Aktuelle Debatte Wohnen – Löser: Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum bleibt zentrale Aufgabe von Politik

Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Mehr Staat in der Wohnungspolitik wagen: Bezahlbaren Wohnraum schaffen, Mietpreise wirksam bremsen, Wohnungslosigkeit bekämpfen!“
71. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 31.05.2023, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

mehr Staat in der Wohnungspolitik wagen? Die Linksfraktion hat diese Aktuelle Debatte beantragt, aber das Thema ist ja bereits bis in die CDU hinein angekommen:

„Wenn wir bei Transformationsaufgaben in unseren Städten Erfolg haben wollen, dann brauchen wir auch die rechtlichen Instrumente. Das bedeutet, die Städte brauchen ein stadtweites Vorkaufsrecht, sie müssen spekulativer Bodenverwertung Einhalt gebieten können und selbst auch als Akteur auf dem Bodenmarkt handeln können.“

Dieses Zitat stammt aus der Rede von Markus Lewe, dem wiedergewählten Präsidenten des Deutschen Städtetags, den ich letzte Woche in Köln besuchen durfte. Markus Lewe ist Oberbürger­meister von Münster und er ist CDU-Mitglied. Klare Worte aus und in Richtung Politik!

Und auch für eine große Mehrheit der Einwohner in Sachsen ist das Thema Mieten und Wohnen ein wichtiges politisches Thema.

Vorletzte Woche gab es in der Sächsischen Zeitung einen aufschlussreichen Artikel zum Thema Wohnen, in dem eine Umfrage vorgestellt wurde, wie die Einwohner von Sachsen die Wohnungssituation bewerten:

86 Prozent glauben, dass die Wohnungsnot in Großstädten eher zunehmen wird, 67 Prozent gehen davon aus, dass die Mieten steigen werden und – Achtung, jetzt festhalten – 65 Prozent beantworten die Frage „Soll der Staat bei überhöhten Mietpreisen in den freien Wohnungsmarkt eingreifen?“ mit Ja.

Nun kann man sagen „Umfragen, na ja“ – aber ich denke, es zeigt sehr deutlich, wie weit oben das Thema auf der politischen Agenda stehen müsste. Und ja, ich sage es auch gleich: Die Situation in Sachsen ist verschieden, je nach Kommune, je nach Landkreis.

Was können wir hier in Sachsen tun? Was haben wir als BÜNDNISGRÜNE mit unseren Koalitionspartnerinnen CDU und SPD bereits getan?

Wir haben, wenn auch etwas verspätet, die Mietpreisbremse für Leipzig und Dresden eingeführt. Nun kenne ich die Debatte um die Wirksamkeit des Instrumentes. Aber für eine grundlegende Änderung wäre die Bundesregierung zuständig. Nach allem, was ich aus Berlin dazu höre, ist die FDP aber nicht bereit, das Thema konstruktiv anzugehen – das zieht sich ja bei der FDP gerade so durch.

Wir haben auch dieses Jahr den Fördersatz für mietpreisgebunden Sozialwohnungsbau in Sachsen von 3,80 Euro auf 4,80 Euro pro Quadratmeter angehoben. Wir BÜNDNISGRÜNE stehen klar zum Sozialen Wohnungsbau und halten ihn für ein zentrales Element der Wohnungspolitik.

Für den ländlichen Raum möchte ich auf das neu geschaffene Beratungsnetzwerk Dezentrale hinweisen, welches Kleinstgenossenschaften, Umnutzer und Baugemeinschaften im ländlichen Raum berät und unterstützt.

An der Satzung zur Zweckentfremdung arbeiten wir gerade. Da geht es darum, dass Wohnungen, die durch spekulativen Leerstand lange frei stehen oder zweckentfremdet genutzt werden, dem Wohnungsmarkt zurückgeben werden. Jede frei werdende Wohnung in angespannten Wohnungsmärkten hilft den Mieterinnen und Mietern.

Was bleibt zu tun? Vieles, ich möchte nur einige Punkte kurz umreißen.

Der Schlüssel zum günstigen Wohnungsbau ist der Grund und Boden. Die aktuellen Marktbedingungen haben die Bodenpreise in Großstädten und Innenstadtlagen bei extremen Beispielen um mehr als das 50-fache steigen lassen. Dieser Effekt entsteht lediglich durch den Weiterverkauf von unbebauten Flächen, die Wertsteigerung ist also rein spekulativ. Dafür muss noch nicht einmal ein Bagger über das Grundstück gefahren sein.

Eine ZDF-Recherche vom Mai 2022 berichtet über ein Grundstück in Leipzig in der Nähe des Hauptbahnhofes.

2005 wurde es von der Bahn verkauft, für 10 Euro pro Quadratmeter. 2021 kostet dasselbe Grundstück 600 Euro pro Quadratmeter. Warum leisten wir uns das als Gesellschaft? Christoph Gröner, ehemals CG Group, hat so quasi im Schlaf 60 Millionen Euro verdient.

Wir glauben, das dort politische Steuerungsmöglichkeiten ansetzen müssen.

Ein Vorkaufsrecht für Kommunen ist dabei ein ganz zentrales Element. Ulm und Wien sind da seit Jahrzehnten Vorreiter. In Ulm werden alle Flächen durch die Stadt gekauft, dann kommunal überplant und dann erst wieder verkauft. Das ist wichtig für die Sicherung der Interessen der Kommune – wie beispielsweise der Herstellung von bezahlbarem Wohnraum.

Dieses Vorkaufsrecht wurde ja leider 2021 durch das Bundesverwaltungsgericht gekippt. Es braucht jetzt sehr schnell ein neues Gesetz. Und zwar braucht es ein spekulationsbereinigtes Vorkaufsrecht, damit Kommunen auch die Chance auf Erwerb der Grundstücke haben. Der Referentenentwurf ist wohl schon da, aber der FDP-Justizminister blockiert.

Zweite Steuerungsmöglichkeit: Das Thema Grundsteuer als politisches Steuerungsinstrument. Baden-Würtemberg hat als erstes und bisher einziges Bundesland ein eigenes Landesgrundsteuergesetz, welches völlig neue Wege geht und Anreize zur Schaffung von Wohnraum über die Grundsteuer schafft.

Wir denken, die Bodenpolitik ist mittlerweile das zentrale Instrument der Wohnungspolitik und hier unterscheiden sich eben marktliberale Positionen von politisch gestaltenden Positionen im Sinne der Mieterinnen und Mieter.

Nun zum Thema Baukosten. Die Baukosten sind zu hoch. Wenn es darum geht, Baukosten zu senken, beschäftigen wir BÜNDNISGRÜNE uns derzeit sehr intensiv mit Vereinfachungen im Bauwesen. Dafür gibt es beispielsweise den Vorschlag, einen Gebäudetyp E in der Bauordnung zuzulassen oder die Idee der „Umbauordnung“ umzusetzen. Ziel ist es, bei optimiertem Ressourceneinsatz günstiges und gutes Bauen zu erreichen, indem teils sehr hohe Standards auf den Prüfstand gestellt werden.

Dies betrifft übrigens weniger die Gebäudedämmung oder das Heizsystem als vielmehr hohe Anforderungen an beispielsweise Schallschutz oder auch die Pflicht, ein Bestandsgebäude komplett auf den neuesten Stand zu bringen – auch wenn es nur um einen An- oder Umbau geht.

Angesichts der globalen Herausforderungen in puncto Umwelt- und Klimaschutz kann man auch mal diskutieren, wie sinnvoll es ist, dass wir in Deutschland 16 verschiedene Bauordnungen haben.

Für uns BÜNDNISGRÜNE bleibt die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum eine zentrale Aufgabe von Politik, dafür stehen wir und dafür werden wir weiter kämpfen! Danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.