Datum: 27. März 2025

Aktuelle Debatte Landesentwicklung – Löser: Der ländliche Raum ist kein Auslaufmodell, sondern unsere Zukunft

Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zur Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion AfD: „Stillstand statt neue Wege – Wann kommt der Landesentwicklungsplan und wer zahlt die Zeche?“

11. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 26.03.2025, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sachsen steht vor großen Herausforderungen. Aktuell fühlen sich viele Bürgerinnen und Bürger abgehängt, aber auch als Bundesland drohen wir den Anschluss zu verlieren. Wir hörten ja gestern, dass wir bei der Digitalisierung auf Platz 3 von hinten im Ländervergleich stehen.

Dafür müssen wir unseren ländlichen Raum stärken, zukunftsfähig aufstellen und gleichzeitig die Energiewende vorantreiben. Der Landesentwicklungsplan, unser zentrales Planungsinstrument, muss diesen Herausforderungen gerecht werden.

Doch das Ende letzten Jahres veröffentlichte Gutachten der TU Kaiserslautern, welches den alten LEP unter die Lupe nimmt, zeigt: Der Landesentwicklungsplan 2013 wird den aktuellen Anforderungen nicht mehr gerecht.

Wir haben großartige Regionen in Sachsen. Regionen, in denen Menschen gerne leben – wenn die Bedingungen stimmen. Doch das Gutachten legt den Finger in die Wunde: Die Unterschiede im ländlichen Raum werden zu wenig beachtet. Strukturschwache Gebiete brauchen andere Lösungen als stabile Regionen. Tourismushochburgen haben andere Bedarfe als landwirtschaftliche Regionen. Und was macht der alte Landesentwicklungsplan? Er schert alles über einen Kamm.

Das Gutachten schlägt hier eine stärkere Differenzierung der Bedarfe vor. Der Begriff „ländlicher Raum“ allein reicht nicht aus! Wir müssen gezielter auf die Besonderheiten einzelner Regionen eingehen. Das bedeutet zum Beispiel:

  • Agrarisch geprägte Regionen wie der Landkreis Mittelsachsen brauchen eine langfristige Strategie zur Sicherung landwirtschaftlicher Flächen und nachhaltiger Wasserbewirtschaftung.
  • Strukturschwache Regionen mit Abwanderung wie der nördliche Landkreis Bautzen müssen gezielt durch Wirtschaftsförderung, Bildung und digitale Infrastruktur gestärkt werden.
  • Touristische Regionen wie der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge brauchen eine bessere Anbindung und smarte Förderprogramme für nachhaltigen Tourismus.
  • Grenznahe Räume wie der Landkreis Görlitz benötigen grenzübergreifende Entwicklungsstrategien, um wirtschaftliche Chancen besser zu nutzen.

Das alles ist keine Raketenwissenschaft – das sind klare, sinnvolle Anpassungen, die den ländlichen Raum zukunftsfähig machen!

Ein weiteres großes Problem: Daseinsvorsorge und Infrastrukturplanung werden nicht als strategische Einheit gedacht. Es reicht nicht, nur festzuhalten, dass es irgendwo ein Krankenhaus gibt – wir müssen überlegen, ob die Menschen dort auch wirklich schnell hinkommen!

Erreichbarkeit muss zum zentralen Kriterium der Raumplanung werden. Dazu gehört der Ausbau flexibler Mobilitätsangebote, gerade in Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte. Das Gutachten empfiehlt deshalb die Einführung eines Erreichbarkeitskonzepts in der Raumplanung: Statt nur Standorte zu zählen, wird geschaut, ob die Menschen innerhalb von 30 Minuten mit Bus, Bahn oder Auto wichtige Einrichtungen wie Ärzte oder Schulen erreichen können.

Auch die Eigenentwicklung kleinerer Kommunen muss stärker gefördert werden. Derzeit gibt es enge Vorgaben für Bauprojekte in nicht-zentralörtlichen Gemeinden. Das führt dazu, dass Familien oder Unternehmen, die sich dort ansiedeln wollen, oft scheitern. Das Gutachten schlägt deshalb eine Flexibilisierungsklausel vor, die es diesen Orten erlaubt, sich gezielt weiterzuentwickeln – ohne das Zentrale-Orte-Konzept zu gefährden.

Kurz gesagt: Der ländliche Raum ist kein Auslaufmodell, sondern unsere Zukunft. Heimat stärken statt Abwanderung verwalten – das muss das Motto sein. Aber dafür muss der ländliche Raum attraktiv, modern und lebenswert sein.

Jetzt zum Thema Energie: Jeder Mensch, der klar bei Verstand ist und die menschengemachte Klimakrise nicht leugnet, weiß, dass wir aus der fossilen Sackgasse raus müssen. Und dazu brauchen wir Erneuerbare Energien.

Der Landesentwicklungsplan 2013 hatte die Energiewende leider komplett verschlafen. Sachsen muss bis 2027 zwei Prozent seiner Landesfläche für Windkraft bereitstellen. Und es ist auch durch die BÜNDNISGRÜNE Regierungsbeteiligung der vergangenen Jahre schon eine Menge passiert, aber es reicht nicht.

Wir brauchen eine klare, landesweite Strategie für Windkraft. Denn ohne sie droht das große Chaos: Konflikte mit Bürgerinnen und Bürgern, lange Genehmigungsverfahren und am Ende geht nichts voran. Das können wir uns nicht leisten. Wir brauchen verbindliche Eignungsflächen mit klaren Regeln und dazu braucht es beschlossene Regionalpläne.

Und wir brauchen bei all diesen Windkraftprojekten Akzeptanz und um die muss man ringen. Die kann man nicht gleich voraussetzen. Gerade weil es hohe Betroffenheit im ländlichen Raum gibt und eine Partei im Lande nichts auslässt, um gegen den technischen Fortschritt mit Teilwahrheiten, Unwahrheiten und Stimmungsmache durch die Gemeinden zu ziehen.
Gerade deswegen braucht es gute Beteiligung. Ich hatte ja gestern schon darauf verwiesen, wie gut das am Montagabend in Bad Schandau gelaufen ist. Auch das ist Aufgabe einer Regierung, das kann man nicht einfach laufen lassen und sich hinterher über Protest wundern.

Gleichzeitig müssen wir das Repowering alter Windräder weiter vorantreiben. Denn moderne Windkraftanlagen bringen mehr Ertrag auf weniger Fläche. Und die Windenergie muss besser mit Speichern und Wasserstoffprojekten verknüpft werden, damit der Strom auch dann genutzt werden kann, wenn der Wind nicht weht. Diese Weiterentwicklung der Energiewende in Sachsen ist auch Aufgabe von Landesplanung.

Meine Damen und Herren,
ein neuer Landesentwicklungsplan ist unsere Chance, Sachsen fit für die Zukunft zu machen. Wir müssen den ländlichen Raum stärken, die Energiewende aktiv gestalten und eine nachhaltige Entwicklung für alle Regionen ermöglichen. Das geht nur mit politischem Mut und klaren Entscheidungen.

Lassen Sie uns den Landesentwicklungsplan endlich zu einem Instrument machen, das unsere Zukunft gestaltet – statt unsere Vergangenheit zu verwalten.

Sachsen kann mehr! Lassen Sie uns das gemeinsam anpacken.