Anpassung von Vorschriften mit Bezug zur Justiz – Lippmann: Wir schaffen erstmals einen konkreten Vergütungsanspruch für Betreuungsvereine
Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Zweites Gesetz zur Anpassung von Vorschriften mit Bezug zur Justiz“ (Drs 7/10184)
62. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 15.12.2022, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
mit dem Zweiten Gesetz zur Anpassung von Vorschriften mit Bezug der Justiz nehmen wir wichtige landesrechtliche Anpassungen vor, welche zum einen aufgrund der Betreuungsrechtsreform auf Bundesebene nötig sind. Zum anderen werden aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben durch das Deutsche Richtergesetz die Änderungen im Juristenausbildungsgesetz zum Teilzeitreferendariat umgesetzt. Beides tritt am 1. Januar 2023 in Kraft, weswegen hier auch Eile geboten ist.
Der Gesetzesentwurf fokussiert sich im Wesentlichen auf die Finanzierung von Querschnittsaufgaben der Betreuungsvereine. Es geht also nicht originär um Fragen des Betreuungsrechtes. Diese waren durch den Bund zu klären.
Betreuungsvereine sind die Anlaufstelle für ehrenamtliche Betreuer und Betreuerinnen. In Sachsen gibt es rund 28.000 ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer. Sie klären die rechtlichen Angelegenheiten für die Menschen, welche dazu aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage sind und übernehmen damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.
Was macht so ein Betreuungsverein überhaupt? Nach Paragraf 15 Betreuungsorganisationsgesetz informieren sie über Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und zukünftig auch über Patientenverfügungen und allgemeine betreuungsrechtliche Fragen für ehrenamtliche Betreuer und Betreuerinnen – auch solche, die von Gericht bestellt sind. Sie bieten Fortbildungen zu den Themen an, beraten und unterstützen und schließen Vereinbarungen ab. Sie sind damit eine der zentralen Anlaufstellen für Betreuerinnen und Betreuer.
Mit dem vorliegenden Gesetz schaffen wir nun erstmals einen konkreten Vergütungsanspruch für Betreuungsvereine, um diese Aufgaben wahrzunehmen. Das ist eine wesentliche Verbesserung, denn bisher wurden diese nur durch Fördermaßnahmen unterstützt. Gleichzeitig erhöhen wir die Finanzierung. Hier lag Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern bisher auf dem letzten Platz.
Zukünftig steht den Betreuungsvereinen eine Höchstvergütung von 44.000 Euro im Jahr, gedeckelt auf 22.000 Euro pro Halbjahr, zur Verfügung. Abgerechnet wird nach einem vereinfachten Vergütungskatalog.
Die Höhe der Finanzierung war ein wesentliches Thema sowohl in den Anhörungen als auch in der Diskussion im Rechtsausschuss. Im Parlamentarischen Verfahren haben wir die Grundvergütung noch einmal von 5.000 auf 8.000 Euro und die Leistungsvergütungen für den Abschluss von Vereinbarungen von 100 auf 150 Euro erhöht.
Insgesamt stehen im aktuellen Haushalt, den wir in der kommenden Woche verabschieden werden, 1,4 Millionen Euro für 2023 und 2024 zur Verfügung. Im Doppelhaushalt 2019/2020 standen nur 700.000 Euro zur Verfügung. Wir haben die Finanzmittel also verdoppelt.
Wir nehmen dennoch die Sorgen der Betreuungsvereine und Wohlfahrtsverbände ernst. Ob direkt ein „Aus der Betreuungsvereine“ droht (so die Diakonie diese Woche in der Lausitzer Rundschau Hoyerswerda), mag ich angesichts der Verbesserungen aber wirklich zu bezweifeln. Bei allem Verständnis für Kritik, derlei Schwarzmalerei entspricht nicht der Realität einer deutlichen Aufstockung der Mittel. Wir werden aber die Regelung zeitnah evaluieren. Dazu haben wir im parlamentarischen Verfahren den Evaluationszeitraum verkürzt und vorgezogen.
Was die Änderungen der Linksfraktion betrifft. Nun ja, so ist dies wohl eher ein Wunschkonzert. Eine Erhöhung der Grundvergütung pauschal auf 90.000 Euro für kreisfreie Städte und 100.000 Euro für Landkreise bei 32 Betreuungsvereinen ist schlicht haushälterisch nicht leistbar.
Auch ist die Regelung nicht verfassungsrechtlich problematisch, wie im Rechtsausschuss behauptet wurde. Die Überlegung aus der schriftlichen Sachverständigenanhörung verfängt nicht. Es liegt keine Verletzung von Art 3 GG vor, wenn – so die Stellungnahme „betroffene Bürger, die eine ehrenamtliche Betreuung führen, im Freistaat gegenüber anderen Betreuern in anderen Bundesländern [anders behandelt] werden“. Das nennt man Föderalismus. Der Bundesgesetzgeber hat eine einheitliche Rahmenbedingung durch die Betreuungsrechtsreform gesetzt, die Finanzierung der Betreuungsvereine aber bewusst den Ländern überlassen. Das macht die Regelung mitnichten verfassungswidrig.
Zuletzt möchte ich aber noch kurz auf den zweiten Teil – das Teilzeitreferendariat – kommen. Die Forderung nach flexiblen Arbeitszeitmodellen wird auch im juristischen Bereich lauter. Nach Änderung des Deutschen Richtergesetzes muss Sachsen ab dem 1. Januar 2023 ein Referendariat in Teilzeit ermöglichen. So soll es insbesondere für Referendare und Referendarinnen, die Kinder unter 18 Jahren betreuen oder Familienangehörige pflegen, möglich sein, die Zeit des Referendariats auf zweieinhalb Jahre zu verlängern. Genaueres wird dann die Sächsische Juristenausbildungs- und -prüfungsverordnung geregelt. Aus meiner Sicht ist das mehr als ein „Muss“ – es ist zu begrüßen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nun auch im Referendariat besser möglich ist.
Von daher bitte ich um Zustimmung zum Gesetzentwurf. Vielen Dank!