Elternbeitragsfreiheit in Kitas – Melcher: Für uns hat Qualität in der Kindertagesbetreuung Vorrang
Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Elternbeitragsfreiheit in Kitas endlich umsetzen!“ (Drs 7/14316)
76. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 20.09.2023, TOP 7
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der Begründung zum Antrag heißt es: „Nach Auffassung der Fraktion ist daher die Entscheidung über den Verzicht auf die Erhebung von Elternbeiträgen allein eine Frage der politischen Prioritätensetzung.“
Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Und damit ist die Diskussion im Grunde schon ganz gut umrissen.
Denn es geht hier nicht darum, was richtig und was falsch ist. Es geht um Prioritäten.
Und es geht auch um die enorme Summen, die in die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung investiert werden – und zwar zu Recht investiert werden.
Einig sind wir uns vermutlich darin, dass wir eine gute frühkindliche Bildung wollen.
Dass wir ausreichend pädagogische Fachkräfte in den Einrichtungen wollen, gute Arbeitsbedingungen und kleine Gruppen, die ein kindorientiertes Arbeiten ermöglichen.
Wir wollen gute Kitas!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch wir BÜNDNISGRÜNE sehen in der Elternbeitragsfreiheit ein erstrebenswertes Ziel.
Auch wir sehen, dass das Leben insgesamt, vor allem für Familien, immer teurer wird.
Auch wir erleben, welchen Druck, welche Sorgen das mitunter verursacht.
Und natürlich suchen auch wir nach Möglichkeiten, Entlastung zu schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich sage aber auch ganz klar: Für uns BÜNDNISGRÜNE hat Qualität in der Kindertagesbetreuung Vorrang vor Gebührenfreiheit.
Das ist unsere Priorität.
Das „Gute-Kita-Gesetz“ hat es gezeigt: So wichtig die Entlastung der Familien mit Kindern ist, so klar ist, dass das in einem als Qualitätsgesetz gedachten Gesetz nichts zu suchen hat.
Man kann Geld nur einmal ausgeben. Es ist deshalb richtig, dass das Bundesgesetz zu einem echten Kita-Qualitätsgesetz weiterentwickelt wurde und wird. Qualität hat Priorität und das ist richtig so.
Auch in Sachsen haben wir die Bundesgelder stets für Qualitätsentwicklung eingesetzt. Zunächst für die Vor- und Nachbereitungszeit, dann für die Förderung von Praxisanleitung und berufsbegleitender Ausbildung, zuletzt für eine Personalreserve.
Ich halte es unverändert für richtig, auch landespolitisch diese Priorität zu setzen. Wir investieren in mehr Personal, eine bessere Betreuungsrelation und zusätzliche Unterstützung für Kitas in herausfordernder Lage – anstatt erhebliche Summen in die Gebührenfreiheit zu stecken.
Apropos erhebliche Summen: Gebührenfreiheit suggeriert, dass etwas kostenlos ist. Das ist offenkundig ein Trugschluss, denn die Kosten werden nur anders verteilt. Ich würde mir wünschen, dass man sich hier ehrlich macht und sagt, wo das Geld denn herkommen soll und wer es zahlt.
Kitas sind immer noch eine kommunale Pflichtaufgabe. Und mit dem Verweis auf die „erforderlichen finanziellen Mittel aus dem Staatshaushalt“ macht man es sich im Antrag doch ein wenig zu einfach.
Klar ist, die Größenordnungen dafür dürften beträchtlich sein. Und klar ist auch, ich hatte es bereits angedeutet, dass Bundesgelder für eine Finanzierung der Beitragsfreiheit nicht infrage kommen.
Trügerisch sind auch vermeintliche „Vorbilder“ in anderen Bundesländern. Auch da lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Ein für die Eltern kostenfreier Kitaplatz mag toll klingen – wenn sich das „kostenfrei“ aber auf die ersten fünf Betreuungsstunden bezieht und die weiteren dafür das Doppelte kosten als zuvor, ist doch keinem geholfen!
Sachsen hat eine hohe Betreuungsquote und vergleichsweise lange Öffnungszeiten. Das sollte auch so bleiben. Sonst erweist man mit einem guten Anliegen den Eltern letztlich einen Bärendienst.
Liebe Kolleginnen und Kolegen,
darüber hinaus gibt es in Sachsen bereits jetzt verschiedene Ermäßigungs- und Befreiungstatbestände bei den Elternbeiträgen. Hier sind wir BÜNDNISGRÜNE für eine Weiterentwicklung offen, etwa in Form einer Staffelung oder einfacheren Geschwisterregelungen.
Auch die regionalen Unterschiede und die Betreuungsart sollten aus unserer Sicht stärker berücksichtigt werden. Ich bin überzeugt: Viele Eltern sind durchaus bereit, für eine gute Kindertagesbetreuung auch etwas zu zahlen. Und die meisten können das auch. Insofern kann ich einer Staffelung nach wie vor mehr abgewinnen als einer vollständigen Beitragsfreiheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir BÜNDNISGRÜNE unterstützen das Anliegen, Eltern zu entlasten. Zuletzt haben wir uns etwa für die Fortführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes eingesetzt, das kommt auch der Kita-Verpflegung zugute.
Aus voller Überzeugung unterstützen wir aber ebenso alle Bemühungen um mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung. Dies ist keine Frage von richtig oder falsch, sondern eine Frage der Priorität. Insofern lehnen wir den Antrag ab. Vielen Dank.