Aktuelle Debatte Schulsozialarbeit – Melcher: Teamplay in multiprofessionellen Team zum Wohle des Kindes

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte auf Antrag der SPD: „Schule ist mehr als Unterricht. Sechs Jahre Landesprogramm Schulsozialarbeit: ein Erfolgsmodell für Sachsen“
60. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 10.11.2022, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Kollegin Kathleen Kuhfuß hat Recht: Schule ist nicht nur Lern-, sondern Lebensort. Sie muss allen Kindern und Jugendlichen individuell gerecht werden. Wir müssen Schülerinnen und Schüler nicht nur als Lernende, sondern als soziale Personen, als Persönlichkeiten wahrnehmen. Und es ist ein Irrglaube zu meinen, dafür reicht doch die Lehrkraft, um jedes Kind zu fordern und zu fördern.

Erst kürzlich hat die Arbeitszeitstudie der GEW gezeigt: Der Arbeitsalltag von Lehrerinnen und Lehrern wird nur noch zu einem Drittel durch Unterrichten bestimmt. Sogenannte außerunterrichtliche Aufgaben und zusätzliche Tätigkeiten nehmen deutlich zu. Und sie führen in erheblichem Umfang zu Mehrarbeit.

Individuelle Förderung der Kinder und Entlastung der Lehrkräfte – das sind für mich daher die zwei entscheidenden Argumente für multiprofessionelle Teams an Schulen.

Wir brauchen verschiedene Professionen, wir brauchen verschiedene Perspektiven auf junge Menschen!

Neben Schul- und Inklusionsassistenz ist Schulsozialarbeit ein unverzichtbarer Bestandteil dieses Unterstützungssystems. Hinzu kommen Praxisberater und Berufseinstiegsbegleiterinnen. All diese Menschen unterstützen Kinder und Jugendliche. Und sie entlasten gleichzeitig die Lehrerinnen und Lehrer.

So wichtig vielfältige Perspektiven auf das einzelne Kind sind, so wichtig ist aber auch, die verschiedenen Professionen an Schule gut zu koordinieren. Nur durch Zusammenarbeit auf Augenhöhe entstehen Synergien, nur so wird Schule tatsächlich zum Lebensort. Teamplay in multiprofessionellen Team zum Wohle des Kindes, lautet das Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben im Sächsischen Schulgesetz verankert, dass für alle Schularten und Schulstufen in angemessenem Umfang Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen soll. Schon seit langem ist eine sozialpädagogische Betreuung im Berufsvorbereitungsjahr verankert. Daneben soll laut Schulgesetz Sozialarbeit vor allem an Ober- und Gemeinschaftsschulen vorhanden sein.

Darüber hinaus hat das Startchancenprogramm des Bundes auch einen Ausbau der Schulsozialarbeit zum Ziel. Mit dem Programm sollen die individuellen Bildungschancen verbessert und Bildungsgerechtigkeit gestärkt werden. Bei der Verteilung der Mittel werden Alternativen zum „Königsteiner Schlüssel“ ebenso diskutiert wie geeignete Sozialindikatoren für die Auswahl der Schulen auf Landesebene. Sachsen hat sich nach einem Antrag der Koalitionsfraktionen bereits auf den Weg gemacht, einen solchen Sozialindex zu erarbeiten. Das ist gut so und das muss weiter vorangebracht werden!

Gleichzeitig hat der IQB-Bildungstrend eindrücklich belegt: Immer mehr Schülerinnen und Schüler der Grundschule haben signifikante Defizite in den Basiskompetenzen. Die Corona-Pandemie hat insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien und/oder mit Migrationshintergrund besonders getroffen. Aus meiner Sicht ist das ein wichtiger Fingerzeig: Wir müssen mit den Unterstützungssystemen dort ansetzen, wo die Hilfe am dringendsten benötigt wird. Und wir müssen so frühzeitig wie möglich ansetzen: mit Schulsozialarbeit in den Grund- und Förderschulen. Und mit Kita-Sozialarbeit für all die Kinder, die nicht die besten Startchancen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich bin überzeugt: Alles, was wir hier investieren – gezielt und frühzeitig – zahlt sich später aus. Es zahlt sich aus in geglückten Bildungsbiographien und auch im Staatshaushalt. Das eine ist unentbehrlich, das andere zumindest erfreulich. Insofern ja: Schulsozialarbeit ist ein Erfolgsmodell. Lassen sie uns dieses gemeinsam festigen und weiter ausbauen.

Vielen Dank.