Aktuelle Debatte „Bildungsland Sachsen 2030“ – Melcher: Wir wollen moderne, gerechte und demokratische Schulen
Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte der Fraktion SPD zum Thema: „Fürs Leben lernen statt für Klausuren! Mit dem Prozess ‚Bildungsland Sachsen 2030‘ neue Wege wagen.“
71. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 01.06.2023, TOP 2
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
„Nicht meckern, sondern machen! Nicht klagen, sondern handeln!“ Das wären treffende Untertitel für den Prozess „Bildungsland Sachsen 2030“.
Solche Aufrufe sind im Freistaat Sachsen nicht völlig neu, aber leider noch zu selten. Sie sind Ausdruck einer neuen politischen Kultur – einer Beteiligungskultur.
Wir BÜNDNISGRÜNE begrüßen das außerordentlich. Denn Beteiligung stärkt unsere Demokratie. Mitmachen und Mittun fördert das Verständnis für Prozesse und Entscheidungen. Beteiligung schafft Akzeptanz.
Insofern möchte ich erinnern: Eine Anmeldung zu den regionalen Bildungsforen ist noch bis zum 10. Juni möglich. Machen Sie mit, bringen Sie sich ein! Ob als Vater eines schulpflichtigen Kindes oder als bildungsinteressierte Bürgerin – Ihre Perspektive, Ihre Meinung ist wichtig!
Damit Beteiligung gelingt, muss der Rahmen klar sein. Worüber wird gesprochen? Wer ist dabei? Gibt es etwas zu entscheiden und wenn ja, wie wird entschieden?
Der Prozess zum Bildungsland ist klar und gut strukturiert. Es wurden 16 strategische Ziele in vier Handlungsfeldern (Lernen, Professionalisierung, Steuerung, Infrastruktur) formuliert. Diese sollen beraten und mit operativen Zielen untersetzt werden.
Nach den Runden der Expertinnen und Experten tagen im Sommer und Herbst die regionalen Bildungsforen. Wichtig ist, dass dabei alle relevanten Akteure mit am Tisch sitzen: Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulleitungen, Eltern und Bildungsinteressierte. Das ist mit dem festgelegten Schlüssel gewährleistet.
Auch wird klar kommuniziert: Es geht um eine Beratung, um Konsultation, nicht um Entscheidungen. Das ist wichtig, damit alle Beteiligten wissen, woran sie sind und was ihre Aufgabe ist.
Nicht nur hinsichtlich des Formats begrüße ich das „Bildungsland Sachsen 2030“. Auch inhaltlich ist es vielversprechend.
Es werden die richtigen Fragen gestellt. Auch unbequeme, auch kontroverse. Was heißt erfolgreiches Lernen, mit Blick auf eine immer komplexer werdende Welt? Wie schaffen wir es, alle mitzunehmen? Wie könnten neue Prüfungsformate aussehen in Zeiten von ChatGPT – und sind Hausaufgaben nicht total überholt?
Der Prozess birgt eine große Chance: Die Chance, über die Zukunft von Schule und Unterricht zu sprechen, ohne dass die Frage nach den Ressourcen alles überlagert.
Klar ist: Das Problem des Lehrkräftemangels wird sich durch die Beratungen nicht auflösen lassen. Das ist weder Ziel noch Aufgabe dieser Runden. Alle Beteiligten wissen um die Rahmenbedingungen. Gerade deshalb ist es gut und richtig, sich einmal von diesem Tunnelblick zu befreien.
Nicht alles ist eine Frage der Ressourcen und nicht jedes Problem lässt sich mit Geld lösen.
Kurzum und für mich am Wichtigsten: Ich freue mich, dass wir in der Bildungspolitik wieder über Qualität sprechen. Dass wir uns trauen, über Qualität zu sprechen. Und das, ohne die bestehenden Probleme zu ignorieren.
Ich bin sehr dankbar, dass das Kultusministerium diesen Prozess angestoßen hat.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
natürlich höre ich die Unkenrufe: Es ist doch schon klar, was da rauskommt! Das ist doch nur Show! Wer soll das denn am Ende machen!?
Ich bin nicht bereit, mich davon entmutigen zu lassen. Und das wünsche ich auch allen Beteiligten.
Und: Natürlich habe auch ich meine ganz persönlichen Antworten auf die ein oder andere aufgeworfene Frage. Und natürlich haben wir BÜNDNISGRÜNEN verschiedene Ideen, wie die Schule der Zukunft aussehen sollte: Wir wollen eine moderne, eine gerechte, eine demokratische Schule. Wir wollen kein Kind zurücklassen. Wir wollen beste Bildung für alle.
Der Prozess „Bildungsland Sachsen 2030“ ist gerade erst gestartet. Ich denke, wir sind gut beraten, die Ergebnisse der Foren abzuwarten. Das ist eine Frage des Respekts und der Wertschätzung. Gelungene Beteiligung heißt auch, Ergebnisse nicht vorweg zu nehmen. Den Debatten nicht die eigenen Vorstellungen überzustülpen.
Und auch: Die Chance auf Veränderung weder klein zu reden noch zu überhöhen.
Die echte Herausforderung wird ohnehin die Umsetzung, denn Papier ist bekanntlich geduldig. Bei der Umsetzung braucht es mehr als gute Argumente. Wir brauchen die Bildungsakteure vor Ort. Wir brauchen Verbündete. Nur dann kann aus dem Beteiligungsprozess ein Reformprozess werden. Ich bin und bleibe zuversichtlich, dass der Prozess „Bildungsland Sachsen 2030“ zu echten Veränderungen führen kann.