Datum: 13. Februar 2025

Aktuelle Debatte Kulturhauptstadt – Maicher: Eine Riesenchance, die es zu nutzen gilt – für Chemnitz, die Region und für Sachsen

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zur Dritten Aktuellen Debatte der Fraktion CDU: „Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 – Kultur und Gesellschaft nachhaltig verbinden“

8. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 13.02.2025, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die ganze Bedeutung der Kulturhauptstadt Europas realisieren wir eigentlich erst Schritt für Schritt. Wir haben den komplexen Vorbereitungsprozess begleitet. Wir haben auch hier im Landtag einiges für Chemnitz bewegt. Ich sehe im Programm, den 223 Projekten und über 1.000 Veranstaltungen ein sehr vielseitiges und ideenreiches Angebot. Die Eröffnungsfeier habe ich als begeisterten Empfang der Kulturhauptstadt durch die Chemnitzerinnen und Chemnitzer erlebt.

Was die Kulturhauptstadt nun alles in Bewegung setzt, das werden wir so richtig erst im Nachhinein erfassen. Ich bin mir sicher: Wir haben hier eine Riesenchance, die es zu nutzen gilt, für Chemnitz, die Region und für Sachsen!

Wir werden sehen, wie die Kulturhauptstadt Weltoffenheit und ein aktives Miteinander befördert. Wie sie das sächsische Kulturerbe als europäisches Erbe erlebbar macht.

Wichtiger ist aber heute schon der Blick auf die Zeit nach 2025. Wie können die Errungenschaften weiter genutzt werden? Und was müssen war als Freistaat dafür tun?

Die Entscheidungen zur Legacy der Kulturhauptstadt werden recht bald zu treffen sein. Das geht natürlich nicht unabhängig von den finanziellen Spielräumen, die im Staatshaushalt gesetzt werden für Weiterentwicklungen im Jahr 2026, aber auch für langfristige strukturelle Verankerungen. Es gilt, das erarbeitete Potenzial für unsere kulturelle und auch wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu heben.

Beispielsweise die Zusammenarbeit von Kunstschaffenden, Forschungsinstituten und mittelständischen Unternehmen im Projekt „FUNKEN Akademie.“ Oder wie beim internationalen Festival „Tanz | Moderne | Tanz“ die künstlerische Eroberung des öffentlichen Raums und Bildungsprojekte für alle Generationen. Die „Maker Hubs“ verbinden Selbermachen, Fachkräftenachwuchs und Kreativtourismus. Und die „Nacht der Jugendkulturen“ stärkt selbstorganisierte Aktivitäten von Jugendlichen im ländlichen Raum.

Solche Potenziale müssen wir weiter nutzen. Und dazu braucht es jetzt die Unterstützung der Staatsregierung für eine entsprechende Strategie.

Verehrte Kolleg*innen
kritische Stimmen zur Wirkung der Kulturhauptstadt sollten nicht übergangen werden. Damit meine ich nicht die Nörgler und Hetzer aus der rechten Ecke. Aber die Frage, was bestehende Strukturen der Kultur von der Kulturhauptstadt haben, ist doch ganz wesentlich.

Diskutiert wird auch der richtige Umgang mit Rechtsextremismus. Die Kulturhauptstadt kann gerade mit den Mitteln der Kunst einen starken Gegenimpuls erzeugen.

Ob durch Karaoke-Partys, Kunst im öffentlichen Raum, Cosplay-Szenetreffs, Hip-Hop Battles, Workshops zu Sharing Economy in Chemnitzer Garagen – immer steht das Miteinander in der Stadtgesellschaft im Fokus. Es geht um Offenheit und Neuentdeckungen, die Auseinandersetzung mit verschiedenen Realitäten, Kooperation, Selbstwirksamkeit, Zuversicht – all das nimmt den angstgetriebenen und zukunftsfeindlichen Kräften den Wind aus den Segeln.

Nicht ohne Grund feinden die das alles massiv an. Eben weil hier positive Ideen und engagierte Menschen bestärkt werden.

Die Probleme werden dadurch nicht verschleiert. Eine Herausforderung stellt freilich die praktische Grenzziehung gegenüber menschenfeindlichen Äußerungen dar. Denn die muss man gegebenenfalls auch durchsetzen. Das Thema Sicherheit hat bei der Vorbereitung eine wichtige Rolle gespielt.

Es ist vor allem auch die breite Solidarisierung der demokratischen Zivilgesellschaft, die der Kultur den Rücken freihält. Unser Dank gilt deshalb ganz besonders noch einmal den Demonstrierenden am Eröffnungstag, die sich dem Nazi-Aufmarsch in den Weg gestellt haben.

Die Bedrohung der demokratischen Kultur müssen wir überall in Sachsen ernst nehmen.

Zuletzt kommt auch diese Aktuelle Debatte nicht an der prekären Haushaltslage vorbei. Denn es ist kein Wunder, dass im Schatten der 90 Millionen schweren Kulturhauptstadt Frust entsteht, wenn zugleich die freie Kultur vor massiven Kürzungen steht. Wenn diejenigen, die in Chemnitz schon länger Kultur machen, den Laden dicht machen sollen.

Während dieses Festjahr der Kultur sehr gut angelaufen ist, haben wir bei der Struktursicherung in Freistaat und Kommune noch einiges zu tun.