Datum: 09. Juni 2009

PM 2009-134: GRÜNE geben Startsignal für mehr Kinderrechte in Sachsen

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wirft der Sächsischen Staatsregierung vor, die 1992 von Deutschland unterzeichnete UN-Kinderrechtskonvention nicht in vollem Umfang umzusetzen.
Diese war 1989 von den Vereinten Nationen mit dem Ziel verabschiedet worden, Kindern und Jugendlichen, unabhängig von Herkunft und Geschlecht, das Recht auf besonderen Schutz, die Förderung ihrer Entwicklung sowie Partizipation und Beteiligung einzuräumen.
Ekin Deligöz, Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN und Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestages, fordert neben der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz: "Alle Kinder brauchen gleiche Rechte! Die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung wäre ein klares Signal an Staat und Gesellschaft, dass Kinder in den Mittelpunkt gehören und eigenständige Persönlichkeiten sind. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass es viele Kinder gibt, die ihre ihnen zugesprochenen Rechte nicht umsetzen können und das auch deutlich wahrnehmen. Es darf nicht ignoriert werden, dass bereits Grundschüler die Flinte ins Korn werfen, weil sie für sich keine Zukunftschancen sehen. Diese Perspektivlosigkeit dürfen wir nicht hinnehmen."
Auch Elke Herrmann, sozialpolitische Sprecherin der GRÜNEN im Sächsischen Landtag, kritisiert die Tatenlosigkeit der Politik: "In Sachsen bekunden die demokratischen Parteien zwar regelmäßig, dass ihnen Kinderrechte wichtig sind. Mehr als Schutzrechte fallen ihnen dazu jedoch oft nicht ein. Den Bemühungen der GRÜNEN um eine volle rechtliche Umsetzung stellten sich sowohl die Staatsregierung als auch die anderen Fraktionen immer wieder in den Weg."
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag hat in dieser Legislatur ein Paket mit  parlamentarischen Vorschlägen – 2 Gesetzentwürfe und 4 Anträge – vorgelegt, das neue rechtliche und politische Rahmenbedingungen setzen will.
"Partizipation und Beteiligung müssen ebenso gelernt werden, wie andere soziale Kompetenzen. Das heißt aber, dass auch das ‚Nicht-Lernen‘ folgenschwer ist – für Kinder und Jugendliche ebenso, wie für die demokratische Zivilgesellschaft", erklärt Herrmann.
Das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Partizipation und Beteiligung schließt ein, dass die Formen der Beteiligung für kleine Kinder andere sind, als für 16-Jährige und ältere. Der Weg zur Einflussnahme auf politische Entscheidungen, die die Interessen der Kinder und Jugendliche berühren, muss Schritt für Schritt gegangen werden.
Bis auf einen Gesetzentwurf und einen Antrag, die noch am 10. Juni im Sozialausschuss und anschließend im Plenum beraten werden, fanden die Initiativen der GRÜNEN allerdings keine Mehrheit.
Deshalb will die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch auf anderem Wege die öffentliche Auseinandersetzung zu diesem Thema befördern. Ein jährlicher Kinderrechte-Empfang wird nicht nur dazu beitragen, über die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Sachsen zu diskutieren, sondern auch gute Beteiligungsprojekte vorzustellen.
"Dazu laden wir Kinder, Jugendliche und engagierte Menschen herzlich ein. Ab dem kommenden Jahr wollen wir auch einen Kinderrechte-Preis ausloben, der in regelmäßigem Turnus vergeben wird. Auf diesem Weg sollen herausragende Projekte ausgezeichnet und bekannt gemacht werden", wünscht sich Elke Herrmann.
"Zudem sollen Empfang und Preisverleihung den Akteuren aus der Praxis die Möglichkeit bieten, sich an diesem Tag zu einem fachlichen Austausch zu treffen. Damit wollen wir die Vernetzung und den Ideenaustausch aktiv fördern."

Hintergrund:
Auf der Tagesordnung des Sozialausschusses am 10.06.2009 stehen: » Gesetzentwurf "Gesetz zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen im Freistaat Sachsen" (Drs. 4/12533) Der grüne Gesetzentwurf "Gesetz zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen im Freistaat Sachsen" setzt die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Freistaat Sachsen um. Hier gibt es einen Paradigmenwechsel: Kinder und Jugendliche sind nicht mehr länger allein Empfänger von Schutz und Förderung. Ihre Subjektstellung wird hervorgehoben und mithin auch die Beteiligungsrechte. Erst in dem Dreiklang der drei Säulen von Kinderrechten können sie wirklich wirksam werden. Bekannt ist das seit langem aus den Präventionsprojekten gegen sexuellen Missbrauch: "Nein" sagen können, sich nicht einschüchtern zu lassen und Unterstützung zu holen – das sind die wichtigsten Botschaften. Dahingehend wird die Verfassung des Freistaates geändert. In der Gemeinde- und Landkreisordnung wird geregelt, dass Kinder und Jugendliche beteiligt werden sollen und dazu eine Darstellungspflicht haben. Dabei wurde bewusst offen gehalten, WIE Kinder und Jugendliche zu beteiligen seien, weil es nicht DAS Beteiligungsmodell für alle Kinder und Jugendlichen geben kann. » Antrag "Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung" (Drs. 4/12714) Da die Kommunen die Kinder und Jugendlichen an Planungen beteiligen sollen, müssen vielfältige Methoden und Projekte altersgemäß entwickelt werden.
Die fachliche Kompetenz und Methodenvielfalt, die Beratung und die Begleitung sollen durch eine Servicestelle zur Verfügung gestellt werden, für die sich die grüne Fraktion mit einem Antrag einsetzt. An die Servicestelle können sich aber auch Kinder und Jugendliche wenden, die von sich aus ein Anliegen haben und sich Unterstützung holen wollen, wie sie das erfolgreich umsetzen können. Diese Servicestelle soll unabhängig und sehr qualifiziert sein. Deshalb meinen wir GRÜNEN, dass sie nicht an eine Behörde angegliedert sein soll.