Aktuelle Debatte Energiewende – Löser: Zukunftschancen der Erneuerbaren nicht ständig kaputtreden
Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte der Fraktion BÜNDNISGRÜNE: „Boom der Erneuerbaren Energien in Sachsen – Sieht so eine gescheiterte Energiewende aus, Herr Kretschmer?“
7. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 12.02.2025, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
woran denken Sie, wenn Sie das Wort “Energiewende” hören? Als Grüner denkt man da natürlich an das Rekordjahr 2024, in dem 62,7 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien stammten. Mehr als je zuvor!
Oder daran, dass in Sachsen noch nie so viele Photovoltaik-Anlagen zugebaut wurden wie im vergangenen Jahr, nämlich mit einer Leistung von über einem Gigawatt!
Und natürlich daran, dass die Industriestrompreise – anders als immer wieder erzählt wird – inzwischen wieder auf dem Niveau von 2016/17 liegen, weil wir endlich die Abhängigkeit von teuren Erdgas-Importen reduzieren konnten. Und das wohlgemerkt nach dem Atomausstieg 2023.
Oder dann aber vermutlich daran, dass wir 2024 mit fast 600.000 zugebauten Batteriespeichern ebenfalls einen Ausbaurekord erzielt haben. All das, während die Speicher weiter im Preis fallen!
Wenn sie diese Erfolge nicht sehen, dann sind Sie vermutlich dem ewigen Leierkasten unseres Ministerpräsidenten aufgesessen, demzufolge die Energiewende „gescheitert“ sei, „ganz neu aufgestellt werden müsse“ und die Grünen „ideologischen Unsinn“ erzählen.
Spannend ist das vor allem deshalb, weil die CDU seit 35 Jahren in Sachsen regiert und 16 der vergangenen 20 Jahre im Kanzleramt saß. In dieser Zeit zementierte sie gerade in Sachsen die Abhängigkeit von Kohleverbrennung und russischem Erdgas, etwa indem jedes neue Windrad als Bedrohung, Nordstream 2 hingegen als ein „wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit“ gelabelt wurde.
Spannend ist das auch aus einem zweiten Grund: Die frischgebackene Minderheitsregierung aus CDU und SPD bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag beim Ausbau der Erneuerbaren Energien – sinnvollerweise! – zu den Zielen des sächsischen Energie- und Klimaprogramms, das die Kenia-Koalition 2021 beschloss. Im Koalitionsvertrag steht nämlich: Der weitere entschlossene Ausbau der erneuerbaren Energien sowie leistungsfähiger Versorgungsnetze ist unabdingbar!
Das steht wörtlich übrigens auch in der Kooperationserklärung, die Michael Kretschmer mit Bayern und Thüringen im Januar unterzeichnet hat. Selbst Markus Söder, der alte Grünenfreund, hat das mitunterschrieben.
Schauen wir auch ansonsten noch einmal in den Koalitionsvertrag: Den Äußerungen des Ministerpräsidenten zufolge müsste da doch eigentlich etwas von Atomkraft drinstehen. Oder von der “gescheiterten Energiewende”. Oder wie sie die “ganz neu aufsetzen”? Tut es aber nicht.
Was bedeutet das? Nun, es ist halt das eine, was der Ministerpräsident zum Thema Energiewende in der Öffentlichkeit – zum Beispiel beim Neujahrsempfang der Sachsenenergie – erzählt. Und etwas anderes, was das Regierungshandeln vernünftigerweise leitet.
Er spricht also mit zwei Zungen. Oder mit zwei Stimmen.
Und während der Ministerpräsident die Energiewende und den Standort Sachsen damit schlecht redet, weil er glaubt, dass die Leute das hören wollen, macht die Wirtschaft längst Nägel mit Köpfen und setzt auf Erneuerbare.
Besonders laut tun dies die 86 Unternehmen rund um Siemens und Wacker Chemie, die wie so viele andere längst auf die Erneuerbaren bauen und in einem gemeinsamen Appell mehr politischen Rückhalt der Staatsregierung für die sächsische Energiewende zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit fordern.
Und nicht nur die Wirtschaft profitiert, sondern auch unsere Kommunen. Seit Anfang des Jahres gilt das von uns gemeinsam beschlossene sächsische Beteiligungsgesetz, dank dem neue Wind- und PV-Freiflächen-Anlagen zusätzliches Geld in die Kassen der Städte und Gemeinden spülen.
Und trotz aller Angstmacherei von Teilen der Politik bleibt die Akzeptanz für erneuerbare Energien hoch – auch in Sachsen! Die Mehrheit der Menschen unterstützt Solar- (65 Prozent) und Windkraft (57 Prozent) – übrigens auch im ländlichen Raum.
Denn sie haben verstanden: Es geht um Versorgungssicherheit und um die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes.
Derweil erzählt unser Ministerpräsident trotzdem weiter wahlweise von russischen Gasimporten oder der Atomkraft, von der sich die deutschen Kraftwerksbetreiber längst kopfschüttelnd abgewendet haben. Mich würde interessieren, welcher Landkreis Ihnen zufolge mit dem Endlager gesegnet würde, in dem der nukleare Abfall dann für die nächsten 100.000 Jahre strahlt!
Die Realität ist doch eine andere: Jedes Jahr fließen um die 100 Milliarden Euro aus Deutschland in die Taschen fossiler Energiekonzerne im Ausland! Da würde ich mir zur Abwechslung mal etwas mehr Patriotismus wünschen, denn in unserer eigenen Wirtschaft wäre dieses Geld mit Sicherheit besser angelegt!
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Energiewende ist auf Erfolgskurs. Sie fortzuführen, sichert Arbeitsplätze, senkt langfristig die Kosten und macht uns unabhängiger.
Als AfD kann man natürlich durchs Land laufen und erzählen, man reißt die „Windmühlen der Schande ab“ – mal abgesehen vom in Deutschland geltendem Recht auf Eigentum und der fehlenden Antwort, wie man 30 Prozent des Stroms sofort kompensieren will. Egal, das ist halt die AfD – die erzählt, was sie will, und denkt sich ihre Welt, wie es ihr gefällt.
Als Ministerpräsident des Freistaates Sachsen sollte man diese Leier nicht bedienen, sondern positiv und konstruktiv nach vorn schauen und die großen energiepolitischen Chancen, die Sachsen mit dem Ausbau von Solar, Windkraft und Wasserstoff hat, nicht kaputt reden.
Vielen Dank!