Zuwendungsbeschleunigungsgesetz – Schubert: Zeitliches Bearbeitungsproblem lässt sich nicht durch Druck auf Mitarbeitenden der Bewillungsbehörden lösen

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: „Gesetz zur Beschleunigung der Entscheidungen über Anträge auf Zuwendungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Zuwendungsbeschleunigungsgesetz – SächsZuwendBeschelunG)“ (Drs 7/10914)
69. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 26.04.2023, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

der vorliegende Gesetzentwurf soll Zuwendungsverfahren durch zwei Maßnahmen beschleunigen:

  1. Es soll eine Bewilligungsfrist von grundsätzlich sechs Wochen festgelegt werden. Beim Vorliegen triftiger Gründe kann diese Frist einmalig um vier Wochen verlängert werden.
  2. Es soll eine Bewilligungsfiktion eingeführt werden. Das heißt, dass nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Bewilligungsfristen die jeweils beantragte Zuwendung als bewilligt gilt, ohne dass die Bewilligungsbehörde darüber entschieden hat.

Der Gesetzentwurf wurde im Januar 2023 öffentlich angehört. Die Folgen und Grenzen einer Bewilligungsfiktion haben wir dann nochmals im Ausschuss intensiv diskutiert. Die rechtlichen Bedenken diesbezüglich konnten nicht ausgeräumt werden.

Auch deswegen werden wir den Gesetzentwurf ablehnen. Für uns BÜNDNISGRÜNE sind vor allem zwei Gründe ausschlaggebend:

  1. Wir haben in dieser Legislatur bereits umfassende Maßnahmen angeschoben, um Sachsens Förderprogramme und Förderstrategie auf Eignung und Praktikabilität zu prüfen und neu auszurichten.
  2. Der vorliegende Gesetzentwurf streift die Koalitionsvereinbarung nur geringfügig und greift die Ergebnisse der Förderkommissionen überhaupt gar nicht auf.

Zu Erstens: Die Erarbeitung von Förderrichtlinien und die Durchführung von Förderverfahren sind exekutives Handeln. Sachsen hat in den vergangenen drei Jahrzehnten hohe Summen an Drittmitteln erhalten. Über Jahre war es erklärtes Ziel, dieses Geld über Förderprogramme ins Land zu bringen. Wenn über so eine lange Zeit etwas praktiziert wird, stellen sich auf allen Seiten Gepflogenheiten ein, die sich in detaillierten, kleinteiligen Richtlinien und zeitaufwendigen Verfahren, aber auch in Erwartungshaltungen widerspiegeln. Das ist nicht mehr zeitgemäß und auch nicht zukunftsfähig.

Wir haben daher mit CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Effizienz und die Leistungsqualität der Staatsverwaltung verbessern und dazu Verwaltungsprozesse optimieren, Bürokratiekosten abbauen, Standardvorgaben überprüfen und Förderverfahren vereinfachen wollen. Außerdem wollen wir einfache, bürokratiearme Förderverfahren und dafür die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.

Alle wollen zügige Entscheidungsverfahren. Für meine Fraktion kann und will ich aber sagen: Wir werden das nicht über Zeitdruck auf die Mitarbeitenden in den Bewilligungsbehörden regeln.

Die Verfahren und Prozesse müssen geprüft und überarbeitet werden und es ist zu klären, ob es alle Richtlinien so braucht.

Um das Thema anzugehen, hat es geholfen, dass der Bund mit dem Onlinezugangsgesetz (2017) die Länder verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen elektronisch anzubieten. 2018 hat Sachsen die Förderkommission I eingerichtet (Kommission zur Vereinfachung und Verbesserung von Förderverfahren). Diese hat das Sammelsurium an Förderprogrammen und -verfahren analysiert, erfasst und erste Vereinfachungspotenziale benannt. Die inzwischen auch schon umgesetzt wurden.

Der Bericht war für alle informativ, weil er den Umfang und das Ausmaß der sächsischen Förderlandschaft sichtbar gemacht hat. Als Koalition haben wir daran angeknüpft und 2021 die Förderkommission II die Arbeit aufnehmen lassen. Ihre Aufgabe war es, die Ergebnisse der Förderkommission I aufzugreifen und Vorschläge zur Konsolidierung von Förderprogrammen und zur Weiterentwicklung der sächsischen Förderstrategie vorzulegen.

Die Empfehlungen beider Kommissionen liegen als Berichte öffentlich vor und sie sind die Diskussions- und Arbeitsgrundlage – in den Ministerien, in den Bewilligungsbehörden, im Kabinett, für uns in der Fraktion und in der Koalition.

Als Parlament unterstützen wir die Arbeit der Kommissionen – beziehungsweise die Umsetzung der Empfehlungen –, in dem wir notwendige haushalterische Voraussetzungen schaffen:

  • Über den Einzelplan des Finanzministeriums wurden Mittel zur Umsetzung des Förderportals bereitgestellt. Das Förderportal wird zusammen mit der SAB erarbeitet. Die SAB digitalisiert bereits jetzt alle neuen Programme und berichtet öffentlich, wo sie steht, was sie leisten kann, was sie leisten möchte und wie sie das macht.
  • Auch im Einzelplan 02 sind Gelder für die Förderplattform und das -portal vorgesehen.

Zu Zweitens: Mit dem Gesetzentwurf fordert die Linksfraktion ausschließlich und nur „schnellere“ Bewilligungen. Das Anliegen ist grundsätzlich nachvollziehbar, aber der Vorschlag greift zu kurz.

Das zeitliche Bearbeitungsproblem wird sich nicht lösen, in dem der Druck auf die Mitarbeitenden erhöht wird. Hier sind geeignete und zielführende Verfahren gefragt. Es hat mich ehrlich gesagt auch überrascht, dass ausgerechnet die Linksfraktion so unkritisch mit Druck als Instrument arbeiten möchte. Das wollen und werden wir nicht unterstützen.

Als BÜNDNISGRÜNE wollen wir eine strategisch ausgerichtete Förderlandschaft, die nachhaltig und zukunftsfest aufgestellt ist. In der man sich gut orientieren kann und Antragstellende einfach und kundenorientiert angesprochen und abgeholt werden. Dafür braucht es eine gemeinsame Vorstellung, wie öffentliche Förderung in drei, fünf und in zehn Jahren aussehen kann und soll. Kommunikation und Digitalisierung werden dabei entscheidend sein. Sachsen hat sich auf den Weg gemacht und wir werden auch weiterhin die Staatsregierung bei der Umsetzung der Kommissions-Empfehlungen unterstützen.

Den Vorschlag der Linksfraktion lehnen wir ab.