Aktuelle Debatte Waffenlieferungen – Schubert: Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion AfD zum Thema: „Dem Frieden verpflichtet! Diplomatie statt Waffen!“

65. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 01.02.2023, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

eine Debatte über Waffenlieferungen ist – und das kann auch nicht anders sein – immer eine schwierige. Wir haben von Sachsen aus keine außenpolitische Zuständigkeit, aber das Thema beschäftigt die Menschen auch hierzulande. Ich möchte auf drei Punkte eingehen:

  1. Warum ich, warum wir als BÜNDNISGRÜNE Waffenlieferungen an die Ukraine für notwendig erachte;
  2. dass der Kriegstreiber Vladimir Putin heißt;
  3. und das Frieden nur auf Augenhöhe verhandelt werden kann.

1. Waffenlieferungen an die Ukraine:

2014 hat Russland völkerrechtswidrig die Krim annektiert. Und es war ein Armutszeugnis für Europa und die NATO, zu glauben, wenn man Putin das ließe, dann würde es Frieden geben. Was für eine Fehleinschätzung. Seit dem 27. Februar 2022 tobt der Krieg in der Ukraine. Und wir begegnen ihm in den Geschichten und Gesichtern der Menschen, die als Kriegsgeflüchtete zu uns nach Sachsen kommen.

Wer sagt, das ist nicht unser Krieg, der blendet aus, wer die russische Armee und deren Waffen auch mitbezahlt hat. Das war auch Deutschland durch seine fehlgeleitete Energiepolitik und gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas. Milliarden, die zur Vorbereitung des Kriegs dienten, flossen nach Russland.

Die Ukraine leidet unter dem brutalen Angriffskrieg und den Kriegsverbrechen. Und sie hat das Recht auf Selbstverteidigung. Es ist auch unsere Verantwortung als Teil der internationalen Gemeinschaft, ihr bei der Durchsetzung dieses Rechts zu helfen. Waffenlieferungen in begrenztem Umfang halte ich daher für richtig, da sie der Ukraine die Mittel geben, sich zu verteidigen und ihre territoriale Integrität zu schützen. Es ist davon auszugehen, dass Russland eine Frühjahrsoffensive plant. Und darum hat Deutschland zusammen mit seinen Partnern gehandelt, damit die Ukraine den Krieg in den nächsten Monaten eben nicht verliert. Und um es nochmal klar auszusprechen: Es geht um Verteidigung und NICHT um einen Angriff auf Russland und sein Territorium. Russland verteidigt hier nicht sein Land und seine Leute – sondern Russland bombardiert zivile Ziele, zerstört Infrastruktur und will die Ukraine auslöschen. Waffenlieferungen sind in solchen Konfliktsituationen notwendig, um eine angemessene Verteidigung zu ermöglichen. Und dass eben moderne Waffensysteme den Unterschied machen, zeigt sich im Vergleich der Leopard2-Panzer zu Panzern sowjetischer Bauart deutlich.

Einige argumentieren, dass Waffenlieferungen den Konflikt verschlimmern. Ich kann diese Position gut verstehen. Aber es bleibt die Tatsache, dass die Ukraine unter Angriff steht und Russland an der Eskalationsspirale dreht. Für mich ist klar, dass der Krieg nicht dadurch schneller beendet wird, indem wir keine Waffen liefern. Auch für uns BÜNDNISGRÜNE sind das schwere Entscheidungen in der Bundesregierung gewesen. Wir haben in unseren Gründungsstatuten auch „Schwerter zu Pflugscharen“ stehen. Wir wollen keinen Krieg, aber wir unterstützen das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine. Waffen sind dafür notwendig. Bei Waffenlieferungen bleibt aber Vorsicht und Verantwortung geboten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sie nicht in falsche Hände geraten und ausschließlich für Verteidigungszwecke eingesetzt werden. Euphorie ist fehl am Platz und niemandem von uns sollten Waffenlieferungen leichtfallen.

Es ist wichtig, nicht nur auf die militärische Hilfe zu schauen. Auch humanitäre Hilfe und Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte wurden und werden in großem Umfang bereitgestellt. Sachsen hat hier selbst viel getan und mit Material, medizinische Hilfe, Hilfsgeldern, Schutzkleidung und Bergungsmitteln geholfen. Die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter und die andauernde Hilfsbereitschaft sind etwas, worauf wir zusammen stolz sein können und allen, die sich daran beteiligen, sei von Herzen dafür gedankt.

2. Der Kriegstreiber hat einen Namen und zwar Vladimir Putin. Russland ist mitnichten Opfer.

Das Wort Kriegstreiber wird derzeit inflationär benutzt. Es gibt einen, er sitzt im Kreml und sein Name ist Vladimir Putin; ein Ex-KGB-Offizier. Es gibt mehrere Gründe, warum die Argumentation, dass Russland im Ukraine-Krieg gar das Opfer sei, schlichtweg falsch ist. Der Krieg findet ausschließlich auf ukrainischem Territorium statt. Und es gäbe keinen Krieg, hätte Russland ihn nicht begonnen. Daher wundere ich mich darüber, wenn ich in Ostdeutschland gehisste Russlandfahnen sehe und Solidaritätsbekundungen, als wäre Russland hier das Opfer. Das muss eine Art Stockholm-Syndrom sein; anders kann ich mir das nicht mehr erklären. Es darf hier keine Relativierung oder Umdeutungsversuche geben, die das Leid der Menschen in der Ukraine verhöhnen.

Frieden muss immer das Ziel sein, aber dieser Frieden muss eine Qualität haben; es kann ihn nicht um jeden Preis geben. Er muss unter fairen und gerechten Bedingungen erreicht werden. Frieden kann es daher nur geben, wenn die Ukraine als souveräner Staat mit vollständigem Staatsgebiet wiederhergestellt ist. Wer in der jetzigen Zeit einen russischen Diktatfrieden um den Preis der ukrainischen Gebiete propagiert, holt den Krieg näher an uns heran. Unsere europäischen Nachbarn Polen oder die baltischen Staaten mahnen seit Jahren und weisen auf die Gefahr durch Russland hin. Wir teilen eine gemeinsame Geschichte mit unseren osteuropäischen Nachbarn aus der Zeit der Sowjetunion und wir wissen, was russische Hegemonie bedeutet. Wir wollen das nie wieder. Es ist wichtig, dass die internationale Gemeinschaft ein klares Signal sendet, dass ein russischer Diktatfrieden nicht akzeptabel ist.

Dazu gehören auch Reparationsleistungen durch den Aggressor und die völkerrechtliche Aufarbeitung und Bestrafung der Kriegsverbrechen. Friedliche Verhandlungen sind keine Einbahnstraße. Beide Seiten müssen bereit sein, Kompromisse einzugehen, um zu einer friedlichen Lösung zu gelangen. Aber es ist unverzichtbar, dass die Ukraine als gleichberechtigter Partner an diesen Verhandlungen teilnimmt und nicht als unterworfener Staat. Und nicht wir sind es, die der Ukraine zu sagen haben, zu welchen Bedingungen sie Frieden akzeptiert. Trotz internationaler Bemühungen, eine friedliche Lösung zu finden, und ja, natürlich gibt es diplomatische Bemühungen, hat Russland das diplomatische Parkett verlassen und ist bislang nicht wieder zurückgekehrt; es fehlt an der Bereitschaft, auf Augenhöhe zu verhandeln.

Ich möchte in dieser Debatte schließen mit dem Wunsch, dass es bald Frieden geben möge. Aber eben nicht um jeden Preis.