Datum: 12. Februar 2025

Pflegekassen – Schubert: Pflegekassen brauchen eine solide finanzielle Basis, um ihre Aufgaben erfüllen zu können

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Pflegekassen stabilisieren: Bund in die Pflicht nehmen – Verfassungswidrig verwendete Gelder unverzüglich an den Pflegeversicherung-Ausgleichfonds zurückzahlen!“ (Drs 8/257)

7. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 12.02.2025, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute sprechen wir über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE, der die sofortige Rückzahlung der durch den Bund für die Finanzierung von Corona-Maßnahmen verwendeten Mittel aus dem Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung fordert.

Als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag teilen wir die Grundidee, dass die Finanzierung dieser Lasten nicht allein auf den Schultern der Versicherten und Arbeitgeber lasten darf. Wir wollen uns als BÜNDNISGRÜNE in der nächsten Bundesregierung dafür einsetzen, dass die zweckentfremdeten Mittel zurückgeführt werden.

Die Pflegekassen wurden im Zuge der Pandemie verpflichtet, erhebliche Zahlungen für Schutz- und Rettungsmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen zu leisten. Doch diese Maßnahmen dienten gesamtgesellschaftlichen Zwecken und hätten aus Steuermitteln finanziert werden müssen. Laut einer aktuellen gutachterlichen Stellungnahme wurde mit der Entnahme von 5,9 Milliarden Euro aus dem Ausgleichsfonds eine verfassungsrechtliche Grenze überschritten. Dieser Betrag muss nun dringend zurückgezahlt werden, um die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung nicht weiter zu gefährden. So stand es auch im Koalitionsvertrag der Ampel; gescheitert ist das an der FDP.

Die Fakten sind eindeutig: Die soziale Pflegeversicherung steht unter enormem finanziellem Druck. Ohne diese Rückzahlung drohen erhebliche Beitragserhöhungen, die wieder vor allem Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber belasten würden. Das ist nicht akzeptabel. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen aus Steuern und nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen finanziert werden. Es ist auch eine Gerechtigkeitsfrage: So sind ‚nur‘ circa 90 Prozent der Bevölkerung in der GKV/SPV versichert, während die oberen 10 Prozent der Besserverdienenden in der PKV sind. Es ist daher gerechter und fairer, Steuermittel zu nehmen als GKV-Mittel, bei denen eben nur die 90 Prozent einzahlen, die tendenziell nicht zu den Besserverdienenden gehören.

Die Pflegekassen brauchen eine solide finanzielle Basis, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, und die Beitragszahlenden dürfen nicht die Last von verfassungswidrig verwendeten Mitteln tragen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Länder durch die Einführung der Pflegeversicherung jährlich 5 Milliarden Kostenersparnis bei der Hilfe zur Pflege haben, die sie nach § 9 SGB XI eigentlich für Investitionen verwenden sollten. Im Jahr 2022 lag aber der tatsächlich aufgewendete Betrag bei 876 Millionen Euro, und damit deutlich darunter. Sachsen hat 2022 beispielsweise keinen einzigen Cent Landesgeld für Investitionen in der Pflege ausgegeben, während es in NRW 667 Millionen Euro waren. Zu den Aufgaben der Länder gehören etwa:

  • Durch Investitionen die Eigenanteile der Heimbewohner*innen zu senken (Meldung am Donnerstag: jetzt fast 3000 Euro im Bundesdurchschnitt), aber auch neue Angebote zu schaffen wie Tagespflege, Nachtpflege, Kurzzeitpflege, ambulante Angebote. Das ist dringend notwendig, um die häusliche Pflege zu entlasten und pflegende Angehörige durch eine gute Infrastruktur vor Ort zu unterstützen.
  • Eine kommunale Pflegeplanung zu veranlassen, z.B. durch ein Landespflegegesetz, wie es unter anderem der Paritätische Landesverband Sachsen fordert. Das können nur die Bundesländer machen und es ist wichtig, dass die Kommunen den Bedarf erheben und ermitteln, welche Angebote bei ihnen ausgebaut werden müssen, damit eine gute und ausreichende Versorgung vor Ort möglich ist.

Zudem steht uns eine große Herausforderung bevor: Die älterwerdende Gesellschaft, insbesondere in Ostdeutschland, bringt einen steigenden Anteil an Pflegebedürftigkeit mit sich. Deshalb müssen wir bereits jetzt die notwendigen Strukturen schaffen, um die Pflegeversicherung langfristig und nachhaltig aufzustellen. Hier darf nicht weiter nur kurzfristig reagiert werden, sondern es braucht eine vorausschauende Finanzierung und Planung, wie sie beispielsweise der Pflege-Report 2024 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK fordert.

Die neue Landesregierung hat hier Hausaufgaben zu machen.

Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen wir uns auf Bundesebene weiterhin für kostendeckende Steuerzuschüsse aus dem Haushalt für die versicherungsfremden Leistungen in der Kranken- und Pflegeversicherung ein. Das ist ein wichtiger Baustein, um die Beitragszahlenden zu entlasten und die sozialen Sicherungssysteme langfristig stabil zu halten.

Unsere Fraktion hätte bei einer Abstimmung diesem Antrag heute zugestimmt; wird aber auch eine Rücküberweisung in den zuständigen Ausschuss mittragen.