Newsletter Innenpolitik, Datenschutz, Kommunalpolitik 2/2021

Datum: 16. Dezember 2021

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Leserinnen und Leser,

die Corona-Pandemie ist mit voller Wucht zurück. Nicht nur das Virus verbreitet sich stärker als je zuvor, auch die Radikalisierung entfaltet eine immer größerer und sichtbarere Wirkung. Der Fackelaufzug vor dem Haus der Sozialministerin und die Morddrohungen gegen den Ministerpräsident sind die vorläufigen Höhepunkte einer zunehmenden Enthemmung von einigen Teilen der Gesellschaft.

Der Umgang mit unzulässigen Versammlungen und den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen haben die innenpolitische Lage im Freistaat in den letzten Wochen massiv bestimmt und erneut zu deutlichen Spannungen in der Koalition geführt. Viel zu lange haben die Sicherheitskräfte es nicht vermocht, die gegenwärtige Rechtslagen mit der notwendigen Konsequenz durchzusetzen. Dabei ist aber dies – im Rahmen der Verhältnismäßigkeit – mehr als geboten. Denn es wird immer deutlicher, dass es bei einem Teil des Protestes nicht nur gegen konkrete Maßnahmen geht, sondern vielmehr gegen unsere freiheitliche Demokratie als Ganzes.

Gerade auch die rechtsterroristischen Gruppierungen, die in den letzten Jahren in und aus Sachsen agiert haben, sollten uns eine Mahnung sein, wie schnell Hass in Terror münden kann. Ob die Sicherheitsbehörden diesbezüglich in den letzten Jahren die richtigen Schlüsse gezogen haben, war anlässlich des 10. Jahrestages der Selbstenttarnung des NSU Gegenstand vieler Diskussionen. Wir haben dazu eine Aktuelle Debatte im Plenum angemeldet und eine sehr interessante Veranstaltung der Fraktion durchgeführt, die ich empfehle im Nachgang noch auf Youtube abzuschauen.

Zum Ende des Jahres lohnt auch ein kleiner Blick auf kommende politische Themen und Vorhaben für 2022. Mit der Kommunalrechtsnovelle befindet sich eines der zentralen Projekte des Koalitionsvertrages im Bereich Demokratie auf der Zielgraden. Aller Voraussicht nach wird der Gesetzentwurf im Februar durch den Landtag beschlossen werden und somit mehr Demokratie vor Ort und stärkere Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger ermöglichen.

Ebenso befindet sich das Transparenzgesetz auf den Weg in den Landtag. Das umfassende Anhörungsverfahren der Staatsregierung ist abgeschlossen und einige Abgeordnete freuen sich schon darauf, den Gesetzentwurf hoffentlich in ein paar ruhigen Minuten zwischen Weihnachten und Neujahr lesen zu können.

Vermisst wird indes schmerzlich immer noch das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus, welches der Landtag bereits im Sommer 2020 mit einer klaren Aufgabenstellung von der Staatsregierung verlangt hat. Mit Blick auf die eingangs beschriebene Lage in Sachsen werden wir in den kommenden Wochen den Druck intensivieren, dass die Regierung endlich ihre Hausaufgaben erledigt und das Konzept dem Landtag vorlegt.

Abschließend wünsche ich allen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten, hoffentlich ein paar Tage der Entspannung und einen guten Start in das neue Jahr, welches in Sachsen leider sicherlich nicht langweilig werden wird.

Mit besten Grüßen, Valentin Lippmann

Inhalt

  1. Kommunalrechtsnovelle – für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz
  2. Kein Schlussstrich – 10 Jahre Selbstenttarnung NSU
  3. Verfassungsschutzbericht 2020
  4. Untersuchungskommission „Spezialeinheiten der Polizei“ zeigt akuten Handlungsbedarf
  5. Transparenzgesetz – Weichen für eine transparentes Handeln von Staat und Verwaltung gestellt
  6. Lagebericht Extremismusprävention zeigt Rechtsextremismusproblem
  7. Untersuchungsausschuss AfD
  8. Anhebung der Schöffen-AltersgrenzePodcast #59: Rechtsextreme Rechtsreferendare 2.0, Anti-Corona-Proteste in Sachsen und die „Freien Sachsen“
    Die aktuelle Ausgabe der SaxGrün
    Kleine Anfragen

1. Kommunalrechtsnovelle – für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz

Mit der Novellierung des Kommunalrechts ist ein zentrales Projekt des Koalitionsvertrages für mehr Bürgerbeteiligung, Demokratie und Transparenz auf den Weg gebracht wurden.

So ist z.B. vorgesehen, die Quoren für Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide zu senken und die Möglichkeit von Bürgerbeteiligungssatzungen zu schaffen. Außerdem sollen Beratungsunterlagen kommunaler Räte künftig generell veröffentlicht werden. Darüber hinaus sollen alle Fraktionen in Gemeinde- und Kreisräten Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht und eine gesicherte Fraktionsfinanzierung haben. Damit ist ein weiterer Grundstein dafür gelegt, dass sich Bürger*innen und kommunale Räte künftig noch wirkungsvoller einbringen können. Der Gesetzentwurf wurde dem Landtag zugeleitet und wird in den kommenden beiden Monaten beraten.

Pressemitteilung (19. Oktober 2021): Kommunalrechtsnovelle – Stärkere Bürgerbeteiligung und mehr Transparenz

Rede Valentin Lippmann (20. Mai 2021): Innenhaushalt – Wir stellen entscheidende Weichen für Demokratie und Bürgerrechte

2. Kein Schlussstrich – 10 Jahre Selbstenttarnung NSU

Am 4. November jährte sich die Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrundes zum zehnten Mal. Aus diesem Anlass haben wir BÜNDNISGRÜNEN eine aktuelle Debatte im Landtag geführt. Auch nach dieser Zeit bleiben viele Fragen offen: Welche Rolle und welchen Umfang hatten die Unterstützungnetzwerken in Sachsen und wie lief die Finanzierung der Terroristen? Ob die Sicherheitsbehörden in Sachsen aus ihrem Versagen unmittelbar die richtigen Schlüsse gezogen haben, darf mit Blick auf die vergangenen Jahre (Beispiel Terrorgruppe Freital) bezweifelt werden. Der Kampf gegen Rechtsextremisten ist und bleibt einen permanente Aufgabe, der sich alle politisch Verantwortlichen stellen müssen. Mit der Forderung an die Staatsregierung, ein Gesamtkonzeptes gegen Rechtsextremismus vorzulegen, haben wir einen klaren Handlungsauftrag an die politisch Verantwortlichen formuliert. Wir erwarten, dass dieses Konzept jetzt auch schnellstmöglich dem Landtag vorgelegt wird.

Rede Valentin Lippmann (19. November 2021): Aktuelle Debatte NSU – Alles dafür tun, dass sich derartige Taten nie wiederholen

Pressemitteilung (03. November 2021): 10 Jahre NSU-Selbstenttarnung: Kampf gegen Rechtsextremismus muss weiterhin Priorität haben

Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus:

Tipp zum Nachschauen: Am 02. November fand die Onlinediskussion 10 Jahre “Selbstenttarnung NSU – Alles aufgearbeitet?” mit Gül Pinar (Vertreterin der Nebenklage im NSU-Prozess), Miro Jennerjahn
(Obmann BÜNDNISGRÜNE 1. Untersuchungsausschuss), Jörg Buschmann (Vertreter der Initiative Offener Prozess, ASA-FF e.V.) und Valentin Lippmann (MdL, Obmann BÜNDNISGRÜNE 2. Untersuchungsausschuss) statt.

Hier finden Sie Einen Videomitschnitt der Veranstaltung:

Weitere Informationen zur Arbeit der NSU-Untersuchungsausschüsse hier:

3. Verfassungsschutzbericht 2020

Am 5. Oktober wurde der sächsische Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vorgestellt. Darin wird wieder einmal ersichtlich, dass Sachsen ein massives Problem mit Rechtsextremismus hat. Im vierten Jahr in Folge ist die Zahl der als rechtsextremistisch eingestuften Personen gestiegen. Auch hier wird noch einmal deutlich, dass das in Aussicht gestellte Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus auch Strategien entwickeln muss, wie der gezielten Ansiedlung rechtsextremer Familien und Personen in Mittelsachsen und Chemnitz und rechtsextremer Immobiliennutzung generell entgegengetreten werden kann. Außerdem wartet der Bericht mit klaren und ausführlichen Aussagen zum vermeintlich aufgehobenen Flügel der AfD auf. Weite Teile der AfD-Funktionäre werden als rechtsextremistisches Personenpotential im Verfassungsschutzbericht geführt. Die im Bericht ebenso geführte hohe Anzahl von Gewalttaten aus dem linken Spektrum ist ebenfalls erschreckend. Gewalt ist kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung.

Pressemitteilung (05. Oktober 2021): Verfassungsschutzbericht – Es braucht eine zügige Umsetzung des Gesamtkonzeptes Rechtsextremismus:

Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2020:

4. Untersuchungskommission „Spezialeinheiten der Polizei“ zeigt akuten Handlungsbedarf

Am 10. September wurde der Bericht der Untersuchungskommission „Spezialeinheiten der Polizei“ vorgestellt, welche im Zuge der abhanden gekommenen Munition beim Mobilen Einsatzkommando Dresden vom Innenministerium eingesetzt wurde. Die dabei festgestellten persönlichen Motive der Beteiligten, die gruppendynamischen Prozesse und die Mängel in der Dienstaufsicht zeigen einen akuten Handlungsbedarf auf. Neben notwendigen Änderungen in der Dienst- und Fachaufsicht ist vor allem eine effektive Korruptionsbekämpfung dringend geboten. Damit verbunden sind auch Maßnahmen, um Whistleblower wirksam zu schützen. Und was der Bericht ebenso deutlich macht: Das in der Koalition vereinbarte Leitbild der Polizei muss dringend erarbeitet werden – für eine transparente und starke Polizei, die den Werten von Demokratie und gesellschaftlicher Offenheit verpflichtet ist.

Pressemitteilung (10. September 2021): Untersuchungskommission „Spezialeinheiten der Polizei“ – Leitbild der Polizei nun umso dringender auf der Agenda

Pressemitteilung des Sächsischen Staatsministerium des Innern: „Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission Spezialeinheiten der Polizei liegt vor“

5. Transparenzgesetz – Weichen für ein transparentes Handeln von Staat und Verwaltung gestellt

Sachsens grüne Justizministerin Katja Meier hat am 31. August den Entwurf eines Transparenzgesetzes für den Freistaat Sachsen vorgestellt. Damit werden die Weichen für ein transparentes Handeln von Staat und Verwaltung gestellt. In fast allen Bundesländern gibt es den Informationsfreiheitsanspruch bereits jetzt. Sachsen ist bisher Schlusslicht. Bürger*innen haben mit diesem Gesetz ein Recht auf Zugang zu staatlichen Informationen. Diese sollen künftig auf sogenannten Transparenzplattformen veröffentlicht werden. Damit müssen Behörden Dokumente nicht nur auf Antrag herausgeben, sondern selbst aktiv ins Netz stellen. Das Transparenzgesetz ist eines unserer zentralen bündnisgrünen Themen im Koalitionsvertrag, welches nunmehr langsam Fahrt aufnimmt. Mit einer Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Landtag rechnen wir noch in diesem Jahr.

Pressemitteilung (31. August 2021): Transparenzgesetz: Meilenstein für transparentes Handeln von Staat und Verwaltung

Pressemitteilung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung: „Kabinett bringt Sächsisches Transparenzgesetz auf den Weg“

6. Lagebericht Extremismusprävention zeigt Rechtsextremismusproblem

Der am 4. Mai veröffentlichte erste Lagebericht der Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung und der am 19. Oktober veröffentlichte zweite Bericht zeigen deutlich, dass es ein Problem mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in den Sicherheitsbehörden gibt. Im Untersuchungszeitraum vom 1. Januar 2017 bis 30. Juni 2021 führten 47 Sachverhalte mit extremistischen Bezug zu 52 Prüffällen. Es handelt sich dabei um 47 Bedienstete bei der Sächsischen Polizei und eine oder einen beim Landesamt für Verfassungsschutz. Hier ist sofortiger Handlungsbedarf geboten, denn jeder Verdachtsfall ist einer zu viel. So sollte endlich über die Einrichtung einer anonymen Hinweisplattform nachgedacht werden, die auch der Korruptionsbekämpfung dienen kann. Zudem müssen die Untersuchungen der Koordinierungsstelle jährlich fortgeschrieben und auf alle Behörden des Freistaates ausgedehnt werden.

Pressemitteilung (04. Mai 2021): Lagebericht Extremismusprävention und -bekämpfung – Dokumentierte Fälle zeigen Rechtsextremismus-Problem in Sicherheitsbehörden

7. Untersuchungsausschuss AfD

Nach der Landtagswahl 2019 wurde auf Antrag der AfD in Ausübung ihres Minderheitenrechts die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen. Nach unserer Auffassung soll die Untersuchung von der eigenen Verantwortung einer chaotischen Listenaufstellung ablenken und die Geschichte von einer großen Verschwörung gegen die AfD erzählt werden – etwa durch angebliche Einflussnahmen der Politik auf den Landeswahlausschuss, der über die Kürzung der Landesliste entschieden hatte. Im Zuge der Arbeit im Untersuchungsausschuss ist allerdings deutlich geworden, dass es Einflussnahmen seitens der AfD gegeben hat. Dies und andere Zwischenergebnisse der Untersuchung sollen in einem Zwischenbericht zum Untersuchungsauftrag veröffentlicht werden. Ein entsprechender Antrag wurde im Landtag verabschiedet und soll bis Ende des Jahres vorliegen.

Rede Valentin Lippmann (30. September 2021): Untersuchungsausschuss – Nach bisherigen Erkenntnissen waren es eher die Ankläger, die sich schuldig gemacht haben

8. Anheben der Schöffen-Altersgrenze

Vor 46 Jahren wurde das Höchstalter von Schöffinnen auf 70 festgelegt. Damals lag die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland um gut zehn Jahre niedriger als heute. Es ist Zeit, diese Altershöchstgrenze zu ändern, denn sie ist nicht mehr zeitgemäß. Viele Menschen sind heute auch noch mit über 70 voll leistungsfähig und leisten einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag durch ehrenamtliche Tätigkeiten. Hinzu kommt das wir mehr Menschen für das Schöffinnenamt gewinnen wollen. Wir sollten von daher nicht auf die Lebenserfahrung von älteren Schöffinnen verzichten und ihnen pauschal das Schöffinnenamt verweigern. Vor diesem Hintergrund haben wir uns in unserem gemeinsamen Antrag mit CDU und SPD für eine Erhöhung der Altersgrenze stark gemacht.

Rede Valentin Lippmann (29. September 2021): Schöffinnen & Schöffen – Altersgrenze scheint mit Blick auf gestiegene Lebenserwartung willkürlich gesetzt

Antrag der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD: „Die Altersgrenze für Schöffinnen und Schöffen ändern“ (Drs 7/7089)

Podcast #59 Rechtsextreme Rechtsreferendare 2.0, Anti-Corona-Proteste in Sachsen und die „Freien Sachsen“

Meinen aktuellen Podcast ganz bequem zum Nachhören:

Die aktuelle Ausgabe der SaxGrün

Das Heft mit vielen spannenden Themen ist hier zu finden:

Kleine Anfragen

Meine Kleinen Anfragen finden Sie hier: