Newsletter Innenpolitik, Datenschutz, Kommunalpolitik 1/2022

Datum: 13. Juli 2022

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde,

in wenigen Tagen geht der Sächsische Landtag in die Sommerpause. Hinter uns und dieser Koalition liegt ein anstrengendes Halbjahr mit vielen – teils überraschenden – Wendungen. Zu den überraschendsten gehörte sicherlich, dass im April der bisherige Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller entlassen wurde. Zwar hatte es in den letzten Jahren immer wieder Anlässe gegeben, den Rücktritt von Roland Wöller, teils auch offensiv, einzufordern, jedoch hielt der Ministerpräsident bis zuletzt an der umstrittenen Personalie fest. Am Ende stolperte er nicht über Verfehlungen seiner Sicherheitsbehörden, sondern vor allem über den im Raum stehenden Vorwurf der Begünstigung einer engen Bekannten in einem Bewerbungsverfahren. Fast noch überraschender war die Personalie seines Nachfolgers. Den ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster, hatten wohl selbst intime Kenner der innenpolitischen Szene in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf dem Schirm. Nach anfänglichen Diskussionen über seine Herkunft und die Frage, ob er als Südwestdeutscher die sächsische Mentalität überhaupt verstehen könne, hat der neue Innenminister durchaus mit großem Engagement in den ersten Tagen seiner Amtszeit aufwarten können. Klar ist, auch wenn Armin Schuster nicht minder konservativ ist als sein Vorgänger, scheint sich jetzt bereits abzuzeichnen, dass im Stil und auch im Umgang mit den Koalitionspartnern ein neuer Geist in das Innenministerium Einzug gehalten hat. Wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit in den kommenden Monaten, insbesondere dann, wenn es um die Umsetzung des Koalitionsvertrages geht. Jener Umsetzung werden wir in den kommenden Wochen und Monaten ein großes Gewicht zukommen lassen.

Im Mai hat sich formal die Halbzeit dieser Kenia-Koalition eingestellt. Gerade in der Innenpolitik stehen noch wichtige Vorhaben auf der Agenda. So haben wir uns auf die Einführung der Kennzeichnungspflicht für geschlossene Einheiten bei der Polizei verständigt, ebenso steht die im Koalitionsvertrag vereinbarte Novelle des Verfassungsschutzgesetzes aus und auch jene des sächsischen Versammlungsgesetzes, welches wir liberalisieren wollen.

Ein großes Projekt des Koalitionsvertrages geht bereits dieser Tage durchs Ziel. Aller Voraussicht nach wird der Landtag das Sächsische Transparenzgesetz beschließen. Damit wird Sachsen vom Schlusslicht ins gute Mittelfeld jener Bundesländer katapultiert, die nicht nur den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf staatliche Informationen verbessern, sondern diese auch proaktiv zur Verfügung stellen.

Über die Sommerpause steht die Arbeit im Landtag natürlich nicht vollkommen still. Die BÜNDNISGRÜNE Fraktion wird weiter die Überlegungen zu einer Richteranklage gegen den rechtsextremen Richter Jens Maier vorantreiben. Hierzu hatte die Fraktion im Frühjahr ein Rechtsgutachten bei dem renommierten Staatsrechtler Professor Dr. Christoph Möllers in Auftrag gegeben, welches sich mit ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit der Richteranklage beschäftigt hat. Dieses Gutachten hat die Möglichkeit einer Richteranklage im Fall Maier grundsätzlich bejaht. Es hat empfohlen, diesen Weg vorzubereiten, insbesondere in dem Fall, dass die anderen rechtlichen Instrumente – wie die Versetzung in den Ruhestand – am Ende doch noch scheitern.

Ich wünsche Ihnen und Euch eine gute Sommerzeit, vor allem die notwendige Erholung.

Mit besten Grüßen
Valentin Lippmann

Inhalt

  1. Das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus muss zügig umgesetzt werden
  2. Polizeifachhochschulgesetz – Leitlinien für eine moderne Polizeiarbeit
  3. Zum Fall des rechtsextremen Richters Jens Maier
  4. Kommunalrechtsnovelle – mehr Demokratie in den Kommunen
  5. Das Transparenzgesetz stärkt unsere Demokratie
  6. Sachsen hat einen neuen Innenminister
  7. Verfassungsschutzbericht 2021 – Bekämpfung des Rechtsextremismus weiterhin wichtigstes Ziel
  8. BÜNDNISGRÜNE Halbzeitbilanz
  9. Veranstaltungstipp – Demokratiekonferenz
  10. Kleine Anfragen
  11. Podcast

1. Das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus muss zügig umgesetzt werden

Am 16.12.2021 hat der sächsischen Landtag das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus angenommen. Ein langer Weg ging dem voraus. Das Gesetz war bereits im Juli 2020 als Entwurf eingereicht worden. Mit der Annahme hat der Landtag Rechtsextremismus in Sachsen als vordringlichstes Problem anerkannt. Das Konzept ermöglicht nun eine Bündelung und Vernetzung der bereits bestehenden Strukturen im Kampf gegen Rechtsextremismus. Daneben arbeitet das „Else-Frenkel-Brunswik-Institut“ an der Universität Leipzig als Forschungs- und Dokumentationsstelle. Mit dem Gesamtkonzept wird der Beratungs- und Förderbedarf zivilgesellschaftlicher Akteur*innen weiter gestärkt.

Mit all diesen Maßnahmen können wir der Gefahr des erstarkenden Rechtsextremismus in Sachsen auf mehreren Ebenen begegnen und den Verfolgungsdruck deutlich erhöhen. Ein entschiedeneres Vorgehen gegen Hass im Netz und mehr präventive Maßnahmen sollen den Schutz erhöhen und Taten verhindern. Gleichzeitig muss mehr in politische Bildungsarbeit investiert werden.

In der Anhörung am 14.4.2022 im Landtag konnten die Abgeordneten mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und Wissenschaft Verbesserungen des Gesamtkonzepts diskutieren. Nun gilt es das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus mit den genannten Maßnahmen zügig umzusetzen.

Pressemitteilung (21.12.21) Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus: Umsetzung der Maßnahmen duldet keinen weiteren Verzug

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2. Polizeifachhochschulgesetz – Leitlinien für eine moderne Polizeiarbeit

Mit dem „Gesetz zur Neuordnung der Organisation von Studium, Ausbildung und Fortbildung der sächsischen Polizei“ (Drs 7/6004) wurden am 21.12.2021 neue Leitlinien für die Polizeiausbildung auf den Weg gebracht.

Grundstein guter Polizeiarbeit ist eine moderne Aus- und Weiterbildung. Dazu gehört die Entwicklung eines Leitbildes einer modernen Polizei, welches an der Sächsischen Polizeihochschule erarbeitet werden soll. Auch für die von uns BÜNDNISGRÜNEN seit langem und auch von der Staigis-Kommission angemahnten Öffnung der polizeilichen Ausbildung nach außen haben wir die Weichen gestellt. Die Straigis-Kommission wurde 2018 im Zuge des Prüfungsskandals an der Polizeihochschule Rothenburg und deren anschließender Untersuchung eingesetzt.

Mit dem Gesetz werden nun die Weichen für eine moderne Polizei gelegt, die eine Fehlerkultur entwickelt und die die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt. Polizist*innen werden befähigt, demokratische Werte, gesellschaftliche Offenheit und Transparenz auch in ihrem Beruf zu leben.

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3. Zum Fall des rechtsextremen Richters Jens Maier

Seit Anfang des Jahres beschäftigt der Fall des Jens Maier sowohl die sächsische Justiz als auch den Landtag. Jens Maier, Richter und Mitglied im rechtsextremen Flügel der AfD, scheiterte bei der letzten Bundestagswahl mit dem Wiedereinzug in den Bundestag und beantragte die Rückkehr in den sächsischen Justizdienst, wo er zunächst seinen Dienst aufnehmen konnte. Um einen Schaden für die Rechtspflege abzuwenden, beantragte die sächsische Justizministerin Katja Meier neben disziplinarrechtlichen Sanktionen auch eine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand.

Am 24.3.2022 entschied das Dienstgericht für Richter beim Landgericht Leipzig auf Antrag des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) dem Richter Jens Maier die Führung der Amtsgeschäfte vorläufig zu untersagen.

Dem vorausgegangen war zudem ein Rechtsgutachten zur Richteranklage, welches wir BÜNDNISGRÜNE beauftragt haben. Mit diesem verfassungsrechtlichen Instrument kann ausnahmsweise ein Richter auf Antrag des Landtags aus dem Amt entfernt werden, wenn er nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung wahrt. Im Ergebnis dieses Gutachtens wird die Richteranklage durch den Sächsischen Landtag im Fall Maier als ein taugliches Instrument beschieden. Einige erhebliche Bedenken zu den Voraussetzungen für ein solches Verfahren wurden ausgeräumt.

Die nunmehrige Entscheidung des Dienstgerichts begrüßen wir ausdrücklich. Damit ist bis zu einer endgültigen Klärung der untragbare Zustand beendet, das ein Rechtsextremist Recht spricht.

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4. Kommunalrechtsnovelle – mehr Demokratie in den Kommunen

Mit der am 20.2.2022 in Kraft getretenen Kommunalrechtsnovelle sind wir einen weiteren wichtigen Schritt für mehr Demokratie in Sachsen gegangen. Die Mitbestimmung und Beteiligung von Bürger*innen ist für uns BÜNDNISGRÜNE ein wesentlicher Bestandteil von Demokratie. Bürger*innen können sich so zukünftig noch wirkungsvoller vor Ort einbringen, z.B. durch erleichterte Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide und die Möglichkeit von Bürgerbeteiligungssatzungen. Demokratische Prozesse sollen künftig noch transparenter ablaufen, was beispielsweise die Veröffentlichung von Beratungsunterlagen kommunaler Räte betrifft. Die Anforderungen an die Bildung von Fraktionen wurde gesenkt, gleichzeitig deren sächliche und personelle Ausstattung verbessert.

Nach der Anhörung im Ausschuss für Inneres und Sport haben wir noch einmal substanzielle Änderungen vorgenommen: Großstädte können jetzt die Zahl der Beigeordneten auf acht erhöhen. Außerdem werden Livestreams von Stadtratssitzungen nunmehr rechtlich möglich sein. Mit dem Auslaufen der epidemischen Lage auf Bundesebene war diese rechtliche Grundlage nicht mehr gegeben.

Mit diesen Änderungen haben wir die Grundlage geschaffen, dass Menschen die Politik in ihrer Kommune noch stärker mitgestalten können. Jetzt gilt es, die umfassende Novelle mit Leben zu erfüllen.

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5. Das Transparenzgesetz stärkt unsere Demokratie

Am 13.4.2022 wurde der Gesetzentwurf zur „Einführung des Gesetzes über die Transparenz von Informationen im Freistaat Sachsen“ (Drs 7/8517) im Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung des Sächsischen Landtages angehört.

Nach weiterem Ringen um Einigung wurde der Gesetzentwurf am 29.6.2022 im Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung mit weiteren Änderungen dem Sächsischen Landtag zum Beschluss empfohlen. Damit ist der Weg für mehr Transparenz in Sachsen frei.

Die Einführung des Transparenzgesetzes ist eine zentrale BÜNDNISGRÜNE Forderung, durch das mehr Beteiligung und Mitbestimmung ermöglicht werden soll, indem Bürger*innen einen Rechtsanspruch auf die Herausgabe von Informationen erhalten. Künftig sollen unkompliziert und kostenlos auf einer Transparenzplattform umfassend zur Veröffentlichung geeignete behördliche Dokumente und Informationen des Freistaats sowie der Kommunen eingesehen werden können.

Spätestens ab dem 1.1.2023 soll das Gesetz in Kraft treten. Die Plattform soll spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten aufgebaut sein.

Pressemitteilung (13.4.2022) Anhörung Transparenzgesetz: Transparentes Handeln von Staat und Verwaltung stärkt unsere Demokratie

Protokoll der Anhörung im Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung (13.04.2022)

Pressemitteilung (29.6.2022) Transparenzgesetz – BÜNDNISGRÜNE: Staatliche Informationen gehören nicht hinter eine Paywall

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6. Sachsen hat einen neuen Innenminister

Seit dem 25.4.2022 ist Armin Schuster (CDU) Sachsens neuer Innenminister. Sein Amtsvorgänger Roland Wöller war am 22.4.2022 vom sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer entlassen worden – ein Schritt, der seit langem überfällig war. Wöller stand zuletzt wegen verschiedener Vorwürfe in der Kritik, u.a. wegen Skandalen in der Polizei und umstrittenen Personalentscheidungen.

Armin Schuster gilt als streng konservativ und war von 2009 – 2020 Mitglied des Bundestages. 2020 wechselte er zum Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dessen Leiter er bis Anfang diesen Jahres war.

Wir BÜNDNISGRÜNEN begrüßen den Amtswechsel an der Spitze des Innenministeriums, auch wenn wir die Personalentscheidung des Ministerpräsidenten für verspätet halten. Die wichtigste Aufgabe von Schuster ist es jetzt, entschlossen gegen den Rechtsextremismus vorzugehen, ebenso wie den Reformprozess innerhalb der sächsischen Polizei weiter voranzutreiben, das Leitbild für eine moderne Polizei umzusetzen und einen menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten als Richtschnur polizeilichen Handelns umzusetzen.

Pressemitteilung (22.4.22): Neuer Innenminister – BÜNDNISGRÜNE sehen oberste Priorität bei Kampf gegen Rechtsextremismus und Reform der Polizei

7. Verfassungsschutzbericht 2021 – Bekämpfung des Rechtsextremismus weiterhin wichtigstes Ziel

Am 31.5.2022 wurde der Sächsische Verfassungsschutzbericht 2021 von dem sächsischen Innenminister Armin Schuster (CDU) und Dirk-Martin Christian, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen, vorgestellt. In diesem wird wieder einmal deutlich, dass Rechtsextremismus die größte Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Sachsen ist. Eine zügige Umsetzung unseres Gesamtkonzeptes gegen Rechtsextremismus ist daher dringend geboten.

Außerdem muss die Finanzierung rechtsextremer Strukturen stärker in den Fokus genommen werden, damit zweifelhafte Finanzwege unterbunden werden können. Ein weiteres Problem für die stärker werdenden Radikalisierungstendenzen sind die „Freien Sachsen“. Hass und Hetze werden so weiter angestachelt und nehmen vor allem im Netz zu. Hier muss es einfacher möglich sein, solche Straftaten zu melden.

Pressemitteilung (31.05.2022): Verfassungsschutzbericht: Wir dürfen keine Rückzugsräume für Rechtsextremisten in Sachsen dulden

BÜNDNISGRÜNE Halbzeitbilanz

Die Legislatur ist zur Hälfte vorbei – Zeit für uns Bilanz zu ziehen. Eine Übersicht der Erfolge BÜNDNISGRÜNER-Regierungsbeteiligung in Sachsen finden Sie hier >

Veranstaltungstipp – Demokratiekonferenz

Am 1. Oktober 2022 findet in Chemnitz die BÜNDNISGRÜNE Demokratiekonferenz statt. Wir laden Sie und Euch ein, ab 10 Uhr im Carlowitz Congresscenter mitzudiskutieren: Wie können wir am besten unsere Demokratie schützen? Was können wir tun gegen die Gefahr von Rechts? Bringen Sie ihre Stimme ein!

Zwischenrufe #67: Premieren im Landtag und Kommunalwahlen

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