PM 2013-153: Thema Hochwasser: Wer den Wiederaufbau als nationale Frage bezeichnet, sollte beim Thema Hochwasserschutz nicht so engstirnig argumentieren
Enttäuscht zeigt sich Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, von der heutigen Erklärung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich zum Hochwasser 2013.
"Natürlich muss es wie im Jahr 2002 möglichst schnell einen nationalen Aufbauhilfefonds geben", so Kallenbach.
"Ich erwarte von der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten in der kommenden Woche auch eine selbstkritische Analyse der Hochwasserschutzpolitik Sachsens. Der Schwerpunkt muss sich von technischen Baumaßnahmen zu Schaffung von mehr Überschwemmungsflächen an den Gewässern verschieben. Die Staatsregierung muss ein Programm gegen die weitere Versiegelung von Flächen, insbesondere in der Nähe von Flussläufen, auflegen und das Programm zur Schaffung von mehr Waldfläche in Sachsen (Waldmehrung) endlich vorantreiben. Kommunen und Eigentümer brauchen Unterstützung, um die Wasseraufnahmefähigkeit in den Hochwasserentstehungsgebieten zu verbessern."
"Statt weniger Bürgerbeteiligung brauchen wir einen frühen und echten Dialog vor Ort. Es passt nicht zusammen freiwilligen Helferinnen und Helfern zu danken, ihnen aber die Mitsprache bei den eigenen Angelegenheiten zu verwehren. Engagierte Bürgerinnen und Bürger gibt es nur ganz oder gar nicht", so die Abgeordnete. "Es wäre falsch, ihre Erfahrungen nicht zu nutzen."
Hintergrund:
Nach dem Hochwasser 2002 wollte Sachsens Staatsregierung ursprünglich 49 Deichrückverlegungen und Polder mit einem Flächengewinn von jeweils mindestens fünf Hektar umsetzen. Diese hätten eine Gesamtfläche von 7.500 Hektar umfasst. 2012 gab Umweltminister Frank Kupfer (CDU) auf GRÜNE Nachfragen zu, dass inzwischen nur noch 34 Maßnahmen geplant seien. Damit reduziert sich der potenzielle Flächengewinn für die Flüsse bei Hochwasser von 7.500 auf 5.000 Hektar. Seit 2002 sind bis heute ohnehin nur zwei der ursprünglich 49 geplanten Deichrückverlegungen mit einem Flächengewinn von 111 Hektar (1,5 Prozent) umgesetzt worden.
Dieses Verzögern wichtiger Maßnahmen ist kein Zufall: Insgesamt wurden seit 2002 530 Millionen Euro für sächsischen Hochwasserschutz ausgegeben, davon allerdings nur 5 Millionen Euro für die Schaffung von Überschwemmungsflächen.
Der Flächenverbrauch im Freistaat bleibt weiter ungebremst hoch. Versiegelter Boden kann kein Wasser aufnehmen. Laut Umweltbericht der Staatsregierung wurden im Jahr 2010 immer noch 8,2 Hektar Fläche täglich neu versiegelt. Das sind acht Fußballfelder in 24 Stunden. Wir GRÜNEN setzen uns für eine Null-Neuversiegelungsrate ein.
Das im Landesentwicklungsplan 2003 verkündete Waldmehrungsziel Sachsens auf 30 Prozent der Landesfläche findet die vollste Unterstützung der GRÜNEN-Fraktion. Allerdings stieg der Waldanteil von 28,3 Prozent in den vergangenen sechs Jahren nur um 0,1 Prozent. Da Umweltminister Kupfer beschlossen hat, dass das 30-Prozent-Ziel in Kürze nicht mehr erreichbar sei, hat er einfach die Umsetzung bis zum Jahr 2050 verlängert. Das bedeutet, dass nur 200 Hektar jährlich an Waldfläche in Sachsen dazukommen sollen. Das ist so viel Fläche, wie in Sachsen allein in einem Monat neu versiegelt wird.
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