Datum: 07. Februar 2025

Photovoltaik im Wald? Standpunkte und Hinweise zu einer umstrittenen Thematik

von Wolfram Günther, Sprecher für Umwelt und Naturschutz 

Die Klimakrise und die Biodiversitätskrise bedingen und verstärken sich gegenseitig. Wir BÜNDNISGRÜNE unterstützen daher den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien in Sachsen. Dieser dient letztendlich auch dem Schutz und Erhalt des Waldes. Denn Klimaschutz ist Waldschutz, aber Waldschutz ist auch Klimaschutz. Beide Ziele dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Der Wald muss erhalten sowie klimastabil und ökologisch umgebaut werden, die Schadflächen müssen wieder aufgeforstet bzw. die Wiederbewaldung unterstützt und die Waldflächen müssen insgesamt gemehrt werden. Wir bekräftigen daher die Waldmehrungsziele aus dem Landesentwicklungsplan und fordern von der Staatsregierung zeitnah konkrete Maßnahmen, um einen Waldanteil von 30 Prozent an der Landesfläche zu erreichen.

Als Landtagsabgeordneter in Sachsen streite ich dafür, Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) vorrangig auf Gebäuden, Parkplätzen, versiegelten oder brachliegenden Flächen sowie in sinnvoller Integration mit landwirtschaftlicher Nutzung (Agri-PV) zu errichten. Ich wende mich dagegen, Waldflächen für PV-Anlagen zur Verfügung zu stellen. Die zuständigen Landratsämter und Forstbehörden in Sachsen sind aufgefordert, keine Waldumwandlungsgenehmigungen für PV-Anlagen zu erteilen.

Uns erreichen in der Landtagsfraktion viele Hilferufe von Bürgerinnen und Bürgern, die von uns erwarten, Waldrodungen für PV-Anlagen zu verhindern. Dazu ist Folgendes festzuhalten:

Über den Bau von Anlagen Erneuerbarer Energien entscheiden zuallererst die Flächeneigentümer*innen. Im Freistaat Sachsen beträgt die Waldfläche insgesamt 521.489 Hektar. Der Sachsenforst als Staatsbetrieb geht mit gutem Beispiel voran und stellt keine Flächen für PV-Anlagen zur Verfügung. Das betrifft aber nur 39,4 Prozent der Waldflächen. Die anderen Waldflächen sind im Besitz von privaten Eigentümer*innen, Kommunen oder Kirchen (Quelle: https://www.wald.sachsen.de/waldbesitzer-4018.html). Daher appellieren wir an die forstlichen Verbände in Sachsen, bei ihren Mitgliedern für eine konsequente Ablehnung von PV-Anlagen im Wald zu werben.

Beim Bau von Anlagen Erneuerbarer Energien ist in der Regel ein Bebauungsplan notwendig. Darüber entscheidet der Gemeinde- bzw. Stadtrat. Einen direkten Einfluss des Landtages oder der Ministerien auf diese Entscheidung gibt es nicht.

Wer wegen der Planungen von PV-Anlagen in Sorge um den Wald vor Ort ist, sollte sich daher zuerst an die jeweiligen Flächeneigentümer*innen und die zuständige kommunalpolitische Ebene wenden (Stadt- oder Gemeinderat) – auch mit dem Ziel, dass die unteren Forstbehörden bei den Landratsämtern keine Waldumwandlungen für PV-Anlagen genehmigen.

Häufig wird argumentiert, dass es sich bei den betroffenen Flächen nicht wirklich um wertvolle Waldflächen handeln würde. Dort ist ein genauer Blick auf das konkrete Vorhaben notwendig.

Soll die PV-Anlage auf einer sogenannten Kalamitätsfläche entstehen?

  • Kalamitätsflächen sind Flächen, auf denen der Wald durch Sturm oder Schädlinge großflächig vernichtet wurde. Doch eine Waldfläche bleibt eine Waldfläche – auch wenn auf der Fläche aufgrund von Schadereignissen im Moment kein intakter Wald vorhanden ist. Auf solchen Flächen muss die Wiederaufforstung Vorrang haben. Die Auffassung, dass anstelle des abgestorbenen Waldes nunmehr PV-Anlagen dort aufgestellt werden können, lehne ich ab. Denn das widerspricht auch den Grundsätzen des Walderhaltes sowie den Waldmehrungszielen im Landesentwicklungsplan.

Geht es um die Nutzung sogenannter Konversionsflächen?

  • Der Aufbau von PV-Anlagen wird zum Beispiel für Flächen in Tagebaufolgelandschaften oder ehemaligen Militärgeländen diskutiert. Zur förderfähigen Flächenkulisse nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gehören auch Konversionsflächen „aus wirtschaftlicher, verkehrlicher, wohnungsbaulicher oder militärischer Nutzung“ (Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/__37.html). Allerdings sind auf solchen Flächen über Jahrzehnte oft Wälder und artenreiche Biotope entstanden. Gesetzlich ist zwar die Möglichkeit der Zulässigkeit der Anerkennung solcher Flächen nach EEG beschrieben. Das heißt aber nicht, dass das Waldgesetz und weitere Schutzgesetze auf solchen Flächen nicht gelten würden. Das öffentliche Interesse an der Errichtung von PV-Anlagen steht nicht über dem öffentlichen Interesse der Walderhaltung und -mehrung. Die Rodung von Wäldern für große PV-Anlagen kann daher nicht mit der Privilegierung bestimmter Flächen nach dem EEG begründet werden.

Sollen versiegelte bzw. teilversiegelte Brachflächen genutzt werden, auf denen Bewuchs entstanden ist?

  • In den Städten in Sachsen oder im Umfeld ehemaliger Industrie- und Gewerbeanlagen existieren häufig Brachen, auf denen – trotz alter Bebauungsreste – Sukzession bis hin zu Bäumen erfolgt. Hier ist in der Abwägung zwischen Erhalt des Bewuchses, naturnaher Revitalisierung und/oder erneuter Bebauung (zum Beispiel mit Anlagen Erneuerbarer Energien) immer der Einzelfall zu betrachten. Die für die Revitalisierung der Brachen und Wiedernutzbarmachung notwendigen Eingriffe in den dort entstandenen Grünbestand sowie in geschützte Lebensräume müssen minimiert und ausgeglichen werden. Sollte auf Brachflächen Wald nach Waldgesetz entstanden sein, darf dieser nur umgewandelt werden, wenn dafür neue und am besten mehr Waldflächen entstehen.

Transparenzhinweis: Der Beitrag erschien erstmals im Jahr 2023. Wir haben ihn aufgrund aktueller Entwicklungen Anfang Februar 2025 aktualisiert.

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