PM 2009-048: GRÜNE skeptisch gegenüber Strafvollzug in freien Formen
Nach der heutigen Anhörung zum Gesetzentwurf der Linksfraktion zur Förderung der Resozialisierung junger Gefangener erklärt Elke Herrmann, jugendpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Die Anhörung hat gezeigt, dass der Jugendstrafvollzug in freien Formen im geltenden Jugendstrafvollzugsgesetz nicht ausreichend geregelt ist. Trotzdem hat die Staatsregierung einem Verein der Jugendhilfe aus Baden-Württemberg den Zuschlag zum Aufbau einer solchen Einrichtung erteilt."
"Ich begrüße daher, dass die Linke den Versuch unternommen hat, den Strafvollzug in freien Formen in ihrem Gesetzentwurf auszuformulieren. Darin beantwortet sie jedoch erstens nicht die für die Gefangenen wesentlichen Fragen: Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um den freien Vollzug zu absolvieren, und unter welchen Bedingungen findet dieser Vollzug statt?", kritisiert Herrmann.
"Zweitens ist eine verfassungsrechtlich haltbare Regelung zum Vollzug in freien Formen zwar wichtig, sie wird aber die strukturellen Defizite im sächsischen Jugendstrafvollzug sowie den weiteren Jugendstrafen wie sozialen Trainingskursen, Täter-Opfer-Ausgleich (ambulante Maßnahmen) nicht beheben. Dabei ist bekannt, dass weniger junge Menschen in den Strafvollzug wandern, wenn ambulante Maßnahmen ausreichend vorgehalten werden. Hier muss Geld investiert werden", führt Herrmann aus.
"Wir müssen die bestehenden Strukturen stärken und zunächst den offenen Vollzug weiter ausbauen. In Regis-Breitingen gibt es für männliche Jugendstrafgefangene nur 20 Plätze im offenen Vollzug, weibliche Jugendstrafgefangene konnten bisher in Chemnitz nur im geschlossenen Vollzug untergebracht werden."
Hintergrund:
Die GRÜNE-Fraktion hat in ihrem Gesetzentwurf zum Jugendstrafvollzug den offenen Vollzug in kleinen Wohngruppen mit sozial-pädagogischer Betreuung als Regelvollzug gefordert. Es ist kriminologisch erwiesen, dass die Wiederholungsquote im offenen Vollzug deutlich geringer ist als im geschlossenen Jugendstrafvollzug.
Der Vollzug in freien Formen ist eine Sonderform des offenen Vollzugs, praktiziert in Baden-Württemberg. Er wird dort außerhalb der Justizvollzugsanstalten von freien Trägern, die ausschließlich äußerst christlich ausgerichtet sind, durchgeführt.