umsetzung er Zweisprachigkeit und zum Einsetzen der sorbischen Sprache beraten lassen und die vom Land zur Verfügung stehenden 5.000 Euro entsprechend einsetzen. Dass das bereits zu guten Erfolgen geführt hat, zeigt sich, wenn man in die sorbischen Ortschaften und Städte kommt. Wir müssen diese Unterstützung unbedingt erhalten und auch immer wieder überprüfen, ob die zur Verfügung gestellten Gelder hier ausreichen.
Ich will aber an dieser Stelle nicht nur über Sprache sprechen – auch wenn ich gerne zugeben, dass mir der Erhalt und die Weiterentwicklung von Sprache, insbesondere der sorbischen Sprache, sehr am Herzen liegt.
Doch Unterstützung und Förderung des sorbischen Volkes bedeutet nicht nur Förderung der Sprache. Die Sprache ist nur ein Teil dessen, was die Sorbinnen und Sorben ausmacht. Sorbinnen und Sorben sind ein wichtiger Teil unseres Freistaates, unserer sächsischen Kultur. Wir haben als Freistaat ein Sorbengesetz, das genau diese Tatsache unterstreicht. Und wir haben unsere Verantwortung auch in der sächsischen Verfassung verankert. Das ist gut so und es ist wichtig, dass wir das auch immer im Blick haben.
Es ist viel mehr: Es geht um Rechte und um gleichberechtigte Partizipation.
Wir unterstützen als Freistaat die sorbische Domowina als Dachverband und die Stiftung des sorbischen Volkes, im Landtag haben wir einen Rat für sorbische Angelegenheiten, der zu allen Angelegenheiten des Landtags, die Sorben betreffen, berät.
Die Frage, die ich mir aber oft stelle, ist die, ob die Angelegenheiten, die wir bisher als die Sorben betreffend angesehen haben, nicht ausgeweitet werden müssen?
Sie dürfen sich nicht nur auf das angestammte Siedlungsgebiet beziehen. Sorbinnen und Sorben leben auch in Leipzig Dresden oder Chemnitz. Sie bringen auch dort Perspektiven ein, engagieren sich, haben Kinder, die in die Schule gehen, die ihre Sprache erhalten wollen. Wir müssen den Blick weiten, Sorbinnen und Sorben leben und partizipieren in ganz Sachsen und müssen auch ihre Perspektiven überall einbringen können. Wir müssen darüber nachdenken, inwieweit wir sorbische Interessen auch über das Siedlungsgebiet hinaus fördern können. Welche Vorlagen und Themen über das bisherige hinaus im Rat wichtig sein könnten.
Denn das Fördern ist die eine Seite. Die andere ist die Bereicherung, die uns die Sorbinnen und Sorben mit ihrer Kultur, ihren Erfahrungen und ihrer Sprache bieten. Diese müssen wir weiterhin fördern und ausbauen.