Datum: 10. Juni 2021

Replik auf das Interview und die Aussagen des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer gegenüber dem RND

Wir BÜNDNISGRÜNE haben einen klaren Wertekompass: Das unterscheidet uns deutlich von der CDU.

Franziska Schubert, Fraktionsvorsitzende

Mich befremdet diese Art, Politik zu machen und in alle Richtungen zu treten. Selbstreflexion wäre angemessener, denn über Jahrzehnte hat die CDU sich als Staatspartei aufgeführt und schlimme Entscheidungen getroffen, vor allem für den ländlichen Raum: Schulschließungen in Größenordnungen, Vernachlässigung von Jugend- und Sozialpolitik, Abbau von Infrastruktur, Augen zu bei Klima-, Natur- und Umweltschutz. Und nicht zu vergessen: die Bagatellisierung des Rechtsextremismus. Über Jahrzehnte wurde in Verwaltungen nach Parteibuch besetzt und willkürlich agiert – das sind die Leute einfach leid.

Das hat das Land gespalten – und ich bin in diesem Land aufgewachsen und das hat mit meiner Biografie etwas gemacht. Ich engagiere mich politisch, weil ich genau das nicht mehr will: diesen Habitus als gönnerhafte, bändchendurchschneidende Staatspartei, die nach Gunst agiert und dabei die Interessen vieler Menschen, insbesondere der jungen Generation, abwatscht.

Es sind alte Muster, die der Ministerpräsident hier von sich gibt – und genau das produziert weiter Politikverdrossenheit. Es ist sehr deutlich, dass es um Machterhalt geht, obwohl die CDU keine Ideen mehr hat, was sie damit überhaupt noch will. Solche Interviews widersprechen der angekündigten politischen neuen Kultur, für die auch der Ministerpräsident einstand. Es ist Wahlkampf – und der Ministerpräsident stellt die Interessen seiner schrumpfenden Partei über seine Verantwortung für dieses Land. Das ist für einen Landeschef unwürdig und enttäuscht mich auch persönlich.

Die Idee, dass an der Stärke der AfD andere Parteien Schuld sind, ist unangemessen und empirisch falsch: Die CDU verliert Wähler:innen, auch an die Grünen, aber in der Vergangenheit vor allem an die AfD. Und solche Äußerungen offenbaren da doch vieles: Vor allem ein Ablenken der eigenen Verantwortlichkeit dafür, wieviel wir in diesem Land zu reparieren haben. Es war die CDU, die mit ihrer Art von Politik über Jahre immer mehr Menschen für die Demokratie verloren hat. Und es ist auch das Versäumnis einer CDU in Sachsen, die demokratiefeindliche AfD klar zu adressieren und sich deutlich abzugrenzen. Die AfD wurde hoffähig gemacht durch den Wankelmut einer CDU im Umgang mit ihr.

Wir BÜNDNISGRÜNE sind die Partei, die am stärksten Konkretes für die Zukunft anbietet – und das merken mehr und mehr Menschen. Dass das der CDU nicht gefällt, kann ich mir vorstellen, finde aber den Stil des Umgangs damit unterirdisch. Die Vorwürfe sind platt, undifferenziert, polemisch und nicht untersetzbar. Die Keule der Verbotspartei zu schwingen, ist billig; aber Herr Kretschmer hat ja Erfahrung damit, den Leuten nach dem Mund zu reden. Es ist Angst, die hier das Wort führt – und Hilflosigkeit. Von einem Ministerpräsidenten erwarte ich Stärke, die sich auch in Sprache ausdrückt – die nehme ich hier nicht wahr.

Wenn ich an die Geschichte der CDU denke und an die Verstrickungen eines Armin Laschet, der für mich all das verkörpert, was uns nach der Wende viel Mist eingebrockt hat, dann frag ich mich: Was hat er denn anzubieten? Da ist kein Mut, da ist kein Inhalt, da ist altväterliches Getue mit wenig Glaubwürdigkeit. Das ist schon lange nicht mehr bürgerlich, das ist nur noch verfilzt und amoralisch.

Ich widerspreche dezidiert dem unsinnigen Märchen der CDU, das sie immer vor Wahlen erzählt, dass es nur helfen würde, die CDU zu wählen, um die AfD klein zu halten. Das ist Humbug, den leider viele Menschen zu lange schon glauben.

Es braucht uns BÜNDNISGRÜNE, das wird durch dieses Interview deutlich. Wie unredlich, den eigenen Koalitionspartner als ‚übergriffig‘ zu bezeichnen – wir sind vertragstreu und zuverlässig, wir sind oftmals die Kraft, die bei verhakten Situationen einlenkt und Lösungswege vorschlägt – im Interesse des Landes.

In diesem Land gibt es immer mehr Menschen, die auf ÖPNV umsteigen, wenn er gut funktioniert; die gut produzierte Lebensmittel wollen und faire Entlohnung für die Erzeuger; und sie wollen ein Land, in dem sich Engagement lohnt und auch anerkannt wird, wenn es nicht mit schwarzem Parteibuch verbandelt ist. Und dafür stehen wir wie keine andere Partei.

Wir haben aber darüber hinaus den Mut, auch mal wirklich Neues einzubringen und für Veränderungen Antworten anzubieten. Wir haben die Erfahrung, eine wirkliche deutsch-deutsche Partei zu sein und wir regieren erfolgreich in vielen Bundesländern.

Wir BÜNDNISGRÜNE haben einen klaren Wertekompass: Das unterscheidet uns mittlerweile deutlich von der CDU, bei der man nicht mehr weiß, wofür sie eigentlich steht – außer für schmutzige Kampagnen und Geschäfte vielleicht. Und ja, wir fechten Meinungsvielfalt auch in den eigenen Reihen aus. Unser Bekenntnis für einen fairen Wahlkampf haben wir festgehalten – der Ministerpräsident aber steht mit seinen Aussagen in einer Reihe mit denen, die Dreck werfen und unter die Gürtellinie gehen. Wer keine Inhalte hat, macht so Wahlkampf. Unser Stil ist das nicht.

Wir haben Standhaftigkeit bewiesen. Der Ministerpräsident wird seine eigene erst noch nach der Bundestagswahl in Sachsen beweisen müssen.

Franziska Schubert,

Fraktionsvorsitzende BÜNDNISGRÜNE-Fraktion

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