Aktuelle Debatte Bundeswehr – Lippmann: Bundeswehr leistete während Corona und Waldbränden eine unschätzbare Unterstützung für den Freistaat
Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zur Aktuellen Debatte der Fraktion CDU zum Thema: „Bedeutung der Bundeswehr für den Freistaat Sachsen: Landesverteidigung, Katstrophenhilfe, Wirtschaftsfaktor“
67. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 15.03.2023, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir BÜNDNISGRÜNE und die Bundeswehr blicken auf eine sehr wechselvolle Geschichte. In der Bundesrepublik aus der Friedensbewegung entstanden, waren es schmerzliche, aber notwendige Prozesse, die uns zu unserer heutigen Haltung zu Bundeswehr geführt haben. Es war die Erkenntnis, dass Frieden und vor allem Menschenrechte manchmal nur mit Waffengewalt verteidigt werden können, die zum ersten Auslandseinsatz der Bundeswehr unter Rot-Grün führten.
25 Jahre später stehen wir als BÜNDNISGRÜNE klar an der Seite der Ukraine und ihrem Selbstverteidigungsrecht gegen den barbarischen Aggressor Russland. Für uns ist endgültig klar geworden: Der liberale Rechtsstaat braucht zu seiner vollen Entfaltung die Abwesenheit von Krieg und permanenter Bedrohung des eigenen Lebens und der eigenen Art zu leben. Nicht erst seit führende BÜNDNISGRÜNE einwandfrei den Gefechtswert von Panzern in Talkshows erläutern können, stehen wir für eine funktionsfähige und leistungsstarke Bundeswehr.
Ich will mich nach diesen kurzen Vorbemerkungen der Bedeutung der Bundeswehr für den Freistaat zuwenden, denn die Bundeswehr hat eine große Bedeutung für Sachsen.
Das gilt zunächst örtlich. In Dresden findet sich das Taktikzentrum und die Offiziersschule des Heeres, das zentral für die Aus- und Weiterbildung der Angehörigen des Heeres ist. Doch auch in der Fläche, wie zum Beispiel in Weißkeisel oder Marienberg, finden sich Bundeswehrstandorte.
Eine so breite Aufstellung ist meiner Meinung nach unverzichtbar für eine Armee in einer modernen Gesellschaft. Es gehört zu den Errungenschaften der Nachkriegszeit, dass Einsätze unter dem Primat der Politik stehen. Das jedoch macht auch die Kommunikation zwischen Gesellschaft, Politik und Streitkräften notwendig. Die Sichtbarkeit ist daher wesentlich auch für ein wechselseitiges Verständnis von Selbstbild, Aufgaben und Zielen.
Zu dieser Sichtbarkeit haben vor allem die Krisen der vergangenen drei Jahre beigetragen, in denen die Bundeswehr eine unschätzbare Unterstützung für den Freistaat war. Zu Hochzeiten der Corona-Pandemie haben Angehörige der Streitkräfte bei der Kontaktnachverfolgung unterstützt, beim Testen mitgeholfen und in Seniorenheimen Pflegekräfte entlastet. Koordiniert durch das Lagezentrum, leistete die Armee hier Amtshilfe nach Art. 35 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz.
Ähnliches gilt für den Einsatz während der Waldbrände. Ohne die Löschhubschrauber hätte es vermutlich noch schwerere Schäden an einem der Wahrzeichen des Freistaates – der Sächsischen Schweiz – gegeben. All diese Einsätze – und das ist mir wichtig noch einmal zu betonen – fanden ihren Grund immer im Begehren des Landes und erfolgten vollständig unter dessen Aufsicht. Auch hier findet sich jenes Primat der Politik, das die Einschätzungsprärogative über das ob und wie der Tätigkeit der Bundeswehr behielt.
Ich möchte daher ebenfalls die Möglichkeit nutzen, allen Angehörigen der Streitkräfte für ihre wichtige Unterstützung zu danken! Die Einsätze dürften zu einem sehr positiven Bild der Angehörigen der Streitkräfte in der Bevölkerung beigetragen haben und haben zudem unterstrichen, wie unverzichtbar eine koordinierte und schnelle Zusammenarbeit im Bevölkerungsschutz ist.
Sie zeigen aber auch, dass die Bundeswehr im Landesinneren nur die Aufgabe hat, bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglückfällen zu unterstützen. Ich bin sehr froh, dass unleidliche Debatten inzwischen wieder in der Versenkung verschwunden sind und dort hoffentlich auch bleiben. Es ist völlig undenkbar, dass die Bundeswehr im Innern bei Terrorlagen planmäßig zusammen mit der Polizei tätig wird. Die Trennung der Aufgaben von Polizei und Bundeswehr ist eines der Kernstücke unserer Verfassung und sollte deswegen unter keinen Umständen zur Disposition stehen.
Zum Schluss möchte ich zu einem besonderen Standort der Bundeswehr in Sachsen kommen, der einen großen Mehrwert für den Freistaat und unsere Gesellschaft hat – jenseits von Wirtschaftsfaktor und Landesverteidigung. Im Militärhistorischen Museum in Dresden wird die ambivalente Geschichte der Bundeswehr in eindrucksvoller Weise vor Augen geführt. Das Museum ist ein Lehrstück für das Ideal einer Parlamentsarmee.
Wir erwarten von unseren Streitkräften, dass sie Staatsbürger*innen in Uniform sind und ihr Handeln von dem Wesenskern unserer Verfassung, der freiheitlichen Demokratie motiviert ist. Die Beziehungen zwischen der Bundeswehr und dem Freistaat zeichnen sich vor diesem Hintergrund auch dadurch aus, dass sich hier einer der Orte findet, in dessen Zentrum die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte steht, die wertvolle Erkenntnisse und Grundsteine für die Zukunft legt.
Genau deshalb wäre es gut, das Privileg, dass wir das Militärhistorische Museum in Dresden haben, noch stärker auch mit der Wirkung der Bundeswehr in unserer Gesellschaft zu verknüpfen