Newsletter Hochschulpolitik 2/2017

Datum: 03. Januar 2018

Liebe Leserinnen und Leser,
auch in der zweiten Hälfte 2017 gab es viel Neues und Berichtenswertes aus dem Bereich Hochschule und Wissenschaft.
Themen dieser Ausgabe sind:

  1. Reform der Lehramtsausbildung
  2. Sachsens Hochschulen verlieren 13,3 Millionen Euro wegen nicht erfüllter Zielvereinbarungen
  3. Sanierungsstau an sächsischen Hochschulen
  4. Studentisches Wohnen in Sachsen
  5. Berufsakademie: Neues Gesetz besteht Praxistest nicht – Für den Präsidenten ist kein Platz
  6. Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt
  7. Hochschulgesetz: Wir brauchen verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft

Ich danke allen für das Interesse, für die vielen Hinweise und gute Zusammenarbeit im letzten Jahr und wünsche frohe Weihnachten und einen guten Start in ein ideenreiches Jahr 2018,
Claudia Maicher

1. Reform der Lehramtsausbildung
Sachsen verfügt derzeit über keine gesetzlichen Regelungen zur Lehramtsausbildung. Über die Ausbildung der künftigen Lehrerinnen und Lehrer entscheiden bisher allein das Wissenschafts- und das Kultusministerium. Das führt dazu, dass zwar überall ein grassierenden Lehrermangel beklagt wird, sich aber gleichzeitig zu wenig tut, um die Defizite in der Ausbildung der Lehrkräfte in Sachsen abzubauen. Das wollen wir GRÜNE ändern und dem Landtag mit einem Gesetz die Zügel in die Hand geben. Bereits im Mai stellten wir unseren Gesetzentwurf vor und sind in der Folge mit allen relevanten Akteurinnen und Akteuren in Diskussionsrunden und Fachgesprächen ins Gespräch gekommen. Unser Anspruch ist, die Meinungen und Änderungsvorstellungen der Menschen aus der Praxis in das Gesetz mit aufzunehmen. Das haben wir dann auch mit einem Änderungsantrag gemacht. Die Neufassung finden Sie hier: Konsolidierter Gesetzentwurf für ein sächsisches Lehrerbildungsgesetz. Inhaltliche Schwerpunkte unseres Gesetzes sind gleiche Ausbildungslängen für alle Lehrämter, Stufenausbildung statt Schulartausbildung, deutlich mehr Praxiselemente und Reflexionsmöglichkeiten, Qualitätssicherung, inklusive Bildung in allen Lehrämtern, Bachelor/Masterausbildung statt Staatsexamen und gebündelte Zuständigkeiten der Zentren für LehrerInnenbildung für alle Fragen, die die Lehramtsausbildung betreffen. Im Dezember haben wir das Gesetz in der zweiten Lesung im Landtag behandelt. Die CDU/SPD Regierungskoalition hat das Gesetz abgelehnt. (Rede)

2. Sachsens Hochschulen verlieren 13,3 Million Euro wegen nicht erfüllter Zielvereinbarungen
2014 wurden zum ersten Mal mit den sächsischen Hochschulen Zielvereinbarungen, u.a. zur Einhaltung der Regelstudienzeit, Profilbildung oder Umsetzung des Gleichstellungsauftrages, abgeschlossen. Der Erfüllungsgrad bestimmt dabei über die Höhe der Zuschüsse, die die Hochschulen in den nächsten Jahren bekommen. Jetzt ist die erste Zielvereinbarungsperiode abgeschlossen und nur zwei Hochschulen konnten alle Ziele erfüllen. Insgesamt standen 13,3 Millionen Euro zur Debatte, die für die Hochschulen verloren wären. Wir haben das Thema aufgegriffen und dabei insbesondere kritisiert, dass es sich bei den Zielvereinbarungen nicht um fair ausgehandelte Zielvorgaben handelt. Denn das sächsische Hochschulgesetz sieht vor, dass das Ministerium letztendlich auch gegen Kritik aus den Hochschulen diese Ziele allein festlegen kann (Pressemitteilung). Unser öffentlicher Druck hat sich zumindest bei den drohenden Einbußen bezahlt gemacht. Ministerium und Hochschulen haben sich darauf verständigt, fast die gesamte Summe bei den Hochschulen – zweckgebunden – zu belassen.

3. Sanierungsstau an sächsischen Hochschulen
Der sächsische Rechnungshof hat in seinem Bericht für 2016 einen Sanierungsbedarf von 140 Millionen Euro allein für die Universität Leipzig ermittelt. Als Ursache identifiziert der Rechnungshof die nicht auskömmliche Finanzausstattung mit Bauunterhaltungsmitteln in der Vergangenheit. Insbesondere wurde bemängelt, dass die angemeldeten Bedarfe weit über dem liegen, was am Ende im Haushalt als Bauunterhalt eingestellt wurde. Diese Bedarfe werden dem Landtag bisher nicht mitgeteilt, sondern nur beim Finanzministerium angemeldet. Ich wollte es deshalb genau wissen und habe angefragt, welche Bedarfe denn tatsächlich gemeldet wurden (Erste Anfrage; Zweite Anfrage). Das Finanzministerium wollte diese Zahlen nicht herausgeben, verstieg sich sogar zu der Behauptung, was im Haushalt stehen würde, würde den Sanierungsbedarf abdecken. Das war angesichts der Zahlen des Rechnungshofes nicht zu akzeptieren und so haben wir GRÜNE das Thema per Plenarantrag öffentlich gemacht. Der Antrag wurde zwar abgelehnt, aber das Thema bleibt damit auf der Agenda. (Rede)
4. Studentisches Wohnen in Sachsen

Die Bedeutung von Studierendenwohnheimen für sozialverträgliches studentisches Wohnen kann in Sachsen nicht überschätzt werden. Fast alle der 15.800 Wohnheimplätze sind belegt (Kleine Anfrage). Gleichzeitig sehen wir auch in Sachsen den Trend, dass selbst in den Studierendenwohnheimen die Mieten über der Wohnpauschale des BAföG liegen. Für 2.300 Wohnheimplätze wird eine Miete über 250 Euro fällig. Das hat in Sachsen auch damit zu tun, dass die Studierendenwerke keinen staatlichen Zuschuss für Wohnheimbau- und Sanierung erhalten, sondern Investitionen über die Mieten gegenfinanzieren müssen. Ich habe die Anfrage zum Anlass genommen unsere Kritik an dieser Art von sächsischer Sparpolitik zu bekräftigen. Es ist aber auch klar, dass es in dieser Legislaturperiode im Bund endlich zu einer grundlegenden Novellierung des BAföG kommen muss. (Pressemitteilung) 5. Berufsakademie: Neues Gesetz besteht Praxistest nicht − Für den Präsidenten ist kein Platz
Nur wenige Monate nach Inkrafttreten des neuen Berufsakademiegesetzes zeigt sich, dass Teile in der Realität nicht praktikabel sind. Dies ergab die Antwort von Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange (SPD) auf meine Kleine Anfrage. Als der Gesetzentwurf noch in der Bearbeitung war, gab es vonseiten der Direktorenkonferenz nachdrückliche Kritik an der gesetzlichen Festlegung von Glauchau als geplantem Sitz der Berufsakademie. Leider verhallte sie ungehört. Und nun zeigt sich: für das neu eingeführte Amt des Präsidenten stehen in Glauchau noch nicht einmal eigene Räumlichkeiten zu Verfügung. Für seine Arbeitsgespräche kann er lediglich einen Besprechungsraum nutzen. Der Präsident der Berufsakademie ist allerdings für die Vertretung nach außen zuständig und hat damit auch eine repräsentative Verantwortung. Dass er diese aus einem Besprechungsraum heraus wahrnehmen soll, ist eine Zumutung und seines Amtes nicht würdig. Hier rächt sich die Ablehnung der Änderungsvorschläge aus der GRÜNEN-Fraktion. Denn meine Fraktion hatte die Kritik an der starren Vorgabe des Sitzes in einem Änderungsantrag aufgenommen, der der Berufsakademie das Recht eingeräumt hätte, selbstständig über ihren Sitz zu entscheiden. Aber die CDU/SPD-Koalition wollte davon nichts hören. Die Wissenschaftsministerin steht jetzt in der Pflicht, diesen unwürdigen Zustand zu beenden und für angemessene Räumlichkeiten für den Präsidenten zu sorgen. Schließlich ist sie für den fehlerhaften Gesetzentwurf verantwortlich.

6. Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt
Die Richtlinie zum Aufbau eines ‚Instituts für gesellschaftlichen Zusammenhalt‘ wurde am 8. November im Bundesanzeiger durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) öffentlich bekannt gemacht. Bereits bei Bekanntwerden dieses millionenschweren Forschungsvorhabens im Januar 2017 habe ich eine wissenschaftsbasierte Ausschreibung, ein unabhängiges Institut und Transparenz über die Vergabe der hohen Fördersumme gefordert, bevor eine Standortfestlegung gefällt wird. Ich begrüßen daher die nunmehr vorgelegte Richtlinie des BMBF zur Ausschreibung der Forschungsförderung für ein dezentrales Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mit dieser Ausschreibung ist die Gründung eines CDU-nahen Instituts in Dresden hoffentlich vom Tisch. Gerade in Sachsen ist die gesellschaftliche Spaltung seit Jahren sichtbar. Strukturen und Wahrnehmungen gesellschaftlicher Zugehörigkeit werden auch aus der Mitte der Gesellschaft infrage gestellt. Wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ursachen, Ausprägungen und den Zustand der Demokratie sind unerlässlich. Die Hoffnung bleibt, dass die bestehende vielfältige Forschungslandschaft in Sachsen zur Konflikt-, Demokratie- und Extremismusforschung zum Zuge kommt und Teil des dezentralen Instituts wird.
7. Hochschulgesetz: Wir brauchen verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft
Wir brauchen verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft und die Möglichkeit für die Hochschulen, besonders qualifizierte Hochschullehrende bei Abwerbeversuchen halten zu können. Doch bei der im September beschlossenen Änderung des Hochschulgesetzes ging der CDU/SPD-Regierungskoalition offenbar Schnelligkeit vor Gründlichkeit. Die Staatsregierung stellt Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die am sogenannten Tenure-Track-Programm des Bundes teilnehmen, mit dem Gesetz rechtlich besser als andere. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich bedenklich. Darauf hatten schon verschiedene Juristen in der Sachverständigenanhörung zum Gesetzentwurf hingewiesen. Außerdem ergibt es zum Beispiel wenig Sinn, den Hochschulen auf der einen Seite mehr Freiheit bei der Rufabwehr der Hochschullehrerinnen und -lehrer geben zu wollen, die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit aber unter Genehmigungsvorbehalt durch das Ministerium zu stellen. Es wäre ein Leichtes gewesen, den Gesetzentwurf in Folge der Anhörung verfassungsrechtlich sauber und inhaltlich durchdacht auszugestalten. Stattdessen hat die Regierungsmehrheit ein Gesetz durch das Parlament gedrückt, das am Ende vor Gericht landen könnte. (Rede) Jetzt Newsletter abonnieren!