Datum: 30. Juli 2015

Sterilisation als Möglichkeit zur Schwangerschaftsverhütung noch immer in sächs. Lehrplänen für Förderschulen für geistig Behinderte

(2015-253) Im sächsischen Lehrplan von Förderschulen für geistig Behinderte ist die Sterilisation der Frau bzw. des Mannes als Möglichkeit der Schwangerschaftsverhütung genannt. Mehr noch: Unter dem Stichwort Eigenverantwortung findet sich der Hinweis ’selbstbestimmte Entscheidung zur Sterilisation treffen‘. In den Lehrplänen für Regelschulen existiert diese Passage nicht.
Für Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion, ausreichend Grund für eine Kleine Anfrage an die Staatsregierung mit der dringenden Bitte um eine Erklärung.
"Bei mir schrillen die Alarmglocken, wenn ich so etwas lese. Welche Grundhaltung führt zur Aufnahme solcher Passagen in Lehrpläne? Was sagt das über die Auffassung zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen? Offenkundig ist es nicht gewollt, dass sich Menschen mit kognitiven Einschränkungen fortpflanzen. Damit steckt in diesem Lehrplan im Kern der alte Geist, dass Behinderungen eine Gefahr für die ‚Volksgesundheit‘ darstellen."
"Dass vergleichbare Passagen auch in anderen Bundesländern, etwa in Thüringen, in Lehrplänen stehen, ist keine Entschuldigung. Vielmehr zeigt es die Notwendigkeit, das Thema auch andernorts auf die Tagesordnung zu setzen. In Bayern immerhin wird das Thema wesentlich sensibler im Lehrplan Förderschwerpunkt geistige Entwicklung angesprochen und zwar erst in der Berufsschulstufe. Dort heißt es etwa ’sich über Sterilisation informieren: Gespräch, Buch, Informationsbroschüre, Arzt‘."
"Es ist ein Armutszeugnis, wenn die Staatsregierung antwortet, dass der Lehrplan 1998 entstanden ist und damit vor der Lehrplanreform und den gültigen Grundlagenpapieren. Auch vor 17 Jahren hatten Schülerinnen und Schüler schon das Recht, in der Schule die Befähigung zu erlangen, ein Leben in größtmöglicher Selbstständigkeit und Würde führen zu können. Dies konterkariert der Hinweis, Sterilisation der Frau bzw. des Mannes sei eine Möglichkeit der Schwangerschaftsverhütung."
Deutschland hat bereits 2007 die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet. Es war Zeit genug für eine Überarbeitung. Diese soll nun immerhin bis 2016 erfolgen. Der Bereich "Liebe – Freundschaft – Sexualität" wird strukturell und inhaltlich neu gefasst und soll sich beim Thema Empfängnisverhütung an die Lehrpläne der anderen allgemeinbildenden Schularten anlehnen. » Kleine Anfrage "’Sterilisation‘ im Lehrplan der Förderschulen für geistig Behinderte" (Drs 6/2064)