Datum: 12. Februar 2025

Aktuelle Debatte Sport – Lippmann: Gerade bei modernen und nachhaltigen Sportstätten haben wir großen Nachholbedarf

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zur Dritten Aktuellen Debatte der Fraktion SPD: „125 Jahre DFB-Gründung in Leipzig – Nach der Feier kommt die Arbeit: Ehrenamt und Sportvereine stärken“

7. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 12.02.2025, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

wenn eine bedeutende Institution 125 Jahre alt wird, ist das zweifelsohne immer ein Grund zu feiern. Zugleich bergen derart gigantische Jubiläen aber auch die Gefahr, zu sehr auf Erreichtes zu setzen, statt nach vorne zu schauen.

In der Institutionentheorie ist dieses Problem hinreichend bekannt und so ist allen Beteiligten klar, dass es jenseits großer Feiern auch stets Veränderung braucht, um durch Erneuerung für das Bestehen in den nächsten Jahrzehnten zu sorgen.

Deshalb lohnt gerade jetzt ein Blick auf die Forderungen des DFB zur Bundestagswahl, die zu teilen auch eine Vorstellung ermöglichen, wo der Verband hinwill und was der deutsche Fußball in Zukunft vor sich hat. Denn einiges ist wegweisend generell für den Sport in Deutschland.

Dazu gehören zunächst moderne und neue Sportstätten.

Auch in Sachsen ist der Investitionsstau beträchtlich. Der dem Landtag vergangenen Monat übersandte Sportstättenbericht weist einen Investitionsstau von 374 Millionen Euro auf. Dabei will ich hier auch gern festhalten, dass nicht alle Kommunen diese Frage beantwortet haben. Und die Vereine, die wurden gar nicht erst gefragt. Der reale Bedarf ist also viel höher.

Ihr Koalitionsvertrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, möchte gern ein Sächsisches Investitionsprogramm für Sportstätten auflegen. Ich nehme Sie beim Wort. Ich bin gespannt auf den Haushaltsentwurf und habe eine böse Vorahnung.

Moderne und neue Sportstätten müssen auch nachhaltig sein. Hier haben wir auch in Sachsen großen Nachholbedarf:

Nach der aktuellen Sportförderrichtlinie werden Zuwendungen zwar auch unter Berücksichtigung von Klimaschutz und Energieeffizienz gewährt. Punkte, um im Förderranking priorisiert zu werden, erhalten Zuwendungsempfänger aber nur bei einer energetischen Sanierung, wenn eine Reduzierung des Energieverbrauchs durch einen Sachverständigen nachgewiesen wird.

Dabei ist Klimaschutz noch viel mehr als das: Klimaanpassungsmaßnahmen, Dachbegrünungen, Nutzung von Regenwasser, Warmwasseraufbereitung mit Solarthermie, Umrüstung auf LED, programmierbare Thermostate, Multifunktionalität, Einbindung der Sportstätten in Stadteile und Erreichbarkeit der Sportstätte mit dem öffentlichen Nahverkehr.

Wir BÜNDNISGRÜNE waren schon in der vergangenen Legislaturperiode dafür, dass mehr Kriterien der Nachhaltigkeit bei Sanierung und Neubau von Sportstätten berücksichtigt werden.

Der DFB schlägt Energieberatung für Vereine vor. So können Vereine individuell im Rahmen ihrer Finanzmittel Verbesserungen herbeiführen. Wirtschaftlich bringt das vielen Vereinen einen Vorteil. Bei so einem Projekt wären wir BÜNDNISGRÜNE in Sachsen sofort dabei.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
uns allen ist klar: Ohne Ehrenamt kein Fußball. Im deutschen Fußball engagieren sich 1,83 Millionen Menschen ehrenamtlich allein im Fußball. Ohne diese Helfer wären Training und Fußballspiele nicht möglich.

Nicht nur der Bund, der steuerliche Entlastungen für Ehrenamtliche und Vereine beschließen kann, sondern auch Sachsen MUSS ehrenamtliche Arbeit noch mehr anerkennen.

Das Programm „Ehrenamt fördern im Sport“ war ein voller Erfolg. Das Programm war ein BÜNDNISGRÜNER Vorschlag. Hier muss es aus unserer Sicht unbedingt weitergehen.

Bürokratie für Vereine zu reduzieren, ist übrigens ein weiterer Punkt auf der Liste des DFB, den wir dringend angehen müssen.

Wenn man also nach vorne Blick, zeigt der DFB, dass er durchaus die Zeichen der Zeit verständen hat, weit mehr als manche Regierungspartei hier in Sachsen.

Aber das reicht bei weitem nicht aus. Der DFB ist längst nicht da wo er sein könnte: Diversität im Fußball wird zwar versprochen, aber nicht konsequent umgesetzt. Vielfalt und Antidiskriminierung sind im Amateurfußball und auch in den Gremien des DFB rar. Und die Mitte-Studie 2022/23 attestiert hohe Zustimmungswerte bei Fußballfans zu menschenfeindlichen und rassistischen Aussagen.

Fanprojekte setzen hier an. Sie unterstützen junge Fans in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie stärken eine an demokratischen Werten orientierte und selbstbestimmte Fankultur durch Freizeit- und Bildungsangebote.

Der DFB übernimmt die Finanzierung der Fanprojekte zu 50 Prozent. Das gerät derzeit aber in die Schieflage. Die Kommunen und der Freistaat übernehmen zunehmend die steigenden Sach- und Personalkosten. Diese Schieflage muss beseitigt werden, auch mit Blick auf das Damoklesschwert drohender Kostenerhebung für Polizeieinsätze im Fußball.

Der organisierte Fußball darf sich nicht seiner gesellschaftlichen Verantwortung entziehen. Die Förderrichtlinie des DFB und der DFL wird dieses Jahr angepasst. Der DFB muss hier zu seiner Verantwortung stehen und seine Finanzierung an die aktuellen Entwicklungen anpassen.

Ein letzter Punkt: Fußball ist immer noch eine Männerdomäne. Es bestehen sehr viele strukturelle Defizite, die dazu führen, dass Frauen sowohl in den Entscheidungsgremien als auch als Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen weniger Anerkennung bzw. die gleichen Möglichkeiten haben wie Männer.

Nur 4 von 150 Führungspositionen in den Vereinen der 1. und 2. Bundesliga sind mit Frauen besetzt. In den Aufsichtsräten liegt der Frauenanteil bei 10 Prozent.

Frauen fehlen Netzwerke und Mentoren. Frauenfußball erhält weniger Finanzmittel. Frauen brauchen Unterstützung, um Sport, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Und Frauen müssen gleichberechtigt bezahlt werden.

Damit möchte ich schließen. Ich hoffe, dass es nicht bis zur Feier von 150 Jahren DFB dauert, bis wir endlich gleichberechtigten Frauenfußball erreichen.