Katzenschutzgesetz – Kummer: Es braucht ein ganzheitliches Konzept für Sachsen, um die Populationen nachhaltig einzudämmen

Redebeitrag der Abgeordneten Ines Kummer (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: „Gesetz zum Schutz freilebender Katzen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Katzenschutzgesetz – SächsKatzSchG)“ (Drs 7/10250)
69. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 26.04.2023, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen

wir sprechen heute über entlaufene, ausgesetzte oder zurückgelassene Hauskatzen und deren Nachkommen. Diese Tiere sind anders als die europäische Wildkatze keine Wildtiere und nicht an das Leben in freier Wildbahn gewöhnt. Unterernährung und Krankheiten wie zum Beispiel Katzenschnupfen oder Verletzungen und Traumata treten deshalb bei diesen Tieren viel häufiger auf.

Wir BÜNDNISGRÜNE sind überzeugt, dass wir diesem Tierleid wirkungsvoll und nachhaltig begegnen müssen.

Über das „WIE“ waren sich die die Sachverständigen in der Anhörung zu diesem Gesetz einig: Die konsequente Durchführung des Ansatzes „Einfangen, kastrieren, freisetzen“ führt mittelfristig zu abnehmenden Tierzahlen. Damit einher geht einer Verbesserung des Wohlbefindens der Tiere. Begleitend können Maßnahmen wie eine Kastrations- und Registrierungspflicht für Freigängerkatzen eingeführt werden. Denn diese Katzen könnten die Fortpflanzungskette aufrecht erhalten.

Diesen Ansatz verfolgt auch das vorliegende Gesetz. Dennoch halte ich eine parlamentarische Lösung an dieser Stelle nicht für sinnvoll. Der Bundesgesetzgeber hat die Aufgabe, zu entscheiden, welche Maßnahmen in welchen Gebieten ergriffen werden sollen, der Landesregierung übertragen und nicht den Landesparlamenten.

Das liegt daran, dass auf der Ebene der Exekutive die notwendigen Fachkenntnisse bestehen, um die Rahmenvorgaben des Bundes umzusetzen. Die Landesregierung kann natürlich auch ihre Befugnisse an eine andere Behörde weitergeben. Das heißt, sie kann sie auch an die Kommunen weitergeben.

Genau das will die Linksfraktion im Grunde mit diesem Gesetz für die Landesregierung erledigen. Und an dieser Stelle bin ich ehrlich gesagt zerrissen.

Auf der einen Seite bin ich ganz bei Ihnen. In der letzten Ausschusssitzung des Sozialausschusses haben Sie sehr deutliche Worte gefunden. Es ist unbedingt notwendig, dass Maßnahmen ergriffen werden. Nur leider bleibt die Staatsregierung untätig. Ich teile Ihre Frustration an dieser Stelle.

Aber, und das ist die andere Seite:

Erstens: Es ist nicht unsere Aufgabe, den Job der Staatsregierung zu machen.
Zweitens: Bin ich auch nicht so ganz glücklich mit diesem Gesetzesentwurf.

Ein wesentlicher Aspekt wird nämlich nicht bedacht: Es reicht nicht, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, Maßnahmen zu ergreifen. Die Kommunen müssen auch handeln.

Entschließen sich nur einige Kommunen zum Handeln, bleibt Sachsen ein Flickenteppich. Und gleichzeitig wird der Kampf gegen die verwilderten Katzenpopulationen ein Kampf gegen Windmühlen.

Werden nur in einigen Gebieten Maßnahmen ergriffen, werden fortpflanzungsfähige Katzen aus benachbarten Kommunen zuwandern. Das wird erfolgen, weil in Gebieten mit weniger Katzen zum Beispiel das Nahrungsangebot besser ist. Diese Katzen tragen dann wieder zu einer wachsenden Population bei.

Das ist nicht wirkungsvoll, das ist nicht nachhaltig. So reduzieren wir die Katzenpopulationen nicht.

Kommunen, die Maßnahmen ergriffen haben, kommen nie an den Punkt, dass Maßnahmen wieder aufgehoben werden können. Das führt auch zu Frustration in diesen Kommunen, da Verantwortlichkeiten abgeschoben werden und die bisherigen Bemühungen zunichte gemacht werden.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Freistaat die Finanzierung der Maßnahmen durch die Kommunen übernimmt. Ich kann es aber nicht verantworten, öffentliche Gelder bereitzustellen, wenn nicht sichergestellt wird, dass die Katzenpopulationen signifikant verringert werden.

Sie kennen mich, sie kennen uns BÜNDNISGRÜNE. Wir haben uns Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Und Nachhaltigkeit kann dieser Entwurf nicht gewährleisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich will nicht nur meckern, sondern auch Vorschläge machen: Schon jetzt unterstützt der Freistaat mit der Förderrichtlinie Tierschutz unsere Tierheime finanziell bei der Kastrierung von freilaufenden Katzen. Ich halte dieses Konzept grundsätzlich für sinnvoll, da es am Ende die Tierheime sind, die im Auftrag der Kommunen die Kastrationen umsetzen.

Natürlich müssen wir uns in diesem Zusammenhang die Tierheimfinanzierung genauer anschauen. Ich weiß aus meinen Gesprächen mit Engagierten, dass die Tierheime personell und finanziell am Limit sind.

Wir brauchen ein sachsenweites Konzept, um langfristig die Populationen von verwilderten Katzen einzudämmen. Die Kommunen und die Tierheime sind dabei wichtige Partner.
Ich persönlich bin froh, dass es bald eine*n Landestierschutzbeauftragte*n gibt. Ich sehe diese Thematik als ein Kernanliegen, dass auch durch die oder den Beauftragten unbedingt forciert werden muss.

Liebe Kollegen und Kolleginnen,
es fällt mir schwer, diesen Gesetzesentwurf abzulehnen. Ich habe mir während des laufenden parlamentarischen Verfahrens viele Gedanken dazu gemacht. Ich bin bei Ihnen: Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um die Katzenpopulationen einzudämmen und wir müssen auch endlich damit anfangen.

Im Ergebnis bin ich aber der festen Überzeugung, dass der hier vorliegende Gesetzesentwurf nicht der richtige Weg ist, um dem Tierleid wirkungsvoll und nachhaltig zu begegnen.